Landtag regelt Maßregelvollzug neu

Mittwoch, 26. Juni 2019
– Von Jürgen Umlauft –

Der Landtag hat auf Vorschlag der Staatsregierung mit großer Mehrheit die Regelungen für die Fixierung von Personen im Maßregelvollzug und in der öffentlich-rechtlichen Unterbringung psychiatrischer Einrichtungen verändert. Er folgte damit Vorgaben aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte darauf gedrungen, die Eingriffe in die Freiheitsrechte Betroffener zu minimieren. Demnach gilt künftig ein genereller Richtervorbehalt, sobald die Fixierung länger als 30 Minuten dauert. Die Fixierung, also die Fesselung und Ruhigstellung an allen Gliedmaßen, darf nur vorgenommen werden, wenn von einer Person eine Gefährdung für sich selbst oder andere ausgeht und sich die Lage nicht anders entschärfen lässt.


Die Neuregelung sieht zudem vor, dass die Fixierung künftig nur noch durch einen Arzt angeordnet werden darf und anschließend eine permanente Überwachung durch ärztlich unterwiesenes Personal sichergestellt sein muss. Die Fixierung muss genau dokumentiert werden. Für die Betroffenen wird ein nachträglicher Rechtsschutz vorgesehen. Der CSU-Abgeordnete Stefan Oetzinger betonte, die Gesetzesnovelle gewährleiste, dass die Fixierung auf „Ausnahmefälle in Notsituationen“ begrenzt und immer nur Ultima Ratio sei. Mit der Anpassung der Gesetze an BVG-Urteil schaffe der Freistaat „größtmögliche Rechtssicherheit“. Dieser Einschätzung schloss sich Johann Häusler (FREIE WÄHLER) an.

Zustimmung kam auch von der Opposition. Diese bemängelte jedoch, dass der Entwurf der Staatsregierung im Sinne der Betroffenen nicht über die Vorgaben des BVG hinausgehe. „Mit dem Gesetz wird nur das Notwendigste gemacht“, erklärte Ulrich Singer (AfD). Zudem enthalte das Gesetz zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe, was die Arbeit der Beschäftigten in den Einrichtungen erschwere. Die schwammigen Formulierungen sorgten für Verunsicherung im Vollzug. Kerstin Celina (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN) sah die Probleme vor allem in der personellen Unterbesetzung in den Einrichtungen. So bestehe weiterhin die Gefahr, dass statt deeskalierende Maßnahmen einzuleiten schnell zur Fixierung gegriffen werden müsse, um angespannte Situationen zu entschärfen.

Nach Einschätzung von Doris Rauscher (SPD) geht die Gesetzesvorlage der Staatsregierung nicht weit genug, um die Eingriffe in die Grundrechte Betroffener so gering wie möglich zu halten. Vor dem Hintergrund, dass eine Fixierung oft eine traumatische Erfahrung sei, müssten die Schutzrechte noch ausgeweitet werden. Die SPD plädierte deshalb für einen Anspruch auf Beiziehung eines Rechtsanwalts sowie die Notwendigkeit eines Richterbeschlusses auch bei Fixierungen von weniger als 30 Minuten. Julika Sandt (FDP) erkannte beim Richtervorbehalt eine Gesetzeslücke, da Richter nur zwischen 6 und 21 Uhr in Bereitschaft sein müssten. Während der Nachtstunden drohten damit Fälle von richterlich nicht genehmigten Fixierungen.


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