Finanzielle Situation der Kommunen im Fokus

Aktuelle Stunde im Plenum

21. Oktober 2025

MÜNCHEN.   Auf Vorschlag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN debattierte der Bayerische Landtag über die angespannte finanzielle Situation der Kommunen. Im Zentrum der Aktuellen Stunde mit dem Thema "Leere Kassen, viele Pflichten, wenig Freiheit: Gebt den Kommunen ihre Zukunft zurück!" standen Fragen nach der Verantwortung von Bund und Land, nach der Zukunftsfähigkeit kommunaler Haushalte und nach mehr Entscheidungsfreiheit für Städte, Gemeinden und Landkreise. 

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zeichnete eingangs ein kritisches Bild der finanziellen Lage vieler Städte und Gemeinden. „Bayern ist ein reiches Land“, sagte Schulze, „aber trotzdem ekelt sich jetzt gerade ein Schüler auf dem Weg zur Toilette, und trotzdem bröseln auch heute die Kacheln von manchen Schwimmbädern, und trotzdem sucht auch heute mindestens eine Familie händeringend nach einer bezahlbaren Wohnung.“ Ursache sei nicht Geldmangel, sondern eine unzureichende Weitergabe der Mittel an die Kommunen durch die Bayerische Staatsregierung.

Katharina Schulze: „Wer die AfD bekämpfen will, muss die Kommunen stärken“

Schulze forderte, den Kommunen angesichts einer Verdoppelung ihres Defizits endlich Luft zum Atmen zu geben“ und ihnen mehr frei verfügbare Mittel zu garantieren. Zehn Milliarden Euro lägen in den Rücklagen des Freistaats. Zwei Drittel der Landesmittel aus dem Bundes-Sondervermögen sollten daher direkt an die Kommunen gehen. Scharfe Kritik richtete sie gegen die AfD als „Totengräber der Demokratie.“ Deswegen gelte der Satz von Uwe Brandl, Mitglied der CSU, und Präsident des Bayerischen Gemeindetags: „Wer die AfD bekämpfen will, muss die Kommunen stärken.“ Von der Staatsregierung forderte sie, bei den Verhandlungen zum kommunalen Finanzausgleich endlich mehr Geld für die Kommunen bereitzustellen.

Josef Zellmeier: „Die CSU ist die Partei der Kommunen“

Der CSU-Abgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen, Josef Zellmeier, wies die Vorwürfe entschieden zurück. Die Finanzlage sei zwar herausfordernd, aber solide. „Natürlich müssen wir einen ausgeglichenen Haushalt aufstellen, ob mit oder ohne Sondervermögen, ob mit oder ohne die Möglichkeit, Schulden zu machen. Das werden wir ohne eine kräftige Rücklagenentnahme nicht schaffen.“, betonte er.  Zellmeier unterstrich die Rolle der CSU als „Partei der Kommunen“. 

„Wir haben den kommunalen Finanzausgleich trotz einer schon schwierigen Haushaltslage im letzten Jahr um über 5% gesteigert, erstmalig auf zwölf Milliarden Euro.“ sagte Zellmeier. Im Übrigen liege der Anteil am Staatshaushalt über den kommunalen Finanzausgleich hinaus, der an die Städte und Gemeinden fließt, bei knapp 30 Prozent, ein bisher noch nicht erreichter Wert. „Die Kommunen im Freistaat Bayern können sich auf uns verlassen“, sagte er. Die Staatsregierung stehe im engen Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden. Man werde Lösungen finden, die sowohl die Handlungsfähigkeit der Kommunen als auch die Stabilität des Staatshaushalts sicherten.

Richard Graupner von der AfD machte die Bundesregierung und die Grünen für die Haushaltsprobleme vieler Kommunen verantwortlich. „Die Krise ist eine Folge von Klimawahn und offener Grenze“, erklärte er. Laut KfW-Kommunalpanel sei das Defizit bayerischer Kommunen 2025 auf fast 400 Euro pro Einwohner gestiegen. Er forderte, staatliche Ausgaben für Migration zu senken und die Mittel stattdessen in kommunale Infrastruktur zu lenken. „Schluss mit der Verschleuderung von Milliarden und Abermilliarden an Sozialmigranten aus aller Welt“, sagte Graupner. Zudem sprach er sich für gemeinnützige Arbeitspflichten für Asylbewerber aus.

Richard Graupner: „Bayerisches Steuergeld für bayerische Bürger.“

Die Kommunen bräuchten mehr Selbstbestimmung und weniger Bürokratie. Seine Fraktion plädiere für ein „kommunales Asylnotstandsgesetz“, das Gemeinden die Ablehnung von Zuweisungen ermögliche. „Nur eine starke AfD steht für eine echte Zukunft unserer Kommunen“, schloss Graupner.

Für die FREIEN WÄHLER betonte Stefan Frühbeißer, dass die finanzielle Lage der Kommunen nicht neu sei. „Für uns FREIE WÄHLER und natürlich auch für unseren Koalitionspartner ist das das Thema der letzten Monate, der letzten Jahre und auch der Zukunft. Wir stehen einfach in der Verantwortung, gemeinsam mit unseren Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden die Aufgaben und die großen Herausforderungen, wie wir sie in diesem Land noch nie hatten, zu lösen,“ sagte er. Frühbeißer warnte davor, neue Schulden aufzunehmen. „Das sind Schulden, das ist eine Zinsbelastung, die wir, die aber vor allen Dingen unsere Kinder und Kindeskinder zu tragen haben.“ Statt pauschaler Hilfen brauche es gezielte Förderung dort, wo sie wirke. Er verwies auf erfolgreiche Beispiele interkommunaler Zusammenarbeit und plädierte für eine gerechtere Förderpolitik zugunsten strukturschwächerer Regionen.

Stefan Frühbeißer: „Wir müssen effizienter werden und bereit sein, zu entschlacken und zu straffen.“

Auch der Bürokratieabbau bleibe zentral. Und der Bund müsse die Kosten der Aufgaben tragen, die er den Kommunen übertrage. „Für uns ist das eine Daueraufgabe“, sagte Frühbeißer. 

Der Abgeordnete Frühbeißer verwies auf den deutschlandweiten Rückgang der Überschüsse in den Kommunen: „Es geht darum, dass man im letzten Jahrzehnt bis 2022 in ganz Deutschland erhebliche Überschüsse erwirtschaftet hat. Erst ab dem Jahr 2023 und jetzt im Jahr 2024 ist man zu einem Defizit von über 24 Milliarden Euro gekommen.“ Zu viele Aufgaben seien durch den Gesetzgeber, vorwiegend auf Bundesebene, an die Kommunen übertragen worden. Er betonte die Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auf Bezirksebene und des Bürgergelds.

Harry Scheuenstuhl von der SPD stellte fest, dass selten zuvor so deutlich über die Finanznot der Kommunen berichtet worden sei. „Wenn CSU und FREIE WÄHLER so füllhornartig Geld verteilen, warum jammern dann die Kommunen, lügen die Kommunen?“, fragte er. Die Lage sei „hausgemacht“ – ein Ergebnis der Regierungspolitik.

Scheuenstuhl schilderte die wachsende Verzweiflung vieler Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. „Ich bin deren ehemaliger Kollege. Sie sagen: Harry, wir wissen nicht mehr, wie wir unsere Pflichtaufgaben erfüllen sollen. Kindergarten, Schulen, Straßen, Feuerwehren usw.“ Fördergelder blieben liegen, weil Kommunen den Eigenanteil nicht mehr stemmen könnten. „Das ist ein Frontalangriff auf die kommunale Selbstverwaltung“, so Scheuenstuhl.

Harry Scheuenstuhl: „Die Kommunen dürfen nicht um ihr Recht betteln müssen“

Er forderte mehr Vertrauen in die Kommunen, etwa durch neue lokale Einnahmemöglichkeiten wie Verpackungs- oder Übernachtungssteuern. „Gebt ihnen Luft zum Atmen“, appellierte er. Zudem fordere die SPD 1,5 Milliarden Euro aus den Mehrzahlungen bei der Erbschaftssteuer als Soforthilfe an die Kommunen zu überweisen und auf Fraktionsinitiativen zu verzichten, um diese Mittel direkt an Städte und Gemeinden weiterzugeben. „Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger wieder Vertrauen in den Staat haben“, sagte Scheuenstuhl.

StM Albert Füracker: „Die Kommunen müssen nicht betteln gehen – wir reden miteinander.“

„Wir haben in der letzten Stunde ein hohes Maß an Polemik im Hinblick auf die wirkliche Situation der Kommunen in Bayern erlebt“, unterstrich am Ende der Debatte Albert Füracker, Bayerischer Staatsminister der Finanzen und für Heimat. Mit der Erfahrung von 36 Jahren als Kreisrat und 30 Jahren als Gemeinderat schilderte er ein kürzliches Treffen mit Bürgermeistern und Vertretern kleiner Gemeinden im Landkreis Günzburg und versicherte, dass das kommunalpolitische Grundverständnis in der Bayerischen Staatsregierung vorhanden sei. „Seit Juni treffen wir uns 14-täglich und besprechen die Situation: Was sich tut, wie sich die Sondervermögensfragen entwickeln und was wir denn machen können.“

„Nein, wir gefährden nicht die Demokratie und nicht den Zusammenhalt in Bayern “, sagte er. Die Staatsregierung sei in engem Austausch mit den kommunalen Spitzenverbänden, die sich seit Juni alle zwei Wochen träfen, um Finanzfragen zu besprechen. Füracker stellte klar, dass die Verwaltungsvereinbarung zum Bundes-Sondervermögen noch nicht unterzeichnet sei. Rechtssicherheit sei daher Voraussetzung für eine gezielte Mittelvergabe. Er betonte, die Staatsregierung werde bis Ende Oktober beim kommunalen Spitzengespräch sowohl den kommunalen Finanzausgleich als auch die Verwendung des Sondervermögens klären.

„Von 12 Milliarden Euro des kommunalen Finanzausgleichs ist der Anteil an den Landesleistungen mit 75 Prozent in freier Verfügung bei den Kommunen für Schlüsselzuweisungen, Investitionspauschalen,“ erklärte der Staatsminister. Förderprogramme wie der Hochbauzuschuss blieben dennoch notwendig, um größere Projekte zu ermöglichen. Ein „kluger Mix aus Pauschalen und gezielter Förderung“ sei entscheidend.

Der Staatsminister verwies auf die bundesweit höchste Investitionsquote der bayerischen Kommunen von 23,1 Prozent und betonte: „Das zeigt, dass unsere Förderprogramme wirken.“ Bayern investiere überdurchschnittlich, ohne sich zu verschulden. Mit Blick auf das Sondervermögen hob Staatsminister Füracker hervor: „Ohne die CSU und Ministerpräsident Dr. Markus Söder hätte es diese Mittel gar nicht gegeben.“ Ziel sei, zusätzliche Impulse für Städte und Gemeinden zu setzen – „einvernehmlich, sachgerecht und mit Fakten, Fakten, Fakten.“

/ Thomas Schaller

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