Landtagspräsidentin besucht Israel – Knesset-Vizepräsidentin kommt für Holocaust-Gedenktag 2015 in den Landtag

Freitag, 7. November 2014

– Von Dr. Anton Preis –

Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Karl Freller, MdL und Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, konnten während ihrer dreitägigen Israelreise in Gesprächen mit Vertretern der Knesset in Jerusalem wichtige Vereinbarungen für die bayerisch-israelische Zusammenarbeit treffen. Unter anderem konnten sie Ruth Calderon, Vize-Präsidentin der Knesset als Ehrengast für den Holocaust-Gedenktag des Bayerischen Landtags am 27. Januar 2015 gewinnen.

Knesset-Präsident Yuli-Yoel Edelstein unterstrich in einem Gespräch die hohe Bedeutung der Beziehungen zwischen beiden Ländern, insbesondere im Hinblick auf das fünfzigjährige Bestehen diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Israel im nächsten Jahr. Landtagspräsidentin Barbara Stamm erinnerte an die lebendige jüdische Gemeinde in Bayern und lobte: „Unsere Kontakte könnten nicht besser sein.“ Zugleich betonte sie die Bedeutung einer steten Erinnerungskultur, wie sie der Bayerische Landtag seit Jahren lebt. „Besonders für junge Menschen ist es wichtig, dass sie die Erinnerung an den Holocaust weitertragen, sich gegen jegliches Vergessen stemmen und die jüdische Gemeinde gegen Übergriffe verteidigen.“ Ebenso äußerte sich Karl Freller gegenüber dem Knesset-Präsidenten: „Wir müssen die Zeit, die nach den Zeitzeugen kommt, ins Auge fassen und den Geist der Freundschaft weiterführen.“

Sowohl Stamm als auch Freller sahen daher besonders die Bildungspolitik als Feld weiteren parlamentarischen Austauschs an. Entsprechend wird am 28. Januar 2015, direkt nach dem Holocaust-Gedenktag, ein Studientag Israel speziell für junge Menschen im Landtag abgehalten werden.
Die Vizepräsidentin der Knesset, Ruth Calderon, sicherte auf Einladung durch die Landtagspräsidentin spontan ihr Kommen beim Holocaust-Gedenktag am 27. Januar 2015 zu. Calderon, deren Mutter aus Mannheim kommt und die noch vor dem Zweiten Weltkrieg ins damalige Palästina fliehen konnte, wird als Ehrengast im Maximilianeum eine Rede zum Gedenkakt halten.

Deutsche Einrichtungen leisten seit über 100 Jahren Bildungsarbeit vor Ort

Am Nachmittag des 5. November besuchten Barbara Stamm und Karl Freller das St. Charles Hospice in Jerusalem, das von deutschen Schwestern des Hl. Karl Borromäus-Ordens geleitet wird. Seit über 100 Jahren widmen sich die Schwestern dort der Pilgerbetreuung und der Bildungsarbeit. Im eigenen Kindergarten werden rund 140 Kinder, zumeist Mädchen, zusammen mit arabischen Erzieherinnen auf die Schule vorbereitet. In vier, nach Alter getrennten Gruppen unterrichten je zwei Kindergärtnerinnen Lesen und Schreiben, das Zählen und einfaches Rechnen. Aber auch Musik und Sport stehen auf dem Programm.
Die Kinder werden dabei nicht nur in ihrer arabischen Muttersprache, sondern auch in Deutsch und Englisch unterrichtet. Da ist die Voraussetzung für den Besuch der deutschen Schmidt-Schule im Osten Jerusalems. Viele junge Mädchen bekommen auf diese Weise eine Chance auf einen Bildungsweg, der sie bis zum Abitur führt, das auch in Deutschland anerkannt wird. Ausbildung eröffnet diesen Mädchen Perspektiven und Möglichkeiten, die sie sonst nie hätten.

Lehreraustausch und Lehrerfortbildung soll intensiviert werden

Im Anschluss daran traf sich die Delegation mit Francoise Cafri und Merav Levy vom Kulturreferat der Stadt Jerusalem. Bei dem Gespräch wurden Anknüpfungspunkte der Stadt Jerusalem beim Holocaust-Gedenktag und dem Studientag Israel erörtert. Am 6. November stand ein Fachgespräch im Israelischen Bildungsministerium in Tel Aviv auf dem Programm. Alon Roth Snir und Moshe Zaafrani von der Abteilung für Internationale Beziehungen stellten die Kultur- und Bildungspolitik in Israel vor und hatten auch einige Schulbücher als praktische Anschauungsobjekte mitgebracht. Karl Freller brachte im Zusammenhang mit der gemeinsamen Erinnerungskultur an den Holocaust den Vorschlag, eine neue Kategorie der UNESCO einzuführen, in die diese Gedenkstätten besser passten. Zu Weltkulturerbe und Weltnaturerbe solle die eigene Kategorie „Weltgedenkerbe“ eingeführt werden. Die beiden Gesprächspartner aus dem Bildungsministerium zeigten sich sehr interessiert an dem Vorschlag und versprachen, dies auf Fachebene mit einzubringen. Zudem versprachen sie Unterstützung im Rahmen von Lehreraustausch und Lehrerfortbildung.

Beeindruckt zeigte sich die bayerische Delegation vom Beit Berl College, das wenige Kilometer außerhalb von Tel Aviv liegt. Die Professoren Aaron Seidenberg, Amos Hofman und die Professorin Saffiye Arafat Hassoune stellten zusammen die Kerninhalte der Ausbildung vor. Auf dem Campus wird friedliches Miteinander aktiv gelebt, indem jüdische und palästinensische Studenten gemeinsam ihren Studien nachgehen. 20 Prozent der israelischen Lehrer werden im Beit Berl College ausgebildet. Die College-Führung zeigte sich sehr interessiert an gemeinsamen Projekten mit Unterstützung bayerischer Bildungspolitikern, zumal da schon mehrere deutsch-israelische Vorhaben mit Unterstützung der Bundesrepublik oder der Hanns-Seidel-Stiftung verwirklicht werden konnten.

„Unsere Vergangenheit ist Mahnung und Auftrag

Der letzte Tag des Besuchs in Israel führte die Delegation an die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Yad Vashem liegt in Jerusalem und ist die weltweit bedeutendste Gedenkstätte, die an die systematische Vernichtung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus erinnert und sie wissenschaftlich aufarbeitet. Landtagspräsidentin Barbara Stamm legte dort im Namen des Bayerischen Landtags in der Halle der Erinnerung einen Kranz nieder. Sie erklärte: „Im Namen des Bayerischen Landtags verbeuge ich mich in Demut vor allen Opfern. Begreifen wir dieses düsterste Kapitel unserer Vergangenheit als Mahnung und Auftrag für eine hellere Zukunft.“

Begleitet wurde die Präsidentin von Uri Chanoch, der den Holocaust im Konzentrationslager Dachau überlebt hat und Mitglied des Boards von Yad Vashem ist. Karl Freller betonte: „Jede zukünftige Generation muss aufs Neue daran erinnert werden, dass wir angesichts dieser schrecklichen Ereignisse gegen jede Verfolgung und Unterdrückung aktiv Partei ergreifen müssen. Daher pflegen wir auch mit den bayerischen Gedenkstätten diese aktive Erinnerungskultur.“

Alle Teilnehmer der Delegationsreise zogen ein durchweg positives Fazit und waren sich sicher, dass die Gespräche, Eindrücke und Begegnungen die guten bayerisch-israelischen Beziehungen ein großes Stück vertiefen konnten.

 

Randspalte

Seitenanfang