Europaausschüsse der Landesparlamente: Vorsitzende beschließen engere Verzahnung in der Europapolitik

16.12.2019

MÜNCHEN.
Im Dezember 2009, also vor genau 10 Jahren, trat der „Vertrag von Lissabon“ in Kraft. Mit ihm wurde erstmals anerkannt, dass auch die Landesparlamente an der EU-Rechtsetzung zu beteiligen sind. Welche Rolle spielen seither die deutschen Landtage in europäischen Fragen? Wie nutzen sie ihre Informations- und Beteiligungsrechte im europäischen Rechtsetzungsprozess? Bei einem „Gipfeltreffen der Europaausschussvorsitzenden“ der deutschen Länderparlamente, das Tobias Gotthardt, Bayerns Europaausschussvorsitzender initiiert hatte, tauschten Ausschussvorsitzende und Europa-Experten aus neun Bundesländern in München dazu ihre Erfahrungen aus und unterstrichen ihren Willen, die Zusammenarbeit zu intensivieren und zu verstetigen.

Per Resolution hielten die Teilnehmer fest, sich künftig auf Arbeitsebene im Rahmen einer regelmäßig tagenden, informellen „Konferenz der Europaausschussvorsitzenden der deutschen Landtage“ (EUROVORS) zusammenzuschließen. „Wir schaffen einen Mehrwert, wenn wir uns besser abstimmen, unsere Kräfte bündeln und in Brüssel mit einer Stimme sprechen“, zeigte sich Tobias Gotthardt überzeugt.

Zum Auftakt der Tagung in München hatte Erster Landtagsvizepräsident Karl Freller, in Stellvertretung von Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die Gäste aus Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt im Maximilianeum herzlich willkommen geheißen. Auch er hob die politische Gewichtung der Bundesländer – gemessen an deren Größe und Bevölkerungsstärke im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedsstaaten – hervor: „Es ist gerechtfertigt, dass sich die Länderparlamente formieren, um ihre regionalen Interessen zu artikulieren und auf europäischer Ebene einzubringen“, erklärte Freller.

Einig waren sich die Europapolitiker, dass die „Europakompetenz“ in den Landtagen gestärkt werden muss, damit die Länder auf europäischer Ebene aktiv mitgestalten können. Aktuell haben die Landtage bei der Kontrolle von EU-Gesetzesvorhaben nur jeweils acht Wochen Zeit, um auf mögliche Verletzungen ihrer Rechte hinzuweisen. Umso wichtiger sei es, so Tobias Gotthardt, dass die Landtage über das Vorgehen der anderen Landesparlamente Bescheid wüßten und sich – etwa über gemeinsame digitale Plattformen – abstimmten. Schließlich sei eine Subsidiaritätsfrage, die in einem Landtag aufgetaucht ist, meistens auch für die anderen interessant.

Bundesländer fordern aktiven Part
in der EU-Zukunftskonferenz

Mit Blick auf die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf den Weg gebrachten EU-Zukunftskonferenz fordern die Ausschussvorsitzenden einen aktiven Part der Bundesländer. Auch die deutsche Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 soll dazu genutzt werden, um die Regionen stärker in den Fokus der europäischen Öffentlichkeit zu rücken: „Wir sehen die Landtage und unsere Europaausschüsse als „lebendige Foren europäischer Bürgernähe“, heißt es dazu in der Resolution. Die Landtage seien ein essentielles Bindeglied zwischen den europäischen Institutionen und den Bürgern vor Ort; sie leisteten einen „wichtigen Beitrag zur Vermittlung europäischer Politik in unserem Lande“.



Schon Anfang März wollen die Ausschussvorsitzenden in Berlin wieder zusammentreffen, um ihre Position gegenüber Vertretern der Bundesregierung und Jörg Wojahn, dem neuen Vertreter der EU-Kommission in Deutschland, zu verdeutlichen. Geplant ist im neuen Jahr außerdem ein Treffen mit Vertretern der EU-Kommission in Brüssel.

Katja Helmö

Wortlaut der Gemeinsamen Resolution
der Europaausschussvorsitzenden:


„Wir, die Europaausschussvorsitzenden der Landtage, unterstreichen unseren erklärten Willen, unsere Zusammenarbeit über die Ländergrenzen hinweg weiter zu intensivieren und zu verstetigen.

Wir schaffen zu diesem Zweck die regelmäßig tagende, informelle „Konferenz der Europaausschussvorsitzenden der deutschen Landtage“ (EUROVORS)

Gemeinsames Ziel ist die Stärkung der Europakompetenz der Landesparlamente als wichtiger Bestandteil einer aktiven Subsidiarität in Europa. Wir fordern diese ein, wenn es um unsere formelle Beteiligung am europäischen Rechtsetzungsprozess sowie des Subsidiaritätsfrühwarnsystems geht.

Dem entsprechend fordern wir nachdrücklich eine Beteiligung der Landtage und anderer legislativer Landesparlamente in Europa im Rahmen der geplanten Konferenz zur Zukunft der EU.

Wir sehen die Landtage und unsere Ausschüsse als lebendige Foren europäischer Bürgernähe – bereit, einen wichtigen Beitrag zur Vermittlung europäischer Politik in unserem Land zu leisten.“

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