Landtag beschäftigt sich in „Aktueller Stunde“ mit der Vermittlung von Alltagskompetenzen an Schulen

10.12.2019
– Von Miriam Zerbel –

Schon vom nächsten Schuljahr an sollen Schülerinnen und Schüler in Projektwochen mehr über heimische Natur, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherverhalten erfahren. In einer von den FREIEN WÄHLERN beantragten Aktuellen Stunde im Landtagsplenum sprach die Vize-Vorsitzende des Bildungsausschusses Eva Gottstein (FREIE WÄHLER) von mehr Praxisnähe. Kinder und Jugendliche würden dadurch „in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gestärkt“.

Im Zusammenhang mit den Beratungen über das Artenschutz-Volksbegehren war im Frühjahr zunächst die Idee zu einem neuen Schulfach „Alltagskompetenz und Lebensökonomie“ entstanden. Stattdessen plant die Regierungskoalition nun zusätzliche Projektwochen. Gottstein gab zu, dass viele der Inhalte bereits jetzt in den Lehrplänen enthalten seien. Dennoch könnten in den fächerübergreifenden Projektwochen andere Unterrichtsmethoden angewendet oder externe Experten und Praktiker eingebunden werden. „Das erhöht den Erfolg“, erklärte die Abgeordnete der FREIEN WÄHLER. Dabei müsse der Spagat zwischen der Eigenverantwortung der Schulfamilie und einem Rahmenplan des Kultusministeriums gelingen.

Nicht selbstverständlich: wissen, wie man Kartoffeln kocht

Die CSU-Abgeordnete Gudrun Brendel-Fischer verwies auf die schon vor einigen Jahren erarbeiteten Handlungsempfehlungen des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung, ISB. Wissen über Ernährung, Umweltverhalten, Gesundheit, Haushaltsführung und selbstbestimmtes Verbraucherverhalten sei nicht in allen Familien vorhanden. „Es ist in keinem Haushalt mehr selbstverständlich, dass man selber es beherrscht, Kartoffeln zu kochen“, sagte Brendel-Fischer. Auch Schuldnerberatungen warnten beispielsweise vor fehlenden Grundkenntnissen. Sie schlug vor, das ISB solle gemeinsam mit themenrelevanten Verbänden verbindliche Lerninhalte festlegen, deren Umsetzung die Schulen selbst gestalten sollten. Wichtig seien reale Begegnungen an außerschulischen Lernorten. Das diene zudem einer teamorientierten Vorgehensweise.

„Minischritt in die richtige Richtung“

Grundsätzliche Zustimmung signalisierte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gisela Sengl nannte die geplanten Projektwochen einen „Minischritt in die richtige Richtung“. Ihre Fraktionskollegin Anna Tomann forderte, man müsse allerdings über die konkreten Bildungsinhalte diskutieren. Tomann hält Medienkompetenz-Schulungen für notwendiger, um die heranwachsende Generation stark für Leben und Beruf zu machen. Ferner sei der Schulalltag zu eng getaktet, es fehle Zeit für Gespräche.

Bayerns Schülerinnen und Schüler auf ein gelingendes Zusammenleben in unserer freien Gesellschaft vorbereiten und mehr Alltagskompetenz vermitteln, lautete das Thema der Aktuellen Stunde. Wenig Zusammenhang damit bescheinigten die Fraktionen dem AfD-Beitrag. Dr. Anna Cyron mahnte Respekt vor den hier Lebenden an. Zusammenleben „funktioniert nicht, wenn Messerstecher aus dem islamischen Kulturkreis die Ungläubigen abschlachten“.

„Armselig“: eine Projektwoche in vier Schuljahren

Die SPD-Fraktion vermisste konkrete Pläne zur Vermittlung von Alltagskompetenz. Lediglich eine Projektwoche in vier Schuljahren sei „armselig“, erklärte Dr. Simone Strohmayr. Eine Kritik, der sich auch Matthias Fischbach von der FDP anschloss, der den angekündigten Wandel vermisste. Die Inhalte seien schon längst im Lehrplan enthalten, so Fischbach: „Es ist sinnvoll, die Frage brutto oder netto im Fach Wirtschaft zu klären und nicht ein eigenes Fach Alltagskompetenz einzuführen“. Für den fraktionslosen Abgeordneten Raimund Swoboda liegt der Grund für mangelnde Alltagskompetenzen daran, dass die Familien keine Chance hätten, diese Kenntnisse zu vermitteln, weil die Kinder ihren Eltern entzogen würden.

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