Wasserentnahme auf dem Prüfstand

Umweltausschuss: Anhörung von Sachverständigen zum Thema Novellierung des Wassergesetzes der Staatsregierung

2. Dezember 2025

MÜNCHEN.       Im Umweltausschuss des Landtags wurde durch einen Minderheitenantrag von Grünen und SPD die Novelle des Bayerischen Wassergesetzes bei einer Sachverständigenanhörung diskutiert. Die Fachleute bewerteten die geplante Einführung des Wasserentnahmegelds grundsätzlich positiv. Viele forderten aber Nachbesserungen, etwa weniger Ausnahmen beim sogenannten Wassercent, klarere Zuständigkeiten, eine bessere Datenbasis und einen stärkeren Fokus auf den natürlichen Wasserrückhalt.

Dr. Roland Appel, Geschäftsführer der Bayerischen Chemieverbände, betonte, dass die chemisch-pharmazeutische Industrie auf Wasser angewiesen sei – vor allem auf Oberflächen- und Grundwasser zur Durchlaufkühlung. „Dieses wird aber nicht verändert und bleibt im Kreislauf.“ Wegen des sparsamen Umgangs dürfe die Branche in ihrer aktuellen Krise nicht zusätzlich belastet werden. Er sah die Einführung des Wassercents daher kritisch. Wichtig sei die Nichtbepreisung von Oberflächenwasser, Ausnahmen für Durchlaufkühlwasser und ein Start frühestens ab 2027.

Gunnar Braun, Geschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) in Bayern, lehnte die Novelle als “nicht-enkeltaugliches Wassergesetz” ab. Kritisch bewertete er insbesondere Artikel 31: Die öffentliche Versorgung werde fälschlich auf Trinkwasser verengt. Er spreche für mehrere Verbände, die dies in einem Brief gemeinsam kritisieren und zusammen für 99 Prozent der gesamten Wasserversorgung für die Bevölkerung verantwortlich seien. „Kommunale Betriebe müssen die Wasserversorgung insgesamt sichern.“ Eine Neudefinition oder Öffnung für private Anbieter lehnte er daher entschieden ab.

Der Gesetzentwurf sei transparent und praxisnah, lobte André Fietkau vom Verband Deutscher Mineralbrunnen. Bayerns Getränkehersteller beziehungsweise Mineralbrunnen seien auf Grundwasser angewiesen, entnähmen jedoch nur sehr geringe Mengen: Mineralbrunnen trügen lediglich zu 0,3 Prozent und die Lebensmittelwirtschaft zu 3,5 Prozent der gesamten Grundwasserentnahmen in Bayern bei. „Wir sind Teil der Daseinsvorsorge.“ So könnte auch bei Engpässen wie zuletzt in Krisensituationen am Münchner Flughafen geholfen werden. Fietkau befürwortet daher den Wassercent – idealerweise mit stabilen Sätzen.

Kürzere Gesetzestexte und weniger Ausnahmen

Die Folgen des Klimawandels nähmen zu, daher sei die Novellierung wichtig, betonte Professor Wolfgang Günthert von der Universität der Bundeswehr München. Viele Vorschläge sah er positiv. Jedoch kritisierte er die zunehmende Komplexität von Gesetzen mit immer mehr Sonderregelungen. „Das wird insbesondere beim Wassercent schwierig bei der Umsetzung.“ Er plädierte für strengere Verfahren, die aber in Sonderfällen auch Ausnahmen zuließen. Zentral seien der Vorrang der Trinkwasserversorgung und der technische Hochwasserschutz.

„Wasser ist Lebensgrundlage“, sagte Peter Hirmer vom Bund Naturschutz in Bayern. Dieses stehe aber durch den Klimawandel mit Extremwetterlagen zunehmend unter Stress. Der Gesetzentwurf löse dieses Problem nicht. Er kritisierte, dass nur technischer Hochwasserschutz berücksichtigt werde, der mit Naturschutz und Trinkwasserschutz kollidiere. „Wir brauchen mehr Raum für Gewässer und keine punktuellen Maßnahmen.“ Den Wassercent sah Hirmer als sinnvolles Instrument, bemängelte jedoch Freibeträge und Ungerechtigkeiten zwischen den jeweiligen Verbänden.

Hans-Peter Lang, Präsident des Bundesverbands Deutscher Wasserkraftwerke, hielt die Novellierung grundsätzlich für gelungen, mahnte aber Nachjustierungen an. Er kritisierte die geplante Mindestdauer von Bewilligungen von zehn Jahren als rechtliche Untergrenze, die nicht als Regeldauer gelten dürfe. Wichtig sei, dass die jahrzehntelangen Laufzeiten von bis zu 30 Jahren und historische Anlagen, die teilweise seit 100 Jahren bestehen, weiter berücksichtigt werden. Zudem plädierte Lang dafür, dass nur bei großen Anlagen die Regierung zuständig sei, sonst die Landratsämter.

Wettbewerbsnachteile für Landwirte

Wasser ist laut Patrick Scharl vom Bayerischen Bauernverband für Sonderkulturbetriebe besonders wichtig. Obst, Gemüse und Hopfen hätten einen deutlich höheren Wasserbedarf als klassische Ackerfrüchte und seien auf zuverlässige Bewässerung angewiesen. Viele Betriebe nutzten bereits moderne und nachhaltige Systeme. Scharl lehnte den Wassercent daher in aktueller Form ab und wies auf Wettbewerbsnachteile gegenüber Importware hin. „Sonderkulturbetriebe in Bayern brauchen langfristig gesicherte Entnahmerechte für zukünftige Investitionen.“

Umweltrechtler Professor Martin Spieler von der Technischen Universität München sah den Vorrang von Grundwasser für Trinkwasser aktuell schon ausreichend geschützt. „Eine Stärkung des Grundwasserschutzes ist gesetzlich nicht erforderlich, weil dieser zum Zwecke der Trinkwasserversorgung höchste Priorität genießt.“ Juristisch problematischer seien Hochwasserschutzanlagen, da sie in Konflikt mit Bundesrecht geraten könnten. Spieler begrüßte beschleunigte Prüfverfahren, kritisierte jedoch, dass die Stärkung der Behörden bei Grundwassernutzung und die Messpflichten nicht weit genug gingen.

Die Beschleunigung umweltrelevanter Verfahren durch Digitalisierung und die Konzentration der Zuständigkeiten bei den Regierungen nannte Dr. Ursula Steinkemper, Fachanwältin für Verwaltungsrecht bei CMS Hasche Sigle, einen wichtigen Schritt. Sie betonte, dass dabei rechtliche Maßstäbe eingehalten werden müssten und zusätzliche Unterlagen vermieden werden sollten. Außerdem forderte die Anwältin eine stärkere Rolle der Bewirtschaftungsplanung und eine Überprüfung des Übergangsrechts. Steinkemper begrüßte auch längere Bewilligungszeiträume. 30 Jahre seien aber zu lang.

„Kleine Betriebe zahlen, große Verbände nicht“

Andrea Vogel, Referentin für Wasser und Klimastrategie der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, kritisierte die Novelle als nicht modern. „Dabei hätte der Wassercent ein starkes Instrument werden können.“ Dafür müsse aber der natürliche Wasserrückhalt an erster Stelle stehen, etwa durch Schwammlandschaften. Ebenso fehlten digitale Wasserzähler und Echtzeitmonitoring. Den aktuellen Gesetzentwurf bezeichnete Vogel als wettbewerbsverzerrend, da kleine Betriebe zahlen, große Verbände aber nicht.

Der Beauftragte für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung, Walter Nussel (CSU), erläuterte die Strategie der Koalitionsfraktionen. Wasser diene der Grundversorgung der Bevölkerung, daher sei ein praxisnaher Ansatz wichtig gewesen. Vorgezogene Anhörungen mit rund 50 Organisationen hätten erkenntnisreiche Einblicke gegeben. „Wir haben es uns wahrlich nicht einfach gemacht.“ Ziel sei gewesen, freiwillige Maßnahmen vor verpflichtenden Regelungen zu stellen. Der jetzige Gesetzentwurf sei gelungen, werde aber dennoch nach fünf Jahren erneut evaluiert.

Der Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz, Alexander Flierl (CSU), lobte in der anschließenden Aussprache den frühen Einbezug der Verbände durch Praxischecks und Anhörungen – auch wenn die Meinungen teilweise unterschiedlich waren. „So funktioniert Gesetzgebung.“ Der Wassercent sei ein geeignetes Steuerungselement. Wichtig seien dabei Nachvollziehbarkeit, Gerechtigkeit, Bürokratiearmut und verlässliche Kontrollmöglichkeiten wie Zähler, Buchaufzeichnungen oder eidesstattliche Versicherungen.

FREIE WÄHLER: Gesetz ist unbürokratisch und praxistauglich

Marina Jakob (FREIE WÄHLER) betonte den „Fünfklang“ aus CSU, FREIEN WÄHLERN, dem Bürokratieabbaubeauftragten, dem Umweltministerium und Verbänden. Die enge Abstimmung in regelmäßigen Runden und der Praxischeck hätten früh gezeigt, worauf zu achten sei, damit das Gesetz einfach, unbürokratisch und praxistauglich umgesetzt werden könne.

Harald Meußgeier (AfD) lehnte den Wassercent entschieden ab. Statt neuer Regeln brauche es weniger Gesetze und Bürokratie. Ebenso kritisierte er das schnelle Gesetzgebungsverfahren ohne ausreichende Debatte. Positiv bewertete er die Stärkung der öffentlichen Trinkwasserversorgung und den Hochwasserschutz. Der Wassercent hingegen verteuere nur Entnahmen, trage nicht zum Klimaschutz bei und diene aus seiner Sicht lediglich als zusätzliche Einnahmequelle.

Patrick Friedl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kritisierte das stark verkürzte Verfahren und sah die Novelle den Herausforderungen von Klimaerhitzung, Trockenheit und Starkregen nicht gewachsen. Empfehlungen der Expertenkommission vor fünf Jahren fänden sich kaum wieder. Statt konsequenter Digitalisierung und mehr Mitteln für Wasserschutz gebe es zunehmend personelle Engpässe, obwohl Wasser immer knapper werde.

Die Stellungnahmen zeigten, „dass der Entwurf in vielen Punkten gut gemeint, aber handwerklich nicht ausgereift ist“, konstatierte Anne Rasehorn für die SPD. So dürften verbrauchte Wassermengen zum Beispiel geschätzt werden. Die Abgeordnete kritisierte ebenfalls das Hauruckverfahren: Zentrale Änderungen seien erst Tage zuvor bekanntgeworden. Für ein so wichtiges Gesetz brauche es mehr Zeit zur Prüfung und für Änderungsanträge.

/ David Lohmann

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