Bayerischer Landtag erinnert am 12. September 2014 mit Festakt an den ersten Riss im „Eisernen Vorhang“ zwischen Ost- und Westeuropa vor 25 Jahren - Landtagspräsidentin Barbara Stamm: „Wunsch nach Freiheit und Demokratie kann nicht aufgehalten werden“


Mittwoch, 10. September 2014

MÜNCHEN/VILSHOFEN/PASSAU.            Am 27. Juni 1989 schnitten der ungarische und der österreichische Außenminister, Gyula Horn und Alois Mock ein Loch in den Grenzzaun zwischen ihren Ländern. Der Eiserne Vorhang, der Europa über Jahrzehnte geteilt hatte, sollte Ost und West nicht mehr trennen. Am 19. August 1989 nutzen rund 600 Bürger der DDR ein „paneuropäisches Picknick“ an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich zur Flucht in den Westen. In den folgenden Wochen wollen immer mehr über den Umweg Ungarn in den Westen fliehen. Am 11. September erlaubt die ungarische Regierung schließlich die Ausreise. Tausende DDR-Bürger setzen sich sofort Richtung Ostbayern in Bewegung. Stadt und Landkreis Passau standen unvermittelt im Blickpunkt einer überraschten Weltöffentlichkeit.

Mit einem Festakt in Passau erinnert und würdigt der Bayerische Landtag diesen historischen Wendepunkt. Damalige DDR-Flüchtlinge, Verantwortliche aus der Politik, Helferinnen und Helfer gehen dabei gemeinsam auf Spurensuche: „Ohne die Ereignisse vor 25 Jahren würden wir heute nicht in einem wiedervereinigten, friedlichen Deutschland in einem vereinigten Europa leben. Und deshalb ist es mir persönlich ein großes Anliegen, an die Ereignisse vor 25 Jahren zu erinnern“, erklärt Landtagspräsidentin Barbara Stamm.

Am Freitag, den 12. September um 11.30 Uhr, eröffnet Barbara Stamm im Rathaus Passau die Festveranstaltung „25 Jahre Grenzöffnung Ungarn-Österreich“. Passaus Oberbürgermeister Jürgen Dupper und Landrat Franz Meyer werden die Grußworte sprechen. Durch die Veranstaltung führt Heidi Wolf, langjährige Ostbayern-Korrespondentin des Bayerischen Rundfunks, die als „Kind der Grenze“ die  Grenzöffnung selbst hautnah miterlebt hat. Zeitzeugen von beiden Seiten der Grenze werden von ihren Erfahrungen im Sommer 1989 und danach berichten.

Im Mittelpunkt stehen die Flüchtlinge und die Helfer von damals
Neben politischen Akteuren – darunter der ehemalige Bundesminister Dr. Theo Waigel und der ungarische Minister Zoltán Balog, der Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper und der Passauer Landrat Franz Meyer sowie Altlandrat Hanns Dorfner und Vilshofens Altbürgermeister Hans Gschwendtner – sollen bei der Festveranstaltung im Großen Rathaussaal vor allem die ehemaligen DDR-Flüchtlinge von ihren Erlebnissen berichten. Zu Wort kommen unter anderem Gerhard Meyer, der in den frühen Morgenstunden des 11. September 1989 als erster DDR-Bürger in Suben bei Passau die österreichisch-bayerische Grenze erreichte. Der gebürtige Ostberliner hatte mit seinem Toyota Corolla auf den Autobahnen in Österreich das Gaspedal durchgetreten und alle Trabis und Wartburgs überholt.

Dr. Christian Günther kam am 11. September 1989 mit seiner Familie über das Flüchtlingsla-ger„Csilleberc“ in Budapest nach Ostbayern – unendlich erleichtert, weil er davor in der Tsche-choslowakei keine Papiere für den Transit erhalten hatte. Ein ungarischer Konsul in Prag verhalf ihm schließlich zur Ausreise in den Westen. Ebenfalls am 11. September 1989 passierte Cornelia Hellermann aus Zwickau in Passau die Grenze zum Freistaat. Bayern wurde für sie zum Sprungbrett, um in den USA ein neues Leben zu beginnen. Sie lebt heute in Houston/Texas.

Schriftsteller Reiner Kunze, der bereits in den 1970er Jahren von der DDR nach Bayern in den Landkreis Passau übergesiedelt war, ist bei den Gesprächsrunden im Großen Rathaussaal der Dreiflüssestadt ebenfalls als Zeitzeuge mit von der Partie. Er und seine Frau Elisabeth unter-stützten in einem Container des Roten Kreuzes die Einsatz- und Hilfskräfte bei der Registratur, waren erste Ansprechpartner für die erschöpften, aber meist überglücklichen Flüchtlinge.


Live-Übertragung im Fernsehen und im Hörfunk


Das Bayerische Fernsehen und der Bayerische Hörfunk übertragen die Veranstaltung live. Auch im Internet kann man den Festakt mitverfolgen unter: www.br.de/nachrichten
Für die musikalische Umrahmung der Festveranstaltung sorgt das „Cabale Trio“ unter der Leitung von Basil Coleman, dem Generalmusikdirektor des Fürstbischöflichen Opernhauses Passau.

Ausstellung erinnert an Zeltstadt in Vilshofen
Im Vorfeld der Passauer Festveranstaltung eröffnen Landtagspräsidentin Barbara Stamm und der Passauer Landrat Franz Meyer am Freitag, den 12. September 2014 um 9.30 Uhr in Vilshofen gemeinsam die Ausstellung „25 Jahre Tor zur Freiheit“. Auf dem Berger-Parkplatz der Donaustadt befand sich mit 1600 Feldbetten das damals größte Zeltlager in Niederbayern. Gezeigt werden Fotos, Dokumente, Erinnerungsstücke und Alltagsgegenstände, die das Lagerleben auf dem Berger-Parkplatz wieder lebendig werden lassen. Die Ausstellung ist bis einschließlich 28. September 2014, jeweils Mittwoch bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr in der Vilshofener Rathausgalerie zu sehen./zg

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