Opfer und Verfolgte des NS-Regimes aus bayerischen Parlamenten

Opfer und Verfolgte des NS-Regimes aus bayerischen Parlamenten

Einführung

Das NS-Regime schuf sich mit der so genannten Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 die juristische Grundlage für die willkürliche Verhaftung von politischen Gegnern und sonstigen missliebigen Personen sowie Staatsbürgern jüdischen Glaubens oder jüdischer Abstammung. Auch in Bayern begannen spätestens zu diesem Zeitpunkt die Verfolgungen, die sich zunächst besonders gegen Angehörige der KPD und SPD richteten. Am 29. April 1933 erfolgte im Bayerischen Landtag auf Druck der nationalsozialistischen Fraktion die Abstimmung über das "Gesetz zur Behebung der Not des bayerischen Volkes und Staates", das so genannte Ermächtigungsgesetz, das mit großer Stimmenmehrheit angenommen wurde. Einzig die 16 anwesenden Abgeordneten der SPD stimmten mit Nein, was anschließend dazu führte, dass die parlamentarische und demokratische Tradition in Bayern für mehr als zwölf Jahre unterbrochen wurde.

Die Dokumentation erinnert an diejenigen Personen, die zu unterschiedlichen Zeiten (sowohl vor 1933 als auch nach 1945) bayerischen Parlamenten angehörten und zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 aus Gründen der Rasse, Religion, Weltanschauung oder politischen Überzeugung Opfer nationalsozialistischer Verfolgung wurden. Jeder Person ist in dieser Dokumentation ein stichpunktartig aufgebauter Eintrag gewidmet, der sich in die drei Bereiche Opferschicksal, politische Biografie und allgemeine Biografie gliedert.

Die Dokumentation wurde im Auftrag des Bayerischen Landtags vom Haus der Bayerischen Geschichte und vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin erarbeitet und ist das umfassendste Forschungsprojekt zu verfolgten Parlamentariern auf Länderebene in Deutschland. Die Anregung dazu erfolgte durch einen Dringlichkeitsantrag der SPD-Landtagsfraktion vom 26. Januar 2005 (Landtags-Drucksache 15/2610).

Die Recherchen wurden im Herbst 2005 begonnen und im Herbst 2007 abgeschlossen.

Die Dokumentation wurde in folgenden Arbeitsschritten erstellt:

Festlegung der Opferkategorien auf Basis der Wiedergutmachungsgesetze auf Landes- und Bundesebene

  • Schaden an Leben
  • Schaden an Körper und/oder Gesundheit
  • Schaden an Freiheit (Haftdauer mindestens 30 Tage)
  • Schaden an Eigentum und/oder Vermögen
  • Schaden im beruflichen und/oder wirtschaftlichen Fortkommen
  • Schaden durch Emigration, Flucht oder Vertreibung

Ergänzend zu diesen gesetzlichen Kategorien wurden Personen aufgenommen, die ausschließlich einen Schaden an Freiheit von weniger als 30 Tagen erlitten haben. Diese werden im Personenregister durch ein Sternchen vor dem Namen gesondert gekennzeichnet. Es handelt sich um 63 Abgeordnete, die im Rahmen einer Verhaftungsaktion gegen die Funktionäre der Bayerischen Volkspartei im Sommer 1933 festgenommen wurden, sowie um 13 weitere Parlamentarier, die unter anderem in der so genannten "Aktion Gewitter" nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 für einige Zeit inhaftiert wurden.

Festlegung des zu untersuchenden Personenkreises

  • Abgeordnete des so genannten „gleichgeschalteten“ Landtags von 1933
  • Abgeordnete des Landtags 1919-1933 während der von den Nationalsozialisten so genannten „System-Zeit“ (Weimarer Republik)
  • Mitglieder des provisorischen Nationalrats von 1918/19
  • Mitglieder der Kammer der Abgeordneten und der Kammer der Reichsräte bis 1918
  • Mitglieder der Verfassunggebenden Landesversammlung von 1946
  • Abgeordnete des Landtags ab 1946
  • Mitglieder des Senats

Bis 1933 schließt dies auch Abgeordnete aus der ehemals bayerischen Rheinpfalz ein.

Nur durch die Berücksichtigung der Abgeordneten der Nachkriegszeit konnten so prominente Opfer wie Josef Müller (CSU) oder Waldemar von Knoeringen (SPD) sowie diejenigen Opfer, die als Flüchtlinge und Heimatvertriebene nach Bayern kamen, erfasst werden.

Umfang der Recherchen

Insgesamt wurden Recherchen zu fast 1.000 Personen durchgeführt.

Nach einem ersten Recherchedurchgang bestand bei 530 Personen Grund für die Annahme eines Verfolgungsschicksals durch gewonnene Hinweise in den Archiven, in der Literatur und durch Selbstaussagen.

Festlegung von Ausschlusskriterien

Ausgeschlossen wurden von vornherein Personen, für deren Opferschicksal nur reine Selbstaussagen als Beleg gefunden werden konnten. Ebenfalls unberücksichtigt blieben Personen mit NS-Belastung.

Insgesamt konnte für 316 Personen ein eindeutiges Opferschicksal verifiziert werden. Da es sich um ein fortlaufendes Projekt handelt, bitten wir um Übermittlung von Hinweisen, Ergänzungen und ggf. Korrekturen mit Angabe der jeweiligen Quelle. Bitte richten Sie Ihre Mitteilungen an das Haus der Bayerischen Geschichte, Postfach 101751, 86007 Augsburg, Fax: 0821/3295-220, E-Mail: parlamentarismus@hdbg.bayern.de.