Landtag debattiert über Rüstungsindustrie in Bayern

Aktuelle Stunde im Plenum

25. November 2025

MÜNCHEN.     Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die Sicherheitslage auch in Deutschland verschärft. Unter anderem muss die Ausrüstung der Bundeswehr modernisiert und neuen militärtechnischen Herausforderungen angepasst werden. In einer von der CSU-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde zum Thema "New Defence in Bayern - Bayerns Führungsrolle in der Verteidigungs- und Rüstungsindustrie festigen und ausbauen!" beriet der Landtag den möglichen Beitrag Bayerns dazu.

Der wehrpolitische Sprecher der CSU-Fraktion, Wolfgang Fackler, sieht für Bayern große Chancen wegen der gestiegenen Bedeutung der Landesverteidigung. Bayern sei schon heute im Bereich „Defence“ sowie in der Luft- und Raumfahrt stark aufgestellt. Durch zusätzlich Förderung von Technologie und Wissenschaft sowie der Vernetzung bestehender Rüstungsunternehmen mit innovativen Startups könne diese Position noch weiter ausgebaut werden, sagte Fackler in einer Aktuellen Stunde zum Thema „New Defence“. Man erlebe gerade einen Umbruch in der Militärtechnik, die Zukunft der Verteidigung sei digital. Gebraucht würden unbemannte Systeme, Künstliche Intelligenz und eine hochauflösende Sensorik.

CSU: Verknüpfung ziviler und militärischer Forschung

Fackler sprach sich für eine engere Verknüpfung militärischer und ziviler Forschung aus. Es müssten Berührungsängste abgebaut und neue Freiräume geschaffen werden. „Der militärische und der zivile Bereich dürfen keine getrennten Welten mehr sein, die starke Abgrenzung muss überwunden werden“, betonte er. Es müsse für die Verteidigungsindustrie ein technologiefreundliches Klima geschaffen werden. Facklers Fraktionskollege Stefan Oetzinger verwies in diesem Zusammenhang auf das neue bayerische Hochschulgesetz, das durch die Aufhebung der Zivilklauseln in der Hochschulforschung neue Handlungsmöglichkeiten im Austausch von Wissenschaft und Rüstungsindustrie biete. Nach Ansicht Facklers müsse es das Ziel sein, zusätzliche Gelder aus dem Sondervermögen zur Ertüchtigung der Bundeswehr nach Bayern zu holen, um damit für das Land eine „Verteidigungsdividende“ zu heben.

AfD warnt vor Bayern als Angriffsziel

Sehr skeptisch äußerte sich dazu Dieter Arnold (AfD). Wenn Bayern in der Rüstungsindustrie eine Führungsrolle übernehmen wolle, dann habe das erhebliche sicherheitspolitische Konsequenzen. Ein Standort, an dem Waffensysteme hergestellt würden und militärische Schlüsseltechnologien zu Hause seien, sei immer auch ein strategisches Ziel. „Solche Standort stehen im Ernstfall ganz oben auf der gegnerischen Liste“, warnte er. Es brauche deshalb vorab einen Ausbau des Schutzes kritischer Infrastruktur, der Produktionsstätten und Lieferketten sowie des Zivilschutzes. „Solange diese Lücken nicht geschlossen sind, ist jeglicher Ausbau der Rüstungsindustrie politisch fahrlässig und sicherheitspolitisch unverantwortlich“, erklärte Arnold.

Dem widersprach Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER). „Bayern wird nur dann zu einem strategischen Ziel, wenn wir nicht verteidigungsbereit und nicht verteidigungsfähig sind“, sagte er. Es brauche „Resilienz nach innen“, also den Willen der Menschen zur Landesverteidigung, und „Resilienz nach außen“, womit Pohl die Stärkung der Rüstungsindustrie meinte. Auch er bezeichnete den Schutz der Infrastruktur und der Bevölkerung als wichtige Aufgabe. Dies gelinge aber nur mit Waffen, die man vorher produzieren müsse.

Grüne sehen Rüstung auch als industriepolitische Chance

Mit Blick auf die friedensbewegte Herkunft ihrer Partei erklärte Stephanie Schuhknecht (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN), dass vor dem Hintergrund der aktuellen Bedrohungslage die Verteidigungsfähigkeit Voraussetzung für künftigen Frieden sei. Dieser Realität müsse man sich stellen. Es brauche deshalb sowohl einen gestärkten Zivilschutz, als auch die strategische Weiterentwicklung Bayerns als Standort für Verteidigung und Sicherheitspolitik. Schuhknecht verwies auch darauf, dass die Verteidigungsbranche hochqualifizierte Arbeitsplätze anbiete. „Gerade in Zeiten des wirtschaftlichen Gegenwinds, den wir in der Autoindustrie erleben, ist das für Bayern auch eine industriepolitische Chance“, hob sie hervor.

SPD: Keine Vernachlässigung des Sozialen

Vor einer Überbetonung des Militärischen warnte Florian von Brunn (SPD). Verteidigung müsse gewährleistet sein, doch Rüstung sei „kein Wirtschaftsprogramm“ und bringe dem Freistaat nicht mehr Wohlstand. Er verwies dazu auf eine Studie der Universität Mannheim, wonach Investitionen in die Rüstung nur geringfügig die Wirtschaftsleistung erhöhten. Es dürfe deshalb keinen Aktionismus und die Vernachlässigung der Förderung von Familien, Bildung und des Wohnungsbaus geben. „Rüstung darf nicht auf Kosten des Sozialen gehen“, sagte von Brunn.

Dagegen blickte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) auf die „volkswirtschaftlich hoch relevanten Gesamtinvestitionen“ von bundesweit 375 Milliarden Euro zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit. Davon könne Bayern als Hightech-Standort und Heimat der Wehrindustrie durchaus profitieren. „Wir sind Schlüssellieferanten der Bundeswehr und Teil des industriellen Rückgrats unserer Verteidigung“, hob Herrmann hervor. Deshalb unterstütze die Staatsregierung diesen Industriezweig nach Kräften durch Bürokratieabbau und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen sowie das deutschlandweit einzigartige Bundeswehrgesetz.

Jürgen Umlauft

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