Ausschuss Öffentlicher Dienst: Sachverständigenanhörung zur Änderung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes

Viel Lob und der Wunsch nach mehr Verbindlichkeiten

8. April 2025

MÜNCHEN.     Ein ausgeglichenes Verhältnis von Männern und Frauen in der öffentlichen Verwaltung – dank des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes ist das Realität. Doch das Gesetz von 1996 ist in die Jahre gekommen. Im Ausschuss Öffentlicher Dienst wurde eine Novellierung des Gleichstellungsgesetzes der Staatsregierung in einer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragten Anhörung überwiegend positiv bewertet. Nachbesserungsbedarf sahen Fachleute und Abgeordnete allerdings im Bereich Freistellung und Beteiligungsrechte für Gleichstellungsbeauftragte.

Friederike Engert, Personalleiterin im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, nannte den Gesetzentwurf wegen der Entbürokratisierung, der Digitalisierung und der Vereinfachung „sehr gelungen“. Besonders wichtig sei die Fokussierung auf das „benachteiligte Geschlecht“ – insbesondere in Führungspositionen. Noch immer gebe es zu wenig Männer in Kitas und Schulen, sie würden bei den Bewertungen von Teilzeitkräften auch schlechter als Frauen abschneiden. Da Unternehmen mit Staatsbeteiligung in Konkurrenz zur Privatwirtschaft stehen, sollten diese wie vorgehsehen nicht vom neuen Gesetz erfasst werden.

Das Vorhaben, den Blick auf das unterrepräsentierte Geschlecht zu legen, lobte auch Reinhard Grepmair, Leiter des Referats für Haushalt, Finanzen und Personal im Bayerischen Bezirkstag. Da Stellen nur sukzessive neu besetzt werden können, dauere es natürlich Jahrzehnte, bis das Ziel der Gleichstellung erreicht sei. „Durch das Gesetz von 1996 wurde der Gedanke aber in den Köpfen verankert“, erklärte er. Seitdem habe sich in den Kommunalverwaltungen viel getan. Allein in den Bezirken und bezirklichen Kliniken sei die Zahl der Frauen in Leitungspositionen zwischen 2013 und 2023 um 30 Prozent auf 50 Prozent gestiegen.

Personaldezernentin Dr. Julia Uckelmann von der Universität Münster nannte den Entwurf „ausgewogen und zukunftsweisend“. Neben der Entbürokratisierung insbesondere durch Mustervorlagen für die Gleichstellungsberichte sowie der Gleichstellung von Frauen und jetzt auch Männern hob sie das Mediationsverfahren hervor. „Das ist ein guter Weg, um einen Kompromiss zu finden, wenn es mal zu Konflikten kommt“, sagte Uckelmann. Die Erweiterung des Gesetzes auf das dritte Geschlecht hielt sie nicht für nötig, da dies im Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes auch nicht erwähnt werde.

Rainer Nachtigall, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbundes, bezeichnete das Gleichstellungsgesetz von 1996 als „Meilenstein“. Seitdem gebe es auch viel weniger Probleme bei der gerechten Beurteilung von Frauen, Bestellungen und Beförderungen. „Gleichwohl ist es gut, wenn wir das Gesetz für die Zukunft weiterentwickeln.“ Auch bei der Polizei sei zwar der Frauenanteil gestiegen, aber in Spezialbereichen seien sie immer noch unterrepräsentiert. Ähnlich verhalte es sich im Schulbereich bei den Männern. Der Freistaat Bayern habe hier eine Vorreiterrolle – besonders im Vergleich zur freien Wirtschaft.

30 Prozent der Dienststellen haben kein Gleichstellungskonzept

Zur Eile mahnte Dr. Michael Knabel, Gleichstellungsbeauftragter im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. „Wir sind in Bayern mittlerweile Schlusslicht, was die Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes angeht“, sagte er. Solange das Gesetz keine Sanktionen vorsehe, komme die Gleichstellung nicht voran. „29 Prozent der Dienststellen haben keine Gleichstellungskonzepte geschrieben und 14,5 Prozent keine Gleichstellungsbeauftragten ernannt, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind.“ Das gehe seit Jahrzehnten so, obwohl alles in den Gleichstellungsberichten stehe. Auch das dritte Geschlecht sollte im Gesetz berücksichtigt werden.

Hedwig Schouten, die Frauenbeauftragte der Stadt Nürnberg und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der Bayerischen Gleichstellungsstellen, begrüßte zwar, dass es im neuen Entwurf mehr Verbindlichkeiten geben soll. Aber es fehle weiterhin an angemessenen Ressourcen, Freistellungen, Beteiligungsrechten, Entscheidungsbefugnissen und Eingruppierungen. Handlungsbedarf sah sie auch bei der Frage, wann bei einem Auswahlverfahren Gleichstellungsbeauftragte einbezogen werden sollen. Bisher ist das nur auf Antrag möglich. Schouten fordert, dass die Gleichstellungsbeauftragten das selbst entscheiden können.

Ihre LAG-Kollegin Claudia Wolter, die zusätzlich Gleichstellungsbeauftragte für den Landkreis Erlangen-Höchstadt ist, erklärte, dass die Situation ohne eine weitgehende Reform gerade für kommunale Gleichstellungsbeauftragte nicht mehr zu schaffen sei. „Zu unserem Landkreis gehören 25 kreisangehörige Gemeinden, entsprechend lang sind unsere Anfahrtswege“, erläuterte sie. Ohne entsprechende Freistellung, Rechtsstellung, Ausstattung und Entscheidungsbefugnisse seien Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Angebote gegen Gewalt und Sorgen im Haus sowie für mehr Chancengleichheit nur noch als Ehrenamt außerhalb der Arbeitszeit möglich.

In der anschließenden Aussprache erklärte der Vorsitzende des ÖD-Ausschusses, Dr. Martin Brunnhuber (FREIE WÄHLER), dass es zwar einige Punkte gebe, die man noch überdenken müsse. „Vor allem bei den staatlichen Strukturen in den Ministerien und in den kommunalen Strukturen vor Ort gibt es Unterschiede bei den Anforderungsprofilen für Gleichstellungsbeauftragte.“ Aber insgesamt sei man auf einem guten Weg. Nach der Evaluation könne der Gesetzgeber laut Brunnhuber nachjustieren oder konkretisieren, was im Vollzug passieren muss.

CSU: „Der Gesetzentwurf entspricht dem Zeitgeist“

Der Vizevorsitzende des Ausschusses, Alfred Grob (CSU), hob besonders die Entbürokratisierung durch das neue Gleichstellungsgesetz hervor. Die digitale und standardisierte Erhebung des Gleichstellungsberichts komme „dem Zeitgeist und den Erfordernissen der Kassenlage entgegen“. Er verspricht sich davon auch neue Impulse, wo Verbesserungsbedarf besteht. Die Freistellung von Gleichstellungsbeauftragten kann laut Grob nicht durch das Gesetz, sondern nur von den Kommunen vor Ort geregelt werden.

Julia Post (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) war zufrieden, dass das Gleichstellungsgesetz nach so vielen Jahren endlich novelliert werde. Sie warb jedoch dafür, den Geltungsbereich auch auf staatliche Unternehmen auszuweiten und den Fokus nicht nur auf Führungspositionen zu legen. „Karrieren fangen nicht auf Führungsebene an“, sagte Post. „Um entsprechenden Nachwuchs zu generieren, muss bei der Gleichberechtigung viel früher angesetzt werden.“

Dr. Simone Strohmayr (SPD) sah im Gesetzentwurf ebenfalls „gute Ansätze“. Sie kritisierte allerdings, dass Gleichstellung durch Ausgliederung aus den Dienststellen leicht zu umgehen sei und Gleichstellungsbeauftragte durch schlechte Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Behörden lahmgelegt werden könnten. „Solange Freistellung und Bezahlung nicht im Gesetz stehen, bleibt das Papier ein zahnloser Tiger“, sagte Strohmayr.

Abgeordnete der AfD-Fraktion äußerten sich nicht.

/ David Lohmann

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