Delegation des Westkap-Parlaments im Bayerischen Landtag

Gegenbesuch im Rahmen der Parlamentspartnerschaft

MÜNCHEN.  Eine Delegation des Western Cape Provincial Parliament aus Südafrika ist in den Bayerischen Landtag gekommen. Ziel war die Vertiefung der bestehenden Parlamentspartnerschaft. Beim Arbeitstreffen mit dem Präsidium vereinbarten die Gesprächsteilnehmer, sich in den Bereichen Innere Sicherheit, Verfassungsrecht und Bildung mit den jeweiligen Ausschüssen der beiden Parlamente auszutauschen. Das Fachgespräch über Koalitionsbildungen als Faktor für Kontinuität mit Prof. Dr. Münch brachte auch den bayerischen Abgeordneten unerwartete Erkenntnisse über die Zustände in Südafrika.

Die jüngste Parlamentspartnerschaft des Bayerischen Landtags nimmt Formen an: Erst im Herbst hatte das Präsidium bei seinem Besuch in der südafrikanischen Provinz Westkap das Partnerschaftsabkommen mit dem Western Cape Provincial Parliament unterzeichnet - nun empfing Landtagspräsidentin Ilse Aigner mit Präsidiumsmitgliedern bereits eine Delegation des dortigen Parlaments zum Gegenbesuch im Bayerischen Landtag. Und die Liste der Themen, mit der Austausch und Zusammenarbeit der Parlamente gestärkt werden sollen, ist lang: Vor allem in den Bereichen Innere Sicherheit, Verfassungsrecht, Bildung und Energie ist das Parlament aus Südafrika auf der Suche nach Best Practice-Beispielen, während Bayern unter anderem am Bereich der Erneuerbaren Energien interessiert ist, aber auch die Demokratieentwicklung im Blick hat.

Ziel: Vertiefung der Parlamentspartnerschaft zwischen Bayern und Westkap

„Ich freue mich sehr, dass Sie nach nur wenigen Monaten schon zum Gegenbesuch hier in Bayern sind, denn es ist uns ein großes Anliegen, unsere jüngste Parlamentspartnerschaft mit Ihnen mit Leben zu füllen", so Landtagspräsidentin Ilse Aigner. "Denn angesichts der Weltlage ist der Austausch und die gegenseitige Unterstützung innerhalb der demokratischen Wertegemeinschaft gerade auch auf parlamentarischer Ebene von nicht zu unterschätzender Bedeutung." Daylin Mitchell, der Präsident des Western Cape Provincial Parliament, betonte, dass es dem Westkap-Parlament darum gehe, die Partnerschaft möglichst zügig und intensiv so zu vertiefen, dass diese auch unabhängig vom Ausgang der 2024 anstehenden Wahl in Westkap dann institutionalisiert sei. 

Konkretes Ergebnis deshalb: Sobald nach der Landtagswahl in Bayern die neuen Ausschüsse gebildet sein werden, streben die beiden Parlamente mit den dann neu gewählten Ausschussvorsitzenden für die Bereiche Verfassungsrecht, Bildung, Wirtschaft und Innere Sicherheit einen Austausch per Videokonferenz an. Dies sei auch deshalb von großer Bedeutung für Westkap, da die Kompetenzen für Energie, Transport, Häfen und insbesondere Polizei dort zurück auf die Ebene der Provinzen verlagert werden sollen, wie Beverley Schäfer, die stellvertretende Präsidentin des Westkap-Parlaments, skizziert. "Deutschland ist daher für uns ein sehr gutes Beispiel, wie wichtige Dinge wie die Polizeiaufgaben auf Länderebene geregelt werden können", so Schäfer.

Hinsichtlich der Demokratieentwicklung in Südafrika bat Generalkonsulin Roleta Lebelo um Verständnis: "Es braucht Zeit, in nur 27 Jahren seit dem Ende der Apartheid kann die Entwicklung noch nicht zu Ende sein." Vizepräsident Alexander Hold äußerte - stellvertretend für das Präsidium des Bayerischen Landtags - Verständnis: "Wir geben da nicht nur schlaue Ratschläge, der Prozess ist auch in Deutschland nicht ohne", so Hold mit Blick auf die jüngere deutsche Geschichte nach der Wiedervereinigung.

Koalitionen - Faktor für politische Stabilität?

Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing, brachte im Gespräch über Koalitionen die wissenschaftliche Perspektive auf Koalitionsbildungen in Bayern und Deutschland ein. Die Frage dahinter skizzierte der Parlamentspräsident der Gästedelegation Mitchell: So habe der Bürgermeister von Johannesburg eine Koalition mit elf Parteien angeführt, deren Platzen allein durch eine 1-Prozent-Partei verursacht wurde. Die Frage, ob und wie durch Koalitionen daher Kontinuität geschaffen werden könne, sei daher für Westkap zentral vor den Wahlen im kommenden Jahr. Münch erläuterte, dass auf Bundesebene die Kontinuität auch gewahrt worden sei, weil - abgesehen von der Ausnahme 1998 - immer zumindest eine Partei auch in der vorherigen Regierung Teil der Koalition war. 

Erstaunen und Verständnis für die Schwierigkeiten hinsichtlich der Bildung von Koalitionen erntete die stellvertretende Parlamentspräsidentin des WCPP Schäfer: Denn in Westkap sei die Zeit für Koalitionsverhandlungen auf nur sieben Tage festgesetzt. In Deutschland gibt es dafür auf Bundesebene keine Begrenzung, in Bayern müssen vier Wochen reichen. Das Fazit des Landtagspräsidiums: Sieben Tage sind für die Bildung einer stabilen Koalition nicht ausreichend. 

In der vertieften Diskussion zwischen den Delegationen hob Landtagspräsidentin Ilse Aigner hinsichtlich der Stabilität noch zwei weitere Faktoren jenseits der Koalitionsbildungen hervor: Die Bedeutung der Fünf-Prozent-Klausel sowie auf kommunaler Ebene die Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten. 

/CK

Randspalte

Back to top