Appell für Nähe zu den Bürgern

Traditionelle Schlussworte vor der parlamentarischen Sommerpause

18.Juli 2024

MÜNCHEN. Mit den traditionellen Schlussworten zum Ende der letzten Plenarwoche im Juli hat sich der Landtag in die parlamentarische Sommerpause verabschiedet. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) trat dabei für eine wehrhafte Demokratie ein. Neben Ministerpräsident Dr. Markus Söder (CSU) sprach AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner als Vertreterin der größten Oppositionsfraktion.

Zu Beginn ihrer Rede griff Landtagspräsidentin Ilse Aigner das Attentat auf den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump in der Vorwoche auf. Sie sah dieses als Zeichen einer "Radikalisierung des politischen Diskurses", die auch in Deutschland zu beobachten sei. "Feindlichkeit hat Einzug in die Politik gehalten - und das ist schädlich", sagte Aigner. Dem müsse entgegengewirkt werden. Aigner verwies auf den Höchststand politisch motivierter Straftaten im Land, verbale, aber auch tätliche Angriffe auf Politikerinnen und Politiker nähmen zu. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Demokratie das Fundament verliert, auf dem sie steht", betonte Aigner.

Aigner: Sorge um politische Kultur

Auch im Landtag habe die politische Kultur in den vergangenen Monaten gelitten. Aigner erinnerte daran, dass ein Abgeordneter der AfD-Fraktion aktuell vom Verfassungsschutz beobachtet werde, weil er als "treibende Kraft der Vernetzung" zwischen seiner Partei und der extremistischen Neuen Rechten geführt werde. Ein weiterer Abgeordneter der Fraktion sei unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung, der Geldwäsche und der Nötigung angeklagt. Aigner bedauerte, dass sich die AfD-Fraktion vor diesem Hintergrund nicht eindeutig von diesen Fraktionsmitgliedern abgegrenzt habe.

Nach der Neufassung der Geschäftsordnung des Landtags, die nun unter anderem Ordnungsgelder für parlamentsunwürdiges Verhalten vorsieht, kündigte Aigner an, sich für eine Regelung einzusetzen, mit der verhindert werden soll, dass bei Abgeordneten Personen als Mitarbeiter angestellt sind, "die die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen wollen oder aktiv dagegen hetzen". Es sei für eine Demokratie "schwer erträglich, wenn öffentliche Gelder an Verfassungsfeinde fließen", stellte Aigner fest. Ende Juli werde sie ein Rechtsgutachten und daraus abgeleitete Maßnahmen vorstellen. "Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie diejenigen, die unsere Demokratie bekämpfen, dafür noch von ihr bezahlt werden", sagte Aigner.

AfD: Klage über Brandmauer

AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner nutzte die Schlussworte für Kritik an der Staatsregierung und den übrigen Fraktionen im Landtag. Diese hätten seit der Landtagswahl im vergangenen Herbst "faktisch gar nichts" zustandegebracht, während ihre Fraktion die Tagesordnung des Parlaments fast allein bestimmt habe. Stattdessen seien die "Kartellparteien" damit beschäftigt gewesen, eine Brandmauer gegen die AfD hochzuziehen, urteilte Ebner-Steiner. Die Bürger in Bayern erwarteten aber die Lösung ihrer Probleme. Ebner-Steiner empfahl den Abgeordneten der anderen Fraktionen, die Sommerpause zum Gespräch mit den Bürgern über deren wahre Sorgen zu nutzen.

Im weiteren Verlauf ihrer Rede forderte Ebner-Steiner die Staatsregierung auf, die weitere Entwicklung Bayerns in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu rücken. Statt aber die Weichen in Richtung Zukunftstechnologien und Aufschwung zu stellen, werde die "Kriegswirtschaft hochgefahren". Ebner-Steiner sprach sich in diesem Zusammenhang für einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine aus und verlangte in dem Konflikt die "Rückkehr zu Vernunft und Diplomatie". Die AfD lehne jede Einmischung in innere und äußere Konflikte anderer Länder ab. "Es geht uns als Bayern und Deutsche nichts an, wie ein Grenzverlauf im Osten 1000 Kilometer weit weg aussieht", sagte sie.

Söder: Weiter Unterstützung für die Ukraine

Ministerpräsident Markus Söder reagierte direkt auf diese Aussagen. Der Krieg in der Ukraine möge geographisch nicht direkt vor unserer Haustür sein, doch was dort passiere, entscheide darüber, wie Deutschland und Europa künftig bedroht und herausgefordert seien. Sich aus dem Konflikt herauszuhalten, sei keine Option, weil dies den russischen Präsidenten Vladimir Putin nicht davon abhalten werde, seinen Kurs fortzusetzen. "Wer heute eine Art Kniefall vor Putin macht und sich zum Vasallen macht, der gefährdet die Freiheit und Unabhängigkeit unserer Demokratie", erklärte Söder.

In einer Analyse der aktuellen politischen Lage in Deutschland und Bayern stellte Söder eine wachsende Distanz zwischen Politik und Bürgern fest. Es mache sich das Gefühl breit, dass Politik die Lebensrealität der Menschen nicht mehr wahrnehme. Dies müsse sich ändern. "Wenn man nicht auf Herausforderungen reagiert, dann entsteht Distanz - und das nützt den extremen Rändern", warnte Söder. Dies gelte vor allem für den Bund, wo es "eine Art Aufbruch" brauche. Für Bayern zog Söder eine positivere Bilanz. "In Bayern lebt es sich einfach besser, deshalb darf man darauf auch manchmal stolz sein", sagte er.

Appell an junge Abgeordnete

Die neu ins Parlament gewählten Abgeordneten lobte Söder für ihr schnelles Einleben in den Parlamentsalltag. "Sie haben das Parlament belebt", stellte er fest. Als Abgeordneter könne man Kleinen wie im Großen viel bewegen. "Zeigen Sie Ihre Persönlichkeit, zeigen Sie Ihre Ideen", ermunterte Söder die Neulinge. Wer es schaffe, mit seiner Lebenserfahrung eigene Punkte zu setzen, werde im Landtag Spuren hinterlassen. "Wem das gelingt, ist ein hervorragender Abgeordneter", stellte Söder fest. Am Ende brauche es den Mut, wie im Landtag und der Staatsregierung, Entscheidungen zu treffen.

/ Jürgen Umlauft

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