75 Jahre Verfassungskonvent von Herrenchiemsee

Festakt mit Bundespräsident, Landtagspräsidentin und Ministerpräsident im Neuen Schloss

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10. August 2023

MÜNCHEN/HERRENCHIEMSEE.   Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Ministerpräsident Dr. Markus Söder haben in einem Festakt im Neuen Schloss auf der Herreninsel an den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vor 75 Jahren erinnert. Am Vormittag eröffneten sie gemeinsam im Alten Schloss die von der Bayerischen Schlösserverwaltung zusammen mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung neu konzipierte Ausstellung Der Wille zu Freiheit und Demokratie. Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee 1948“. Die Feierstunde im Spiegelsaal des Neuen Schlosses wurde live im Bayerischen Fernsehen übertragen.

Landtagspräsidentin Ilse Aigner betonte in ihrer Rede beim Festakt: „Herrenchiemsee ist angesichts der historischen Leistungen für die Konstituierung Deutschlands eine große und würdige Kulisse. Wir sind hier und vergewissern uns unserer Wurzeln, mit denen es unser Land zu mancher Blüte gebracht hat. Ja, darauf können wir mit Stolz schauen. Denn über die Jahrzehnte haben wir es gut gemacht!“

Die Präsidentin ging auch auf die Angriffe auf die demokratische Kultur und die demokratischen Institutionen ein und mahnte: „In einer ernsten Lage, in der alle aufgerufen sind, das Land zusammenzuhalten, ist das Schüren von Wut brandgefährlich. Zumal sich diese Wut oft gegen Minderheiten wendet. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat festgestellt, dass die Menschenwürde ganzer Personenkreise vermehrt durch Vertreter einer Partei verletzt wird. Etwa, indem Verschwörungstheorien bedient werden. Mit Hass und Hetze. Ich teile die Einordnung: Das sind verfassungsfeindliche Bestrebungen.“

In Würdigung der Staatsverfassung in Deutschland unterstrich Aigner: „Ich glaube fest an unsere Demokratie, weil sie von Gewaltenteilung, von Vielfalt und von Zusammenhalt lebt. Und weil diese Demokratie gelebt wird von einer breiten Mehrheit, die nicht aufgewiegelt werden, sondern lieber verstehen will. Die bloße Stimmungsmache nicht gut findet, sondern auch schwierige Probleme gelöst sehen will. Und die in Spaltung keinen Mehrwert erkennen kann, sondern auf Gewinnen durch Zusammenhalt setzt.“

Mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst sagte die Landtagspräsidentin: „Die höchste Hürde, die vor den Missbrauch demokratischer Freiheit gesetzt werden kann, haben die Bürgerinnen und Bürger selbst in der Hand. Wir können sehr viel dafür tun, um die Demokratie zu verteidigen. Wir in Deutschland haben die Wahl – und wir in Bayern sogar schon am 8. Oktober.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier lobte in seiner Festansprache die historische Leistung des Verfassungskonvents von Herrenchiemsee: "Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee ist unter den wirklich wichtigen Momenten in der Geschichte der deutschen Demokratie möglicherweise einer der unbekanntesten. Dabei ist er einer der ohne Zweifel bedeutendsten. Man kann fast sagen, seine Bedeutung steht in umgekehrtem Verhältnis zu seiner Bekanntheit."

Steinmeier rief zudem zur Verteidigung der Demokratie auf: "Wir alle haben es in der Hand, die Verächter unserer Demokratie in die Schranken zu weisen. Und wir alle, jede Politikerin und jeder Politiker, aber eben auch jede Bürgerin und jeder Bürger, wir alle haben eine gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie. Wir müssen sie schützen! Kein mündiger Wähler kann sich auf mildernde Umstände herausreden, wenn er sehenden Auges politische Kräfte stärkt, die zur Verrohung unserer Gesellschaft und zur Aushöhlung der freiheitlichen Demokratie beitragen."

Ministerpräsident Dr. Markus Söder betonte in seiner Ansprache: "Diese Verfassung hat immer dazu geführt, dass wir die Krisen gut gemeistert haben. Wir sollten diese Verfassung wirklich mehr feiern!" Auch der Ministerpräsident ging auf die zunehmenden Angriffe auf die Demokratie ein und unterstrich: "Diese Veränderung, die wir alle spüren, muss uns Anlass geben, Stärke zu zeigen. Der Grundsatz in der Demokratie heißt Freiheit, aber er heißt auch: Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!"

Mit Blick auf die deutsche Geschichte und insbesondere die Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus sagte Söder: "Dieser Tag ist ein Stück weit auch Navigation und Auftrag - auch an uns selbst - diese Freiheit zu schützen und zwar mit aller Entschlossenheit bei allen Herausforderungen. Wir wollen die Verfassung schützen, wir wollen die Freiheit verteidigen und wir wollen die Demokratie in diesem Land erhalten. Und wenn es schwer wird, sind wir bereit diesen schweren Weg auch zu gehen. Wir wollen ein "nie wieder" nicht nur aussprechen, sondern ein "nie wieder" auch nie wieder erleben!"

Die musikalische Umrahmung des Festakts übernahm das Euphonia Orchester München. Im Verlauf des Festakts wurden einzelne Artikel aus dem "Entwurf eines Grundgesetzes" verlesen, wie sie der Verfassungskonvent formuliert hatte. Sprecherin war die Schauspielerin und Sängerin Maria Helgath.

Vom 10. bis 23. August 1948 trafen sich auf der Herreninsel im Chiemsee gut 30 Delegierte aus den 11 Ländern der damaligen westlichen Besatzungszonen und Berlins im Auftrag der Ministerpräsidenten. Die Delegierten bereiteten einen Entwurf für das Grundgesetz vor und leisteten in den Diskussionen wichtige Denkarbeit für Fragen unseres staatlichen Zusammenlebens.

/ PR

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