Demokratiereport Bayern 2025

Bevölkerungsstudie zur Demokratieeinstellung

Die Resilienz von Demokratien bildet ein zentrales Schlagwort der 2020er Jahre. Angetrieben werden entsprechende Debatten zur Widerstandsfähigkeit heutiger demokratischer Ordnungen durch die Sichtung multipler exogener Herausforderungen und Faktoren. Hierfür steht die gegenwärtige Vielzahl an komplexen Belastungen wie z.B. Fluchtbewegungen und Klimaveränderungen, ökonomische und technologische Umbrüche bis hin zu einem tiefgreifenden Medienwandel, aber auch sich in den letzten Jahren zuspitzende geo- und sicherheitspolitische Konflikte. Solche externen Dynamiken gehen zwangsläufig mit Stress für das Binnengefüge politischer Ordnungssysteme einher. Hiervon betroffen sind zentrale tragende Institutionen wie Parlamente, Parteien und Verwaltung. Berührt ist letztlich aber immer auch das Verhältnis von Bürger und Demokratie.

Vor diesem Hintergrund will der Demokratiereport Bayern für den Freistaat die Unterstützung der Demokratie durch die Bürgerinnen und Bürger genauer unter die Lupe nehmen. Das 2024 aufgelegte Projekt sieht konkret vor, politische und gesellschaftliche Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger im Bundesland regelmäßig zu analysieren. Ziel ist es, Stabilität wie Veränderung in den Perspektiven, Urteilen und Haltungen der bayerischen Wahlberechtigten zur Demokratie im Jahresabstand empirisch zu untersuchen, dabei aber auch jeweils aktuelle demokratierelevante Herausforderungen und Themen zu berücksichtigen. Mit dieser Absicht reiht sich der Demokratiereport Bayern ein in eine erst allmählich wachsende Zahl von Bevölkerungsstudien zur politischen Kultur speziell westdeutscher Bundesländer. Zwar liefern ebenso medienbeauftragte Meinungsumfragen in mehr oder minder kurzen Abständen wiederkehrend Bevölkerungsdaten. Jedoch klammert ihr Aktualitätsbezug häufig grundlegendere gesellschaftspolitische Fragestellungen wie die Untersuchung der Einstellungen zur Demokratie aus bzw. bearbeitet sie allenfalls punktuell. Studien wie der Demokratiereport Bayern helfen folglich mit, auf föderaler Ebene bestehende Erkenntnis-Lücken bei der empirischen Untersuchung von Bevölkerungs-Einstellungen kleiner werden zu lassen.

Informationen zur Studie

Der Zielsetzung entsprechend stehen im aktuellen Demokratiereport Bayern wie schon 2024 folgende thematische Aspekte im Vordergrund:

  • Haltungen zur Demokratie
  • Vertrauen in tragende Institutionen
  • Wahrgenommene Bedrohungen für die Demokratie

Nicht zuletzt angesichts sich radikal ändernder medialer Rahmenbedingungen für die politische Kommunikation widmet sich der Demokratiereport zudem erneut Aspekten der Meinungsbildung und der Formierung von Öffentlichkeit.

Daten-Basis des Demokratiereports Bayern bildet eine repräsentative Bevölkerungsbefragung im Freistaat. Nach einer ersten Erhebung im vergangenen Herbst hat der Bayerische Landtag infratest dimap mit einer Folge-Erhebung beauftragt. In deren Rahmen wurden vom 15. bis 30. September insgesamt 1.011 Wahlberechtigte im Freistaat telefonisch und online interviewt.

Der größere Teil des Fragebogens entspricht dem von 2024. Möglich wird damit ein Vergleich mit den vor einem Jahr erhobenen Befragungsdaten. Neu integriert wurden Fragestellungen zur Responsivität von Politik, zu einer stärkeren Medien-Regulierung im digitalen Bereich sowie zur affektiven Polarisierung in der bayerischen Bevölkerung.

Ergebnisse des Demokratiereports Bayern 2025

Der Demokratiereport 2025 bestätigt eine Reihe von Befunden des Vorjahres. Er liefert damit abermals ein ambivalentes Bild. Erneut positiv stimmen kann, dass die übergroße Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Bayern ein Leben unter demokratischen Rahmenbedingungen sowie die Demokratie als Idee, Herrschafts- und Ordnungskonzept schätzt. Wohlwollend zu bewerten ist ebenso, dass das Funktionieren der Demokratie im Freistaat nach wie vor mehrheitlich und dabei zugleich deutlich stärker als im Bund überzeugt. Hilfreich dürfte dabei sein, dass landespolitische Diskurse im Freistaat einer Mehrheit als rückgekoppelt gelten, d.h. die den Bürgerinnen und Bürgern wichtigen Themen in der Wahrnehmung der Wahlberechtigten tatsächlich Berücksichtigung finden. Dass nur eine überschaubare Zahl den Drang verspürt, Personen mit anderen politischen Meinungen aus ihrem persönlichen Umfeld auszuklammern, wirkt zugleich beruhigend: Das Gros der Bayern zeigt sich im Jahr 2025 politisch tolerant, was auf eine fortbestehende Stabilität diskursiver Brücken zwischen Bürgerinnen und Bürgern hoffen lässt.

Negativ heraus sticht zweifellos, dass einige Urteile kritischer ausfallen als im Vorjahr. Das Funktionieren der Demokratie im Freistaat wird zwar von einer Mehrheit positiv bewertet, aber eben doch leicht schwächer als zuletzt. Damit einher geht ein Vertrauensrückgang für bayerische Kerninstitutionen. Dass hiervon insbesondere der Landtag betroffen ist, gilt es im Blick zu behalten, auch wenn sich hierhinter auch bei ihm in erster Linie eine Bewertungsschwäche statt ein Zuwachs an Misstrauen verbirgt. Zu den weniger positiven Befunden gehört der nach wie vor skeptischere Blick auf die Gegebenheiten im Bund. Vier von zehn Bayern und damit nur unwesentlich weniger als im vergangenen Herbst hadern auch nach der Bundestagswahl mit der Demokratiepraxis in Berlin. Für die Hälfte der Bayern gehen die Debatten im Bund an den wichtigen Themen der Bürger vorbei.

Mehrheit sieht keine akute Bestandsgefährdungen für die Demokratie

Trotz rückläufiger Zufriedenheits- und Vertrauensniveaus liefert der Demokratiereport 2025 keinen Grund für Alarmismus. Auch sieht die Mehrheit der Bürger weiterhin keine Hinweise für akute Bestandsgefährdungen der demokratischen Verhältnisse im Freistaat. Gefährdungsquellen machen sie erneut im politischen Extremismus aus, vermehrt aber auch in ausbleibenden Lösungen politischer Probleme, in Bedrohungen von außen sowie überzogenen Grenzziehungen für politische Meinungen und Haltungen. Risiken für die politischen Debatten sehen sie wiederum in erster Linie in Hass und Hetze, manipulierten Informationen sowie Beleidigungen und damit in Phänomenen, die nicht nur, aber besonders politische Diskurse im digitalen Raum prägen. Entsprechend offen zeigt sich die Mehrheit der bayerischen Bürger für Regulierungsinitiativen wie der aktuell debattierten Klarnamens-Pflicht. Einen generellen Freibrief für stärkere Regulierungen von Netz-Debatten geben sie der Politik damit jedoch nicht.

Die Resultate im Einzelnen

Haltungen zur Demokratie

Ein zentraler Befund aus dem Report des vergangenen Jahres wird auch 2025 bestätigt: die beeindruckend grundsätzliche Unterstützung für die demokratische Ordnung. Weiterhin ist es gut acht von zehn Bayern (83 Prozent; +/-0) sehr wichtig, demokratisch regiert zu werden, weiteren 15 Prozent (+2) ist es wichtig. Nur ein verschwindend geringer Anteil von 2 Prozent im Freistaat stuft den politischen Herrschaftsrahmen als für sich persönlich unbedeutend ein.

Hiermit korrespondierend fällt auch die Wertschätzung für die Demokratie als Staatsform abermals groß aus. Mit faktisch identischen Werten zu 2024 gilt die Demokratie bei gut neun von zehn bayerischen Wahlberechtigten (94 Prozent; +1) als gute Form des Regierens. Für lediglich eine kleine Minderheit von 5 Prozent (+1) ist sie dies nicht.

Die abstrakte Unterstützung für die Demokratie als Staatsform durch die Bürgerinnen und Bürger bewegt sich im Freistaat somit auch 2025 auf hohem Niveau, und zwar über alle Bevölkerungsgruppen hinweg. Belege dafür, dass sie sich grundsätzlich von der Demokratie als Idee entfernen oder abwenden würden, liegen abermals nicht vor. Auch die Bewertung der demokratischen Praxis, die sich stärker an der konkreten Performanz von Parlament, Regierung, Parteien und tragenden Institutionen orientiert, signalisiert keine grundlegend qualitative Stimmungsveränderung im Bundesland: Zur Art und Weise, wie die Demokratie in Bayern und im Bund funktioniert, äußert sich weiterhin jeweils eine deutliche Mehrheit positiv: Mit dem Funktionieren der Demokratie im Freistaat sind aktuell gut sieben von zehn (71 Prozent; -5) zufrieden. Zur Demokratie-Praxis im Bund äußern sich sechs von zehn Bayern (61 Prozent; +4) wohlwollend.

Zugleich zeigen sich graduelle Veränderungen im Bevölkerungsurteil. Offenbar als Ausfluss des Bundestagswahlergebnisses und des daran gekoppelten Berliner Regierungswechsels wird die Ausgestaltung der bundesdeutschen Demokratie von den bayerischen Wahlberechtigten aktuell geringfügig besser bewertet als im Herbst 2024. Korrespondierend mit Befragungsdaten aus anderen Bundesländern tun sich die landespolitischen Akteure im Urteil der Bürgerinnen und Bürger auch in Bayern allerdings schwerer als im vergangenen Jahr. So weist die Zufriedenheitskurve für das Funktionieren der bayerischen Demokratie leicht nach unten. Trotz dieser gegensätzlichen Bewegungen im Jahresverlauf stehen die Bürgerinnen und Bürgern des Freistaates der bayerischen Demokratie weiterhin erkennbar näher als der Demokratie auf der höher gelegenen bundespolitischen Ebene.

Anknüpfend an die Studie des vergangenen Jahres wird im Demokratiereport 2025 über die Kombination von genereller und konkreter Demokratie-Unterstützung eine einfache Typologie mit insgesamt vier Einstellungstypen erstellt.

  • Demnach gilt als „Entfremdeter“, wer eine grundsätzlich kritische Haltung sowohl zur Demokratie als Staatsform als auch zur demokratischen Systemperformanz einnimmt.
  • Ihm gegenüber steht der „zufriedene Demokrat“ mit positiven Wertungen für beide Dimensionen.
  • Der „kritische Demokrat“ hadert zwar nicht mit der Demokratie als Idee, wohl aber mit der konkreten Umsetzung in der politischen Praxis.
  • Der „Gleichgültige“ schließlich beurteilt das Funktionieren der Demokratie wohlwollend, kann dennoch der Demokratie als Ordnungsform nur wenig abgewinnen.

Die Einstellungsveränderungen gegenüber 2024 in der Bewertung der bayerischen Demokratie-Praxis ziehen leicht geänderte Größenverhältnisse zwischen einzelnen Unterstützer-Typen nach sich.4 Die „zufriedenen Demokraten“ stellen im Freistaat mit 69 Prozent (-4) abermals die mit Abstand größte Gruppe, allerdings fällt ihr Umfang kleiner aus als vor einem Jahr. Unverändert Randgruppen repräsentieren die systemkritischen „Entfremdeten“ und die „Indifferenten“ in unserer Typologie mit 3 (+/-0) bzw. 2 Prozent (+/-0) im Freistaat. Weniger marginal ist die von und als „kritische Demokraten“ bezeichneten Personengruppe: Der Anteil dieses Kreises, der die Demokratie im Grundsatz wertschätzt, aber mit der konkreten aktuellen Ausgestaltung und dem Funktionieren in Bayern unzufrieden ist, legt zum Vorjahr zu und umfasst aktuell ein knappes Viertel (24 Prozent; +5).

Institutionenvertrauen

Maßgeblich für die Gesamtunterstützung politischer Ordnungen, einschließlich ihrer funktionalen Wahrnehmung ist nicht zuletzt das Vertrauen in zentrale politische und gesellschaftliche Kerninstitutionen. Insofern liegt es innerhalb des Erwartungsrahmens, dass sich mit der leicht rückläufigen Zufriedenheit mit der bayerischen Demokratie und der größer gewordenen Gruppe der „kritischen Demokraten“ auch die Vertrauensbilanz für die bayerischen Institutionen eingetrübt hat.

Während die Parteien faktisch auf ihrem niedrigen Vorjahres-Niveau verharren, bleiben alle anderen abgefragten Institutionen hinter den Vertrauenswerten von 2024 zurück. Betroffen ist hiervon vor allem das bayerische Landesparlament. Allerdings drückt dies weniger einen deutlichen Misstrauenszuwachs als vielmehr eine größere Zurückhaltung in der Bewertung des Landtages aus. Ein Phänomen, das mit Ausnahme der Polizei für alle abgefragten Landesinstitutionen gilt.

An der im vergangenen Jahr auch für Bayern offengelegten Vertrauenshierarchie zwischen regulativ-administrativen, dem politischen Parteienwettbewerb entzogenen Institutionen auf der einen und politisch-repräsentativen bzw. parteienstaatlich geprägten Institutionen auf der anderen Seite haben diese Verschiebungen nichts geändert: Polizei (83 Prozent; -4), kommunale Stadt- und Gemeindeverwaltungen (70 Prozent; -2) sowie die Justiz (65 Prozent; -4) ragen als Institutionen mit überdurchschnittlich hohem Vertrauen abermals heraus. Der Bayerische Landtag führt wie 2024 die Liste der politiknahen Institutionen an und gilt mehr als jedem Zweiten (52 Prozent; -8) als vertrauenswürdig. Dahinter folgt die bayerische Staatsregierung, der etwas weniger als die Hälfte (46 Prozent; -4) sehr großes bzw. großes Vertrauen entgegenbringt. Schlusslicht bilden wie gehabt die politischen Parteien mit 35 Prozent (+1).

Die Verbindung zwischen Demokratiezufriedenheit und Institutionenvertrauen zeigt sich ganz unmittelbar im unterschiedlichen Rückhalt, den die abgefragten Institutionen in den eingangs unterschiedenen Unterstützungs-Typen erzielen. Diejenigen, die nur ein geringes Vertrauen in die bestehenden Institutionen aufweisen, sind auch weniger zufrieden mit der Demokratie und umgekehrt: Die „zufriedenen Demokraten“ bringen den sechs abgefragten Institutionen das größte Vertrauen entgegen. Ihre mehrheitlich positive Vertrauensbilanz umfasst wie gehabt alle abgefragten Institutionen, mit Ausnahme der politischen Parteien. Ihnen gegenüber stehen die randständigen Gruppen der „Entfremdeten“ bzw. „Gleichgültigen“, die für alle Bereiche das geringste Institutionenvertrauen aufweisen und zudem mit Ausnahme der Polizei mehrheitlich allen Institutionen misstrauen. Das Vertrauensniveau der „kritischen Demokraten“ liegt dazwischen. Mehrheitlich bringen auch sie allerdings nur politisch neutralen Institutionen Vertrauen entgegen, nämlich Polizei und Verwaltung. Ihre Unzufriedenheit mit der bayerischen Demokratie-Praxis ist somit nicht auf politiknahe Institutionen begrenzt, sondern reicht weiter.

Responsivität politischer Debatten

Als eine zentrale Säule des Vertrauens in repräsentativ-demokratische Ordnungen gilt die Rückkoppelung ihrer Institutionen an die Bedürfnisse, Themen und Meinungen der Bevölkerung. Zeigen sich die in der politischen Meinungsbildung beteiligten Akteure aus Politik, Medien und Gesellschaft offen und fähig, entsprechende Wünsche und Interessen aufzunehmen, stärkt dies nicht nur das Repräsentationsgefühl der Bürgerinnen und Bürger, die Legitimität politischer Entscheidungen, sondern auch die Demokratiezufriedenheit. Eine solche Responsivität politischer Diskussionen und nachgelagerter Entscheidungen ermöglicht es Demokratien zudem, anpassungs- und lernfähig zu bleiben.

Mit Blick auf landespolitische Debatten in Bayern überwiegt die Ansicht, dass die den Bürgern wichtigen Themen durchaus Berücksichtigung finden. Immerhin gut sechs von zehn (62 Prozent) äußern sich entsprechend, ein substanzieller Anteil eines guten Drittels (35 Prozent) beklagt jedoch Rückkoppelungsschwächen. Korrespondierend mit der im Vergleich geringeren Demokratiezufriedenheit auf bundespolitischer Ebene fällt das Urteil für den Bund weniger positiv aus. Dass sich die politischen Debatten in Berlin mit Themen beschäftigen, die der Bevölkerung wichtig sind, unterstreicht im Freistaat nur etwa jeder Zweite (49 Prozent), während es genauso viele (48 Prozent) infrage stellen. Das Antwortverhalten der eingangs unterschiedenen Unterstützer-Typen belegt den engen Zusammenhang zwischen Responsivitäts-Urteil und Demokratiezufriedenheit: Während unter den „zufriedenen Demokraten“ mehrheitlich sowohl landes- wie bundespolitische Debatten als rückgekoppelt gelten, betont die Mehrheit der „kritischen Demokraten“ ebenen-unabhängig, d.h. für Landes- wie Bundespolitik einen schwachen bzw. fehlenden Bezug zu zentralen Themen der Bürgerinnen und Bürger

Ausgewogenheit von Medien-Angeboten

Als sogenannte “vierte Gewalt” gehören die Medien ebenfalls zu den zentralen Institutionen in demokratischen Systemen. Neben ihrer Kontroll- und Kritikfunktion gegenüber der Politik und anderen gesellschaftlichen Institutionen kommt ihnen u.a. die Aufgabe zu, öffentliche Debatten zu strukturieren sowie Zugang zu unterschiedlichen Informationen und Meinungen zu ermöglichen. Die Abbildung unterschiedlicher Meinungen, Interessen und Weltbilder gelingt den Medien aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger unterschiedlich gut. Von den etablierten Massenmedien gelten wie schon im Demokratiereport 2024 einerseits die auf Binnenpluralität verpflichteten öffentlichen Medien, andererseits die Tageszeitungen, jeweils einschließlich ihrer digitalen Formate einer Mehrheit als Quellen ausgewogener politischer Information.

Gut sechs von zehn Bürgerinnen und Bürgern im Freistaat attestieren dem öffentlichrechtlichen Rundfunk (64 Prozent; -3), etwa ebenso viele den Tageszeitungen (62 Prozent; -3) eine ausgewogene Berichterstattung. Jeweils etwa drei von zehn stellen deren Ausgewogenheit in Frage. Skeptischer fällt wie gehabt die Sicht auf private Fernseh- und Radioangebote aus. Für sie halten sich positive (42 Prozent; -2) und negative Wertungen (46 Prozent; +4) wie im vergangenen Jahr in etwa die Waage. Schlusslicht in der Beurteilung bleiben Boulevard-Angebote, deren Ausgewogenheit im Freistaat von 70 Prozent (+3) infrage gestellt wird. Im Vergleich zur Vorjahreserhebung geht das Vertrauen in die Ausgewogenheit der medialen Berichterstattung leicht zurück. Betroffen sind hiervon nicht nur öffentlich-rechtliche Medienangebote, denen eine besondere Verantwortung für die Meinungsbildung zugewiesen wird und die deshalb auch unter besonderer Beobachtung stehen, sondern auch Printmedien, private TV- und Radio-Angebote sowie die Boulevard-Medien.

Die sichtbare Institutionen-Skepsis von Personen, die mit der Demokratie-Realität unzufrieden sind, zielt auch auf die etablierten Massenmedien. Unzufriedene verbinden mit ihnen durchweg seltener eine ausgewogene Berichterstattung. Von denjenigen, die die Demokratie im Grundsatz wertschätzen, aber mit der konkreten aktuellen Ausgestaltung und dem Funktionieren hadern, werfen jeweils gut die Hälfte dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (56 Prozent), privaten TV- und Radio-Mediangeboten (57 Prozent) und auch Tageszeitungen (52 Prozent) eine nicht ausbalancierte Berichterstattung vor. Diese Skepsis schlägt sich offensichtlich auch in der Mediennutzung wieder: Fernsehen, Radio und Print nutzen Demokratie-Unzufriedene weniger intensiv zur politischen Information als der Bevölkerungsschnitt, Nachrichtenwebsites und Social Media-Angebote dagegen stärker.

Politische Mediennutzung

Etablierte Medienangebote stehen seit geraumer Zeit nicht nur wegen der Skepsis eines substanziellen Teils der Bevölkerung, sondern auch aufgrund von technologischen Umbrüchen vor großen Herausforderungen. Die Befunde des Demokratiereports von 2024 zeigten für die Mediennutzung auch in Bayern, dass Radio und Fernsehen für die Bürgerinnen und Bürger immer noch Leitmedien darstellen, wenn es um politische Informationen geht, sich digitale Zugänge aber längst einen sichtbaren Stellenwert erobert haben.

Diese Erkenntnisse werden im aktuellen Demokratiereport 2025 nochmals bestätigt. Um sich über das politische Geschehen im Freistaat zu informieren, nutzt etwa die Hälfte der bayerischen Wahlberechtigten nach eigenen Angaben täglich Fernsehen (51 Prozent; +/-0) und Radio (50 Prozent; -4). Dahinter folgen mit etwas Abstand inzwischen InternetNachrichtenwebsites mit 34 Prozent (+2), noch vor gedruckten Zeitungen und Zeitschriften (29 Prozent; -5), die jeweils von etwa drei von zehn täglich gelesen werden. Der tägliche Zugriff auf Nachrichten und politische Beiträge in sozialen Netzwerken wie Youtube, Facebook, X, Instagram oder Tiktok wird von jedem fünften bayerischen Wahlberechtigten (21 Prozent; +3) berichtet, jeder Zehnte (10 Prozent; -3) nimmt hierfür entsprechende Angebote in Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Telegram wahr. Die aktuell erhobenen Nutzungsbefunde unterscheiden sich nicht wesentlich von denen des Vorjahres. Verluste verzeichnet allerdings der Print-Bereich in der täglichen Nutzung. Ihm gegenüber stehen leichtere Zugewinne wiederum für soziale Medien und Online-Angebote.

Treiber eine stärker digitalen Mediennutzung bleiben die Jungen, aber sie sind es längst nicht mehr allein: Stehen bei der täglichen Mediennutzung der über 65-Jährigen Fernsehen (82 Prozent), Radio (61 Prozent) und Print (56 Prozent) weiterhin mit großem Abstand an erster Stelle, sind es bei den 18- bis 35-Jährigen Social Media-Angebote (38 Prozent), gefolgt von Internet-Nachrichten-Websites bzw. Online-Blogs (29 Prozent). Das Radio spielt bei den Jüngeren in der täglichen Information nur noch für jeden Vierten (23 Prozent) eine Rolle, das Fernsehen nur für jeden Sechsten (18 Prozent). Printmedien werden in dieser Altersgruppe dagegen nicht einmal mehr von jedem Zehnten (6 Prozent) täglich genutzt. Digitale Angebote prägen mittlerweile sichtbar aber auch das politische Informationsverhalten der mittleren Altersgruppen. Der Zugriff auf Internet-NachrichtenWebsites bzw. Online-Blogs hat bei den 35- bis 64-Jährigen den täglichen Griff zur gedruckten Zeitung ebenfalls hinter sich gelassen, bei den 35- bis 49-Jährigen auch das klassische Fernsehen.

Gewährleistung der Meinungsfreiheit

Eine Grundvoraussetzung dafür, dass in die politischen Debatten Präferenzen, Interessen und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger eingespeist werden können, ist wiederum die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung. Seit geraumer Zeit werden nicht nur in Deutschland Zweifel am Erfüllungsgrad von Meinungsfreiheiten geäußert, wobei konkrete rechtliche oder regulative Einschränkungen bestimmend sind, sondern vielmehr politische und sozial-normative Grenzziehungen für Themen, Positionen, aber auch für einzelne Semantiken im Vordergrund stehen.

Ungeachtet entsprechender Kontroversen hatte der Demokratiereport 2024 den Befund geliefert, dass eine Mehrheit im Freistaat die Meinungsfreiheit als gewährleistet ansieht. Diese Wahrnehmung besteht fort. Wie im vergangenen Jahr teilt in Bayern ein Drittel (34 Prozent; +/-0) vollumfänglich die Ansicht, wonach man in Deutschland seine Meinung auch jenseits bestehender Mehrheitspositionen frei formulieren kann. Für ein weiteres Drittel (33 Prozent; -2) ist diese Möglichkeit zumindest in der Tendenz gegeben. Damit gelangen wie gehabt zwei von drei Bayern (67 Prozent) zu einem positiven Urteil, was die Erfüllung der Meinungsfreiheit anbetrifft. Ein sichtbarer und gegenüber dem Vorjahr leicht gewachsener Anteil von einem knappen Drittel (32 Prozent; +2) sieht allerdings wenig (25 Prozent; +2) oder keinen Raum (7 Prozent; +/-0) für freie Meinungsäußerungen.

Der subjektive Eindruck beschränkter Meinungsfreiheit geht dabei theoriekonform mit einer kritischen Sicht auf die Rückkoppelung bestehender politischer Debatten einher, beeinträchtigt aber auch die Zufriedenheit mit der Demokratie insgesamt: Personen, die die Meinungsfreiheit nicht adäquat umgesetzt sehen, zweifeln sichtbar an der Responsivität politischer Debatten im Land (51 Prozent), noch mehr im Bund (74 Prozent). Zugleich blicken sie kritisch auf das aktuelle Funktionieren der Demokratie auf der Landes- (55 Prozent), vor allem aber der Bundesebene (70 Prozent).

Gefährdungen politischer Debatten

Der Grad der Inklusivität von Meinungen, Interessen und Bedürfnissen ist ein Qualitätsmerkmal politischer Debatten. Mindestens ebenso wichtig aber ist die Art und Weise, wie diese Diskussionen geführt werden. Mit Blick auf eine an Offenheit und Fairness orientierte Debattenkultur machen die bayerischen Bürgerinnen und Bürger aktuelle Gefährdungen vor allem an drei Dingen fest: der Verbreitung von Hass und Hetze (71 Prozent), der Lancierung von Falschinformationen (69 Prozent) sowie dem diskursiven Einsatz von Beleidigungen und Bedrohungen (55 Prozent). Aspekte, die jeweils Mehrheiten der Wahlberechtigten in den Vordergrund stellen. Vier von zehn Bayern benennen in diesem Zusammenhang aber auch die Tabuisierung von Themen (43 Prozent) bzw. übertriebene Empörung (38 Prozent). Während jeder Dritte (33 Prozent) auf moralische Belehrungen verweist, streicht jeder Fünfte (21 Prozent) politische Korrektheit als große Gefahr für heutige politische Diskussionen heraus.

Affektive Polarisierung

Als zentrale Herausforderungen sowohl für die Offenheit politischer Diskurse als auch für die Fairness und Rationalität in der Debattenführung gelten heutzutage emotionale Feindseligkeiten zwischen Anhängerinnen und Anhängern unterschiedlicher politischer Anschauungen und Positionen, also Prozesse der affektiven Polarisierung in der Gesellschaft. Beeinträchtigt ist hiervon nicht nur der horizontale Austausch zwischen den Bürgerinnen und Bürgern aufgrund des Abbaus kommunikativer Brücken. Es macht Wahlberechtigte zudem potenziell anfälliger für die Ansprache durch Diskurs-Teilnehmer mit einer Spaltungs-Agenda.

Vor diesem Hintergrund sucht der Demokratiereport 2025 nach möglichen Hinweisen für eine affektive Polarisierung auch in der bayerischen Bevölkerung. Hierzu wurde zunächst die individuelle Bedeutung eines politisch möglichst homogenen Lebensumfeldes erhoben. Eine große Mehrheit von 61 Prozent legt hierauf offensichtlich keinen überragenden Wert. Zumindest ein substanzieller Anteil von 36 Prozent im Freistaat aber bekennt, ihnen sei es wichtig, dass die Menschen im eigenen privaten und beruflichen Umfeld politisch ähnlich denken wie sie selbst. Dieser Wunsch drückt nicht automatisch negative Gefühle im Sinne von Misstrauen, Abneigung bis hin zu Feindschaft gegenüber anderen aus. Hierzu wurde in einem zweiten Schritt nach einer präferierten Begrenzung des persönlichen Umgangs gefragt: Die Gruppe derer, die möglichst wenig mit politisch Andersdenkenden zu tun haben und diese aus dem eigenen Umfeld ausklammern wollen, ist im Freistaat erwartungsgemäß wesentlich kleiner als der Kreis derer, der ein homogenes politisches Umfeld favorisiert. 17 Prozent verspüren entsprechende Neigungen, drei von vier dagegen nicht. Wie sich diese allgemeinen Zahlen in Bezug auf Andersdenkende mit einem bestimmten Themen- oder auch Parteienhintergrund konkretisieren, muss an dieser Stelle offenbleiben.

Regulierungsversuche von Netzplattformen

Die öffentliche Klage über eine abnehmende Qualität der politischen Debattenkultur verbindet sich insbesondere mit der Etablierung von digitalen Netzwerkplattformen. Entsprechend sind Regulierungsversuche seit längerem Bestandteil der medienpolitischen Agenda. Ein konkreter aktueller Vorstoß betrifft die Einführung einer sogenannten Klarnamens-Pflicht für soziale Netzwerke, bei der die Nutzer verpflichtet wären, in der Anwendung digitaler Plattformen ihren tatsächlichen Namen sichtbar zu machen. Entsprechende Pläne finden in Bayern mehrheitlich Rückhalt: Knapp zwei Drittel (64 Prozent) sprechen sich aktuell dafür, 26 Prozent dagegen aus. Die Unterstützung für eine derartige Klarnamens-Pflicht überwiegt in allen Bevölkerungsteilgruppen. Dies gilt auch für die digital-affinen Jüngeren, wenngleich der Zuspruch dort weniger stark dominiert (48:39 Prozent) als im Bevölkerungsschnitt.

Dass sich eine Mehrheit im Freistaat generell offen zeigt, digitale Meinungsäußerungen gesetzlich zu begrenzen, kann zugleich aus diesem Befund nicht abgeleitet werden. Die Hälfte (49 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat spricht sich zwar für künftig mehr gesetzliche Beschränkungen aus, um Phänomenen wie Hassrede oder der Verbreitung von Falschinformationen entgegenzutreten. Kaum minder viele (46 Prozent) aber plädieren dafür, es beim bestehenden Regulierungsstand zu belassen (33 Prozent) bzw. vorhandene gesetzliche Beschränkungen wieder zu lockern (13 Prozent). Interessanterweise zieht sich dieser Befund durch fast alle Bevölkerungsteilgruppen. Wer allerdings bereits aktuell an der Gewährleistung von Meinungsfreiheiten zweifelt, steht weiteren Regulierungsversuchen erkennbar weniger offen gegenüber.

Gefährdungen für die bayerische Demokratie: die Sicht der Bürger

Der Blick auf das Verhältnis von Bürgen und Demokratie zeigt gegenüber 2024 für verschiedene Indikatoren regressive Trends. Hierin bereits eine bedrohliche Dynamik zu erkennen, wäre angesichts der geltenden Zufriedenheits- und Vertrauensniveaus und ihres alles in allem moderaten Veränderungsumfangs jedoch nicht gerechtfertigt und zu weit gegriffen.

Dies entspräche auch nicht der Risikowahrnehmung der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat selbst: Akute bestandsgefährdenden Entwicklungen für die bayerische Demokratie bestehen für eine Mehrheit weiterhin nicht. Sechs von zehn (59 Prozent; -2) sehen die Demokratie im Freistaat allenfalls wenig oder auch gar nicht bedroht.

Worin bestehen aus Sicht der Bayern am ehesten Gefährdungsquellen für die Demokratie im Bundesland? Die offene, ohne Antwortvorgabe gestellte Frage legt hier abermals eine große Bandbreite wahrgenommener Bedenken offen. Dennoch ragen bei den ungestützten Antworten erneut Nennungen etwas stärker hervor, die eine Demokratiegefährdung vor allem mit der AfD in Verbindung bringen. Unverändert jeder vierte Befragte (24 Prozent; +/-0) äußert sich entsprechend. Zugleich sieht wie gehabt etwa jeder Siebte (15 Prozent; +1) explizit in rechtem politischem Extremismus eine bedeutsame aktuelle Gefährdungsquelle für die bayerische Demokratie. Hinzu kommen weitere 6 Prozent (+/-0), die im politischen Extremismus generell Bedrohungen ausmachen. Während Migration mit 10 Prozent (-6) seltener thematisiert wird als 2024, haben allgemeine Problemlösungsdefizite und politische Output-Schwächen mit 7 Prozent (+3) der Nennungen einen etwas größeren Stellenwert als zuletzt. Ebenso vermehrt genannt werden mit 6 Prozent (+4) Demokratie-Bedrohungen durch außenpolitische Konflikte.

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