„Bring Dich ein!“

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22. Mai 2019

- Von Isabel Winklbauer -

MÜNCHEN.     

Zum Auftakt der neuen „Jungen Reihe“ im Landtag trafen sich rund 190 Schülerinnen und Schüler aus ganz Bayern mit Abgeordneten aller Fraktionen. Wie soll Europas Außenpolitik aussehen? Wie begegnet man dem Brüsseler Lobbyismus und wie findet Bayern seinen Platz in der EU? Um solche und andere Fragen ging es an den runden Tischen im Senatssaal und Akademiesaal. Die Diskussionsergebnisse zeigten: Bayerns Schüler wollen nicht nur Bienen retten, sondern haben klare Vorstellungen.


„Ich freue mich, heute zahlreiche Europa-Experten zu sehen“, begrüßte Landtagspräsidentin Ilse Aigner die Gäste. Die eingeladenen Schüler kamen allesamt von Schulen, die an Europaprojekten arbeiten oder sogar Europa-Wettbewerbe gewonnen hatten, wie beispielsweise zwei Gymnasien in Aschaffenburg und Straubing. Andererseits waren unter den mitdiskutierenden Abgeordneten Tobias Gotthardt (Freie Wähler) und Dr. Franz Rieger (CSU), die Vorsitzenden des Europa-Ausschusses im Landtag. Und auch das wahre Leben war da: Die bekannten Europa-Befürworter Dr. Adalbert Mischlewski (Initiator der Städtepartnerschaft Grafing – St. Marcellin in Frankreich) und Amálie Kostřížová (Bundesgeschäftsführerin der „Jungen Aktion“ der Ackermann-Gemeinde) saßen ebenfalls mit am Tisch.
Bevor die Gespräche losgingen, konstatierten Ilse Aigner und die prominenten Gäste allerdings erst einmal im Interview mit Moderatorin Birgit Frank, welche wesentlichen Punkte man im heutigen Europa nicht außer Acht lassen darf – insbesondere den, dass „seit 75 Jahren schon zwei Generationen das Glück haben, ohne Krieg zu leben“, wie Aigner ernst bemerkte. Aigners eigener Vater wurde mit 17 eingezogen, in eben dem Alter, in dem die jungen Diskutanten an diesem Abend waren.

„Kriege unter Europäern sind nicht mehr möglich"

„Ich wage zu behaupten, ein Krieg unter europäischen Nationen ist nicht mehr möglich“, bestätigte der 99-jährige Grafinger Mischlewski, der als junger Mann im Krieg gegen Frankreich kämpfen musste und der damals schon, wie er erzählte, beobachtete, dass seine Funkertruppe nach Feierabend lieber mit den Franzosen in den Bistros saß, als die Nachbarn finster vor sich hin zu hassen. Der europäische Gedanke wohnte den Menschen also schon immer inne, folgt man seinen Ausführungen. Das optimistische Urgestein Mischlewski ist nicht umsonst mehrfach ausgezeichneter Verfechter der deutsch-französischen Freundschaft.
Amálie Kostřížová, Mittzwanzigerin und aus Prag, schlägt dagegen mit der Ackermann-Gemeinde Brücken zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik. Sie kommentierte die aktuelle Europaskepsis der Tschechen: „Es gibt leider nicht nur populistische Politiker in der Tschechischen Republik, die Fake News streuen, sondern auch viele Vorurteile zwischen Deutschen und Tschechen. Die Menschen brauchen dringend mehr Infos und Hintergrundwissen.“






Schüler waren gut vorbereitet

Derart vorbereitet gingen die Schüler also ins Gespräch mit den Politikern. Generell war zu beobachten, dass zwischen Jugendlichen und Landtagsabgeordneten noch etwas Annäherung nötig ist. Einige Politiker erledigten zunächst noch mit ihren Smartphones etwas und begannen erst danach mit Smalltalk den Weg für Gespräche auf Augenhöhe zu ebnen. Mancher Schüler hingegen brütete still über seinen Argumenten, anstatt einleitende Fragen zu stellen. Doch letztlich entwickelte sich an den Tischen doch eine lockere Atmosphäre, es wurde gelacht und debattiert, wenn auch so mancher Abgeordnete das Monologisieren nicht ganz sein lassen konnte. „Falls sie hier Partei-Mitgliedsanträge vorgelegt bekommen – sie müssen nichts unterschreiben“, empfahl Moderatorin Frank trocken.
Die Diskussionsergebnisse, die in Form von Sternen auf die Bühne gehängt wurden, erwiesen sich jedenfalls als sehr durchdacht. Eine gemeinsame europäische Armee forderten etwa die Schüler, die mit Christian Zwanziger (Grüne) und Adalbert Mischlewski eine Runde gebildet hatten. Tobias Gotthardt klärte sogleich über das bereits existierende Pesco-Bündnis in der EU auf, in dem langsam eine gemeinsame Verteidigungspolitik entwickelt wird. Besonders gut kam der Beschluss der mit Georg Eisenreichs (CSU) am Tisch sitzenden Jugendlichen an, lieber auf die langsame Bildung einer europäischen Wertegemeinschaft zu setzen, statt übereilt ein Kerneuropa mit Mehrheitswahlrecht (statt einstimmigen Beschlüssen) zu fordern. „In der Tat sollte man ein Kerneuropa vermeiden, denn das würde das politische Gewicht Europas schmälern“, bekräftigte Franz Rieger.

Alle Vorschläge werden im Europaausschuss besprochen


Andere Tische forderten eine CO2-, Kerosin- und Plastiksteuer, die Förderung regionaler und saisonaler Produkte statt Biowahn oder auch mehr politische Bildung in den Schulen.
Auch mehr Transparenz bei den Brüsseler Entscheidungen und das Verbot von anonymen Spenden verlangte ein Diskussionstisch. Als daraufhin Gotthardt erläuterte, Lobbyismus sei für Politiker eine Möglichkeit Informationen zu sammeln, war Skepsis spürbar. Eine andere Schülerin widersprach Rieger offen, als der sagte, Braunkohlebergwerke könne man nur im europäischen Konsens abschaffen, okay? „Nö“, sagte die junge Frau, „warum gehen wir nicht einfach voran?“. Von Bayerns Schülern ist etwas zu erwarten.
Alle Ideen der Schüler werden im Europaausschuss des Landtags besprochen, zudem erhalten sie Rückmeldung dazu, wie die Vorschläge angekommen sind. Wer weiß, womöglich lande sogar der ein oder andere Ideenstern in Brüssel, stellten Rieger und Gotthardt in Aussicht. Auf die folgenden Veranstaltungen der „Jungen Reihe“ darf man jedenfalls gespannt sein.

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