„Für einen modernen Staat: Mehr Freiheit, mehr Vertrauen, weniger Bürokratie“ – Landtag diskutiert Parameter für einen modernen Staat

Aktuelle Stunde auf Vorschlag der Landtagsfraktion der CSU

1. April 2025

MÜNCHEN.  Auf Vorschlag der CSU-Fraktion hat der Landtag in einer Aktuellen Stunde über verschiedene Lösungswege für einen Abbau bürokratischer Hürden für Bürgerinnen und Bürger, eine damit einhergehende Digitalisierung der Verwaltung und ein Bürokratiemoratorium als Ausgangspunkt beraten.

Steffen Vogel (CSU), Vorsitzender der Enquete-Kommission "Potenziale in Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung entfesseln - Das Leben leichter machen, Bürokratie abbauen, den Staat neu denken“ eröffnete die Debatte mit dem Verweis auf Bismarck: „Die Klagen über Bürokratie sind so alt wie die Bürokratie selbst. Schon Bismarck hat gesagt: Bürokratie ist es, an der wir alle kranken. Ich muss sagen: Er hat recht.“

Angesichts eines Wertschöpfungsverlusts von 147 Milliarden EURO (laut Ifo-Institut) stuften Unternehmen die Bürokratie als die größte Wachstumsbremse hierzulande ein. Deutschland gehöre weltweit zu den Ländern mit den meisten Regularien, die Neuerungen verhinderten. Im Gegensatz dazu sei Deutschland das Silicon Valley der 1950er, 1960er und vielleicht noch der 1970er Jahre gewesen, während heute China und USA mit Hochdruck Künstliche Intelligenz etc. vorantrieben. Der Vorsitzende Vogel betonte, dass der Wettbewerb der Zukunft um Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und Wohlstand ohne Entbürokratisierung nicht zu gewinnen sei.

Steffen Vogel: „Wir brauchen meines Erachtens vier große Dinge. “

Vogel forderte erstens ein Bürokratiemoratorium, zweitens ein Anti-Gold-Plating-Gesetz, drittens eine Überprüfung von über das europäische Maß hinaus gehenden Gesetzen und außerdem die Grundbotschaft „Tu es einfach“ für mehr pauschale Förderungen und Regelungen.

Abschließend reichte er im Namen der CSU-Fraktion allen Fraktionen im Landtag die Hand für eine schlankere Verwaltung sowie eine Modernisierung und Digitalisierung zum Wohle eines starken Bayern.

Kathrin Ebner-Steiner: „Wir brauchen günstige Energie für alle.“

Die Fraktionsvorsitzende der AfD, Kathrin Ebner-Steiner, kritisierte die CSU-Fraktion für das Thema der Aktuellen Stunde. Sie bemängelte die teilweise per Fax stattfindende Kommunikation in Bayerns Behörden und die löchrige Netzabdeckung. Für weniger Bürokratie brauche Bayern „mutige Reformen, innovative Unternehmer und eine Politik, die Wohlstand ermöglicht“ und „Ideengeber wie Milei und Musk.“  Die AfD habe ein echtes Regierungsprogramm für die wirtschaftliche Wende: „Die Lohnnebenkosten müssen endlich runter. Die CO2-Abgabe muss weg. Wir brauchen günstige Energie für alle.“

Felix Locke: „Die Start-up-Hochburg Bayern“

Felix Locke (FREIE WÄHLER) verwies auf die heutigen „Zeiten des Umbruchs, in denen Unsicherheit, Krisen und Komplexität zunehmen“ und formulierte ein klares Ziel seiner Partei: „Wir wollen einen modernen Staat, der den Menschen dient, der sie nicht gängelt, der vertraut statt misstraut und der den Mut hat, sich selbst neu zu denken.“ Ein Blick in die Realität zeige: „Während sich Unternehmen in digitalen Innovationszyklen von wenigen Wochen bewegen, arbeitet unser Staat oft mit Faxgeräten, Formularen und Papierakten.“ Der Abgeordnete Locke hob aber hervor, dass Bayern schon jetzt die Start-up-Hochburg in Deutschland sei: „Warum sollten wir nicht auch das Silicon Valley überholen? Meiner Meinung nach wäre dies mit den besseren Rahmenbedingungen möglich. Die richtigen Minister dafür haben wir in der Staatsregierung allemal.“

Der Abgeordnete Johannes Becher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mahnte eingangs an, dass Freiheit, Vertrauen und Entbürokratisierung ein wichtiges und trauriges Thema sei, weil wir zu langsam seien. Trotz ein paar einzelnen, als Erfolge gefeierten Veränderungen in Gesetzen, fehle bislang völlig „die große Vision, das Umsteuern, das Neudenken und der notwendige Change in der Haltung, der Arbeitsweise, in den Richtlinien, in den Gesetzen, in den einzelnen Behörden und der Kultur.“ 

Johannes Becher: Schweden als gelungenes Beispiel für Verwaltungsdigitalisierung

Der Abgeordnete Becher sieht Schweden bei der Digitalisierung der Verwaltung 20 Jahre voraus. Diese bittere Bestandsaufnahme teile auch die IHK. In diesem Zusammenhang lobte Becher den Vorsitzenden der Enquete-Kommission für dessen Handlungsvorschläge: „Ich möchte explizit Herrn Kollegen Vogel loben. Ich halte die Zusammenarbeit für hervorragend.“

Darin seien wichtige Punkte enthalten: „Mischzuständigkeiten entwirren, Förderprogramme einfacher, pauschaler gestalten, Stichproben bei Fördersummen unter 25.000 Euro. In solchen Fällen muss doch nicht jeder einen Verwendungsnachweis schreiben. DIN-Normen dürfen nicht die Bibel sein.“

Die Abgeordnete Katja Weitzel (SPD), unterstützte eingangs das Motto der Aktuellen Stunde: „Mehr Freiheit, mehr Vertrauen, weniger Bürokratie.“ Auch die SPD stelle sich einer ernsthaften und sinnvollen Entbürokratisierung nicht entgegen: „Im Gegenteil: Wer einen modernen leistungsfähigen Staat will, muss Mut haben zur Vereinfachung und Digitalisierung von Verwaltung,“ so Weitzel.

Sie sehe Bürokratie jedoch nicht nur als Ballast und auch nicht nur schlecht, sondern als zentrales Element unseres Rechtsstaates. Bürokratie sorge für Transparenz, Gleichbehandlung und Verlässlichkeit. Bürokratie heiße auch Bürgerbeteiligung, Bürgerbegehren, Rechtswege, Zugang zu Rechtswegen und Kontrollinstanzen. All das mache unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat aus, und das seien Elemente demokratischer Prozesse. „Wer das aushebelt, öffnet gefährlichen Tendenzen Tür und Tor. Wir sehen gerade in den USA und in Argentinien, was passiert, wenn Bürokratieabbau mit der ideologischen Abrissbirne passiert.“ Abschließend betonte die Abgeordnete Weitzel das ja zum modernen Staat, ja zu klaren Verwaltungsstrukturen und digitaler Effizienz, aber auch ja zum Rechtsstaat mit all seinen Errungenschaften.

Staatsminister Herrmann: Entbürokratisierung und fraktionsübergreifende Zusammenarbeit in der Enquete-Kommission

Für die Staatsregierung betonte Staatsminister Dr. Florian Herrmann in der Aktuellen Stunde die hohe Bedeutung der Entbürokratisierung als eine der zentralen Herausforderungen der laufenden Legislaturperiode hier in Bayern, aber auch der nächsten Legislaturperiode in Berlin. Es sei gut, sich diese Stunde Zeit zu nehmen, „weil es auch in der Öffentlichkeit ankommen muss, dass wir mit Entbürokratisierung ernst machen,“ sagte Herrmann. Er unterstrich, dass vor allem die Unternehmen, aber auch die Bürgerinnen und Bürger, die privat und ehrenamtlich Tätigen alle weniger Staat, mehr Freiheit, mehr Vertrauen, weniger Misstrauen, weniger Kontrolle, weniger Berichte, weniger Statistiken wollen. „Wir müssen da einfach liefern“, so Herrmann. 

Er lobte die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit in der Enquete-Kommission und dankte insbesondere den Abgeordneten Steffen Vogel und Walter Nussel (beide CSU) für ihr Engagement bei der Identifikation und Lösung bürokratischer Probleme, sowie dem Abgeordneten Sebastian Friesinger (CSU) für seine Redebeiträge und sein Engagement innerhalb der Bürgerallianz.

Im weiteren Verlauf kritisierte Herrmann bürokratische Maßnahmen der Bundesregierung, insbesondere das Kohlendioxidkostenaufteilungsgesetz und das Kindergrundsicherungsgesetz. Er stellte heraus, dass eine übermäßige Regulierung und Berichtspflicht unnötige Belastungen für Unternehmen und Verwaltung schaffe. Die bayerische Staatsregierung setze hingegen auf pragmatische Lösungen mit Augenmaß und gesundem Menschenverstand.

Abschließend plädierte Herrmann für eine schlanke Gesetzgebung, die sich auf das Notwendige beschränke: „Wir brauchen einen starken Staat, der für die Schwachen da ist. Deshalb muss er schlank sein. Der Staat muss im Äußeren wie im Inneren für Sicherheit sorgen. Im übrigen muss er die Menschen in Ruhe lassen - insbesondere die Unternehmer, die Mittelständler und auch den Rest der Bevölkerung“, betonte er. Der Staat solle dort stark sein, wo es nötig sei, und dort für Sicherheit sorgen, wo Schwache ihn brauchten.

/Thomas Schaller

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