Die Schotten und der Brexit - Ilse Aigner informiert sich in Edinburgh

Bayerns Landtagspräsidentin besucht schottisches Parlament

Sonntag, 27.10.2019


München/ Edinburgh - Ein schottischer TV-Journalist beschrieb die Lage kürzlich wie folgt: "Mit dem Brexit ist das so wie mit dem Monster von Loch Ness: Jeder glaubt zu wissen, wie es aussieht, niemand weiß aber wirklich, wie es ist, denn niemand hat es bis jetzt wirklich gesehen." - Fast könnte man meinen: typisch schottischer Humor. Doch für viele Schotten ist der Austritt Großbritanniens aus der EU durchaus ein ungewolltes, unkalkulierbares Monster.

Beim Brexit-Referendum 2016 stimmte eine deutliche Mehrheit der Schotten (62 Prozent) für einen Verbleib in der EU. Jetzt sieht es so aus, als müssten die Schotten gegen ihren Willen zusammen mit dem Rest des Vereinigten Königreichs die EU verlassen. Am 25. Juni 2016 beschloss die schottische Regierung als Reaktion auf die Brexit-Abstimmung ein erneutes Unabhängigkeits-Referendum vorzubereiten.

2014 gab es bei einer Volksabstimmung für die Unabhängigkeit Schottlands noch keine Mehrheit. „Das ist besonders bitter, weil damals viele Schotten gegen ihre Unabhängigkeit stimmten, um in der EU bleiben zu können“, sagt Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner.

In Edinburgh will sich die Landtagspräsidentin nun über den Handlungsspielraum der schottischen Regionalregierung und über die Rolle des schottischen Parlaments in dieser entscheidenden Phase informieren. Am Montag, dem 28. Oktober, trifft sie zu einem Arbeitsgespräch mit Parlamentspräsident („Presiding Officer“) Kenneth Macintosh zusammen. Verfassungsrechtlich ist ein erneutes Unabhängigkeits-Referendum kompliziert. Das Parlament in London müsste den Weg dafür freigeben – oder möglicherweise die Gerichte. Geht es nach Schottlands First Minister Nicola Sturgeon, so sollen die Schotten bereits 2020 erneut über ihre Unabhängigkeit abstimmen.

Das schottische Parlament gibt es in dieser Form erst seit 1999 – nachdem sich die Schotten im „Scotland Act“ eine Teilautonomie erkämpft hatten und sich für verschiedene Politikfelder Gesetzgeberkompetenzen aus London zurückholten. Bei der Neugründung des Parlaments in Edinburgh war die Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags die Vorlage für die eigene Geschäftsordnung. Bayerns Landtagspräsident Böhm reiste im Mai 1998 mit dem Präsidium nach Schottland und war bei der Konstituierung des schottischen Parlaments 1999 als einziger Vertreter der deutschen Länderparlamente anwesend.

Bayern und Schottland pflegen seitdem eine enge Verbindung. 2003 wurde zwischen beiden Regionen eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet – initiiert vom damaligen Europa-Minister Reinhold Bocklet. In Ergänzung und in Bezug auf diese Absichtserklärung unterzeichneten Ilse Aigner (als bayerische Wirtschaftsministerin) und First Minister Nicola Sturgeon am 24. März 2017 eine gemeinsame Erklärung zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit. In Schottland besteht eine hohe Wertschätzung für Bayern und die bayerischen Unternehmen.

„Das schottische Volk soll sich auch unserer Wertschätzung sicher sein und sich weiter auf die bayerischen Partner in Politik und Wirtschaft verlassen können. Die Schotten sind wie wir Bayern in ihren Herzen überzeugte Europäer – daran ändert auch ein Brexit nichts“, lautet Ilse Aigners Botschaft.

-em

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