Europaausschuss hört Experten zum Thema „Internationaler Jugendaustausch“

04.02.2020

MÜNCHEN. Auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fand im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen eine Expertenanhörung zum Thema „Internationaler Jugendaustausch“ statt. Themen der Anhörungen waren insbesondere der Abbau von bürokratischen Hürden, die Verbesserung der Förderstrukturen sowie die allgemeine Ausstattung für die internationale Jugendarbeit.

Die zu der Sitzung geladenen Sachverständigen sollten insbesondere die aus ihrer Sicht notwendigen Rahmenbedingungen beschreiben, um einen internationalen Jugendaustausch optimal durchführen zu können. Neben den Experten aus dem Forschungsbereich sowie privaten und staatlichen Institutionen waren auch betroffene Schüler, Auszubildende und Lehrer auf das Podium geladen, über ihre eigenen Austauscherfahrung zu berichten sowie Anregungen und Ideen für die Verbesserung des Jugendaustausches beizusteuern.

Einig waren sich alle Experten, dass der internationale Jugendaustausch sowohl ein prägendes Lebensereignis eines jeden Austauschschülers darstellt als auch einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung leistet. Ein gegenseitiges kulturelles Verständnis sei insbesondere für die Europäische Union und den Prozess der europäischen Integration von zentraler Bedeutung. Eine direkte Begegnung mit anderen Nationen und Kulturen vor Ort helfe zudem, Vorurteile und Vorbehalte abzubauen, so Thomas Rudner vom Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch „TANDEM“. Harald Godron, Oberstudiendirektor und Austauschkoordinator des Gymnasiums Steigerwald ergänzte, dass ein Austausch die Schüler auch mit der Geschichte des eigenen Landes konfrontiere und damit staatsbürgerliche Verantwortung in das Bewusstsein der Schüler rücke.

Auch in der persönlichen Entwicklung seien die Auswirkungen von Austauschaufenthalten positiv spürbar. Diplompsychologin Heike Abt vom Institut für Kooperationsmanagement hob im Hinblick auf den Erwerb interkultureller Fähigkeiten die positiven Langzeitwirkungen eines internationalen Austausches im Jugendalter hervor. Solche Erfahrungen seien durchaus auch geeignet, in die spätere Berufswahl miteinzufließen.

Dass ein Auslandsaufenthalt den persönlichen Horizont nachhaltig erweitert, unterstrich auch Anton Schäffler, ehemaliger Gymnasiast am Klenze-Gymnasium in München. Während seines einjährigen USA-Austausches habe er die damals laufenden Präsidentschaftswahlen unmittelbar mitbekommen und Land und Leute kennen und schätzen gelernt. Lena Beierlein fügte hinzu, dass sie als Auszubildende ein dreiwöchiges Praktikum in Belgien absolvieren durfte und dabei auf unbürokratische Weise wertvolle Praxiserfahrung gesammelt habe.

Dr. Henneke Lütgerath von der Joachim-Herz Stiftung führte daran anknüpfend aus, dass erfreulicherweise bayerische Auszubildende in beachtlichem Umfang die Unterstützung der Stiftung in Anspruch nähmen.

Mit Blick auf Bayern hob Nikolas Djukić vom bayerischen Hochschulzentrum für Mittel-, Ost-, und Südosteuropa (BAYHOST) die wichtige Rolle des Freistaates als direkter Nachbar und Scharnier zu den neu beigetretenen Mitgliedstaaten hervor. Ziel des Freistaates müsste es daher sein, möglichst vielen jungen Menschen eine solche Austauscherfahrung zuteil werden zu lassen.

Handlungsbedarf bei neuen Zielgruppen, bürokratischem Aufwand und finanzieller Absicherung

Handlungsbedarf sahen die Experten vor allem bei der Sicherstellung der erforderlichen Finanzierung sowie bei der Begrenzung des bürokratischen Aufwandes für einen Jugendaustausch. Zudem müsste eine Antwort darauf gefunden werden, dass das mögliche „Zeitfenster“ für die Teilnahme an einem Austausch für die Schüler eher enger geworden sei. Darüber hinaus sollten mit Nachdruck weitere Zielgruppen für einen Austausch gewonnen werden.

So mahnte Rita Stegen vom pädagogischen Institut der Landeshauptstadt München an, dass internationaler Jugendaustausch nicht nur die „Kür“, sondern zur Regel werden müsse, wozu auch die Bündelung der Ressourcen von schulischen und außerschulischen Trägern beitragen könne. Auch die dezidierte Benennung von Ansprechpartnern in Schulen würde helfen, Lehrer zu motivieren, sich für einen Schulaustausch zu engagieren. Zudem müssten sich die Angebote erheblich stärker auch an Grund- Haupt und Realschulen sowie Förderschulen richten.

Schlussendlich waren sich die Experten darin einig, dass Schülern, Auszubildenden und Betrieben keine Nachteile durch einen Austausch entstehen dürften. Durch die Verdichtung des Lehrplans in Zuge der G8-Reform sei es schwerer geworden, Schüler und Eltern für einen Austausch zu begeistern, da oftmals Bedenken bezüglich des in Deutschland verpassten Lernstoffs bestünden.

Allerdings betreffe eine zunehmende Zurückhaltung bei Austauschaufenthalten nicht nur die deutsche Seite. Eine solche sei auch bei ausländischen Gastschülern spürbar. In diesem Zusammenhang gab Matthias Fack vom Bayerischen Jugendring zu bedenken, dass bei ausländischen Eltern mittlerweile vereinzelt auch Sicherheitsbedenken bestünden, ihre Kinder für längere Zeit nach Deutschland zu schicken. Dies könnte es mitunter erschweren, internationale Partner für einen Austausch zu gewinnen.

 

Zum Abschluss der lebendigen Diskussion unterstrichen sowohl die Ausschussmitglieder als auch die Podiumsteilnehmer, wie wichtig und weiterführend der gegenseitige Austausch sei. In regelmäßigen Abständen soll überprüft werden, welche konkreten Verbesserungsvorschläge und Ideen bereits konkret umgesetzt werden konnten.


Eva Mühlebach

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