Landtagspräsidentin spricht bei Veranstaltung gegen Antisemitismus
Freitag, 18. Juli 2014
- Von Anton Preis -
Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat sich am 18. Juli im Namen des Parlaments am Platz der Opfer des Nationalsozialismus in München in einer Ansprache gegen jeglichen aufkeimenden Judenhass ausgesprochen. Bei der Kundgebung unter dem Motto „Wehret den Anfängen!“ bezogen mehrer Redner gemeinsam mit Dr. h.c. Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Stellung gegen Antisemitismus im Zuge der Proteste gegen den Krieg im Gaza-Streifen.
Zu den aktuellen Entwicklungen in Israel und in Deutschland betonte Stamm: „Was wir in den letzten Tagen hier und in anderen Ländern Europas erleben, überschreitet ganz eindeutig Grenzen. Denn es ist perfide, antisemitische Hetze unter dem Deckmantel der Kritik an Israel zu betreiben. Wer vor Synagogen demonstriert, um angeblich die israelische Politik anzuprangern, der entlarvt sich selbst. Wir sind heute hier, um ein Zeichen zu setzen: Wenn jüdische Bürgerinnen und Bürger in unserem Land bedroht werden, wenn sie sich Sorgen um ihre Sicherheit machen, dann gibt es nur eines: Wir stellen uns mit allen Mitteln des Rechtsstaats und mit Zivilcourage entschieden dagegen. Bei uns ist kein Platz für Antisemitismus! Wir wollen den Anfängen Einhalt gebieten. Das Unrecht, das Böse kommt immer auf leisen Sohlen angeschlichen. Das wissen wir in Deutschland aus bitterer Erfahrung“, erklärte die Landtagspräsidentin.
Vollständige Rede von Landtagspräsidentin Barbara Stamm
Wir sind hier auf dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus zusammengekommen. Warum der Platz diesen Namen trägt, wissen wir alle.
Wehret den Anfängen – diese Lehre haben wir aus dem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte gezogen. Wehret den Anfängen – das Gebot ist heute aktueller denn je.
Was wir in den letzten Tagen mitten in Deutschland erleben mussten, hat uns zutiefst erschüttert: In Demonstrationen wird zu Gewalt gegen jüdische Bürgerinnen und Bürger aufgerufen. Ein israelischer Tourist wird am Rande einer Kundgebung aufs Übelste beschimpft. Antisemitische Parolen hallen laut und für alle vernehmbar durch unsere Städte.
Das ist unerträglich. Das ist eine Schande für unser Land. Dafür gibt es keine Gründe und erst recht keine Rechtfertigung. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich verstehe jede Sorge um das Leid der Menschen auf beiden Seiten im Gaza-Konflikt. Die täglichen Nachrichten und Bilder lassen niemanden kalt.
Aber was wir in den letzten Tagen hier und in anderen Ländern Europas erleben, überschreitet ganz eindeutig Grenzen. Denn es ist perfide, antisemitische Hetze unter dem Deckmantel der Kritik an Israel zu betreiben. Wer vor Synagogen demonstriert, um angeblich die israelische Politik anzuprangern, der entlarvt sich selbst.
Wir sind heute hier, um ein Zeichen zu setzen: Wenn jüdische Bürgerinnen und Bürger in unserem Land bedroht werden, wenn sie sich Sorgen um ihre Sicherheit machen, dann gibt es nur eines: Wir stellen uns mit allen Mitteln des Rechtsstaats und mit Zivilcourage entschieden dagegen! Bei uns ist kein Platz für Antisemitismus!
Wir wollen den Anfängen Einhalt gebieten. Das Unrecht, das Böse kommt immer auf leisen Sohlen angeschlichen. Das wissen wir in Deutschland aus bitterer Erfahrung: Auch damals gab es immer vorgeschobene Gründe, warum der Hass gegen Menschen anderen Glaubens angeblich berechtigt war. Er war es in der Vergangenheit nicht, und er ist es heute nicht!
Deutschland ist ein Land, in dem alle Menschen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, sicher und in Frieden leben können. Wir haben erfahren, was Ausgrenzung bedeutet, in welche Katastrophe es führt, wenn Rassismus und Intoleranz herrschen. In gemeinsamer Kraftanstrengung und aus tiefer Überzeugung treten wir deshalb heute ein für Frieden, Freiheit, Toleranz und Menschenwürde. Das ist unverrückbar. Das lassen wir uns nicht nehmen, durch niemanden. Die Verteidigung dieser Werte ist unser gemeinsamer Auftrag.
Wir sind ein Land, in dem es die Freiheit gibt, zu demonstrieren. Ein Land, in dem jeder seine Meinung äußern kann. Aber wir sind kein Land, in dem Platz ist für Hass und Intoleranz. Das dulden wir nicht!
Wir sind glücklich darüber, dass jüdische Gemeinden und jüdische Kultur wieder ein selbstverständlicher Teil Bayerns und Deutschlands sind. Dass dies auch so bleibt, dafür treten wir hier und heute und in Zukunft ein. Darin sind sich alle demokratischen Kräfte in unserem Land einig – ohne Wenn und Aber.
Dazu braucht es jeden einzelnen von uns, offene Ohren, offene Augen und eine laute Stimme. Antisemitismus hat in unserem Land keinen Platz!
Lassen Sie uns dafür eng zusammenstehen, lassen Sie uns achtsam und wachsam sein, damit alle Menschen in unserem Land sicher und friedlich miteinander leben können!