Innenausschuss: Bedrohungslage von Kommunalpolitikern beschäftigt die Mitglieder

22.01.2020

Der Innenausschuss hat sich mit Konsequenzen aus der Expertenanhörung zur Bedrohungslage von Kommunalpolitikern befasst und sich mit großer Mehrheit für deren besseren Schutz ausgesprochen.

Im Rahmen der Anhörung im vergangenen November hatten sich Betroffene und externe Fachleute unter anderem für eine zentrale Beratungsstelle, die Sensibilisierung von Polizei und Justiz sowie eine Ausweitung der politischen Bildungsarbeit eingesetzt. Auf Antrag der Regierungsfraktionen von CSU und FREIEN WÄHLERN forderte der Ausschuss nun die Staatsregierung auf, sich auf Bundesebene für höhere Strafen bei Beleidigungen und Bedrohungen stark zu machen und diese explizit auf Straftaten gegen kommunale Mandatsträger auszuweiten. Bislang stehen nur Bundes- und Landespolitiker unter dem besonderen Schutz des Gesetzes. Außerdem sollen die Beratungsangebote für betroffene Kommunalpolitiker ergänzt werden.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP hatten weitergehende Forderungen nach einer umfassenden Studie über das tatsächliche Ausmaß der Übergriffe, einer zentralen Anlaufstelle für Betroffene sowie mehr politischer Bildung und Aufklärungsmaßnahmen gestellt. Die Abgeordneten der Koalition lehnten diese aber als nicht erforderlich ab. Zur Begründung erklärte Max Gibis (CSU), eine Dunkelfeldstudie zur Ermittlung der Zahl nicht gestellter Anzeigen in Fällen von Bedrohungen oder Beleidigungen sei nicht mehr als ein „Stochern im Nebel“ ohne weiteren Erkenntnisgewinn. Eine zentrale Anlaufstelle für die Beratung Betroffener sei nicht nötig, weil es bei Polizei und anderen Behörden bereits zahlreiche Stellen gebe, an die man sich wenden könne. Politische Bildung sei schon heute in den Lehrplänen aller Schulen verankert, da könne man – mit Ausnahme der neuen Oberstufe an den Gymnasien – „nur noch wenig besser machen“. Joachim Hanisch (FREIE WÄHLER) ergänzte, die Anträge der Opposition wiesen in die richtige Richtung, seien im Detail aber nicht zustimmungsfähig.

Ganz anders äußerte sich Johannes Becher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und verwies auf die Forderungen von Betroffenen in der Landtagsanhörung. Nötig sei vor allem, das große Dunkelfeld aufzuhellen. „Was angezeigt wird, ist nur die Spitze des Eisbergs“, berichtete Becher aus Gesprächen mit Kommunalpolitikern. Viele Betroffene würden von einer Anzeige absehen, weil sie den Vorfall nicht öffentlich machen wollten oder wenig Aussicht auf Erfolg sähen. Es dürfe aber nicht der Eindruck entstehen, dass sich eine Anzeige nicht lohne. Klaus Adelt (SPD) erklärte, die Bedrohungslage bei Kommunalpolitikern sei inzwischen „erschütternd“. Die Sprache werde rauer, die Hemmschwelle für verbale und tätliche Übergriffe sinke. Vor diesem Hintergrund seien die Vorschläge von CSU und FREIEN WÄHLERN „zu weichgespült“. „Den Betroffenen muss rasch und effektiv geholfen werden“, betonte Adelt.

Die AfD unterstützte die Zielrichtung aller Anträge „mit Nachdruck“, wie ihr Abgeordneter Richard Graupner sagte. Es brauche eine klare Analyse der Bedrohungslage. Wegen der aus ihrer Sicht zu einseitigen Betonung der Gefährdung aus dem Bereich des politisch rechten Spektrums lehnte die AfD jedoch die Anträge von Grünen und SPD ab. Alexander Muthmann (FDP) bedauerte das Nein der Koalition zu einer umfassenden Studie. „Was an offiziellen Zahlen vorliegt, zeichnet kein korrektes Bild der tatsächlichen Lage“, hob Muthmann hervor. Dies gelte gerade bezüglich der Anfeindungen gegenüber Mitarbeitern in den Kommunalverwaltungen. Um effektive Hilfsmaßnahmen ergreifen zu können, brauche man eine verlässliche Datenbasis.

Jürgen Umlauft

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