Monitoring für Bayerns Klimaschutzgesetz gefordert

  • Mit dem Dreiklang aus Klimaschutzgesetz, Maßnahmenpaket und Investitionen soll Bayern bis spätestens 2050 das erste klimaneutrale Bundesland werden.
  • Im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz diskutierten zehn Experten mit den Abgeordneten, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
  • Sie forderten ein unabhängiges Monitoring-Programm sowie schärfere Zielvorgaben und mehr Gesetzgebungskompetenz für Kommunen.

 

München, 25. Sept. 2020

Die Experten im Umweltausschuss lobten die Offensive Bayerns, als elftes Bundesland ein Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen. Doch sie waren sich auch darin einig, dass im Gesetzentwurf noch zusätzliche Aspekte berücksichtigt werden sollten. Dazu zählen beispielsweise Controlling, Reporting, Monitoring und die Möglichkeit, nachzubessern. Dr. Johannes Gnädinger, Geschäftsführer der Prof. Schaller UmweltConsult GmbH, betonte: „Wir brauchen eine zentrale Stelle, die überwacht, ob Zielvorgaben erfüllt werden, und eventuell gegensteuert.“ Auch Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner, Inhaberin des Lehrstuhls für Bodenkunde, Technische Universität München, sagte: „Wir bleiben in dem Gesetzentwurf sehr vage und wissen am Ende gar nicht, was wir erreicht haben. Ein unabhängig organisiertes Monitoring-Programm, wie es auch der Bund hat, ist unbedingt nötig.“ Dr. Stephan Sina, Koordinator interne Rechtsberatung Ecologic Institute Berlin, ergänzte: „Wichtig ist dabei festzulegen, wer an der Fortschreibung von Programmen beteiligt wird und in welchem verbindlichen Zeitrahmen.“

Kompetenzen für Kommunen

Christian Maaß, Geschäftsführer Hamburg Institut für Klima & Energie, forderte, dass die Länder noch viel mehr Gesetzgebungskompetenz – beispielsweise was die klimaneutrale Gebäudeversorgung betrifft – an die Kommunen weitergeben sollten. „Diese müssen dann natürlich auch mit Förderprogrammen hinterlegt werden. Aber es braucht eine gesetzliche Grundlage, damit Klimaschutz in den Kommunen flächendeckend umgesetzt werden kann.“ Kögel-Knabner pflichtete ihm bei: „Die Kommunalpolitiker in meiner eigenen Gemeinde wünschen sich mehr Vorgaben und Richtwerte von der Staatsregierung, um Klimaschutzziele umzusetzen. Man sollte diese engagierten Leute nicht alleine lassen!“ Dr. Jürgen Landgrebe vom Umweltbundesamt, Leiter der Deutschen Emissionshandelsstelle, deutete auf die Notwendigkeit hin, besondere Anreize im kommunalen Bereich für Verkehrsplanung, Planungsrecht und Bauordnung zu schaffen. Gleichzeitig müsse es aber auch einen Passus im Gesetzentwurf geben, der den Umgang mit Maßnahmen zwischen Bund und EU-Ebene regele, sagte Prof. Dr. Karen Pittel, Leiterin des ifo-Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen.

Lob für Hightechagenda

Prof. Dr. Wolfgang Arlt, ehemals Inhaber des Lehrstuhls für Thermische Verfahrenstechnik an der Friedrich-Alexander-Universität, betonte die Bedeutung der bayerischen Hightechagenda. „Die Chance liegt darin, dass Bayern CO2-arme Technologien entwickelt, um diese weltweit zu exportieren. Großes Potential bietet beispielsweise die Wasserstoff-Technologie, weil sie auf die Infrastruktur der Mineralölindustrie zurückgreifen kann und exportfähig ist.“ Martin Geilhufe, Landesbeauftragter Bund Naturschutz in Bayern e. V., forderte mehr Mut und appellierte an die Politik, auch Entscheidungen zu treffen, bei denen Erfolge erst nach einigen Legislaturperioden eintreten.

Übereinkommen von Paris

Denn um den Temperaturanstieg auf 1,5°C zu begrenzen, wie im Übereinkommen von Paris 2015 beschlossen, reiche eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen je Einwohner bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent nicht. Dieses Ziel ist im Gesetzentwurf formuliert. „Bezogen auf den Durchschnitt des Jahres 1990 muss der CO2-Ausstoß um mindestens 67 % reduziert werden, um die Vorgaben von Paris zu erzielen. Diese aufzunehmen halte ich für sehr wichtig“, sagte Geilhufe. Landgrebe forderte in diesem Zusammenhang nicht nur, ein spezifisches Pro-Kopf-Ziel an Treibhausgasemissionen festzulegen, sondern ein absolutes Ziel, zusätzliche Zwischenziele und Ziele, die sich auf relevante Sektoren wie Solar, Wind und Gebäude beziehen. Michael Limburg, Vizepräsident EIKE (Europäisches Institut für Klima und Energie), empfahl den Gesetzentwurf abzulehnen, da er gegen die Grundprinzipien des demokratischen Umgangs miteinander verstoße, weil er Begriffe wie "Klimaschutz" zum Inhalt habe, die keine klare Bedeutung hätten, nicht zur Zuständigkeit des Landtages gehöre und auch nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genüge.

Bayerns Klimaschutzoffensive

Seit 1881 ist die Jahresdurchschnittstemperatur weltweit um 1 Grad Celsius gestiegen, in Deutschland um 1,5 Grad. Seit 2015 betrug der Anstieg 0,3 Grad. In Bayern liegt der langfristige Anstieg mit 1,7 Grad noch höher. Mit dem Dreiklang aus Klimaschutzgesetz, Maßnahmenpaket zum Klimaschutz und Investitionen soll Bayern bis spätestens 2050 das erste klimaneutrale Bundesland werden. Das CO2-Äquivalent der Treibhausgasemissionen je Einwohner soll bis zum Jahr 2030 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden, bezogen auf den Durchschnitt des Jahres 1990. Es soll damit auf unter fünf Tonnen pro Einwohner und Jahr sinken. Um das seit 1. August 2019 gesetzlich verankerte Ziel der klimaneutralen Staatsverwaltung bis zum Jahr 2030 zu verwirklichen, ist der Aufbau einer Kompensationsplattform für staatliche Stellen im Bayerischen Klimaschutzgesetz vorgesehen. Staatliche Erziehungs- und Bildungsträger sollen das Thema in geeigneten Lehr- und Unterrichtsfächern behandeln, um die Alltagskompetenz der jungen Generation in Sachen Klimaschutz zu stärken. Für die Kommunen enthält das Gesetz eine Reihe von Empfehlungen, jedoch keine neuen Verpflichtungen. Der Zehn-Punkte-Plan enthält 96 Maßnahmen und basiert auf den drei Säulen der bayerischen Klimapolitik: Minderung des Treibhausgas-Ausstoßes, Anpassung an die Folgen des Klimawandels und verstärkte Forschung zu Umwelt- und Klimaschutz.

Anja Schuchardt

 

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