Landtag bringt Krebsregistergesetz auf den Weg

Mittwoch, 23. Februar 2017
– Von Jürgen Umlauft –

Bayern bekommt ein neues Krebsregistergesetz: Die CSU-Fraktion verabschiedete mit ihrer Stimmenmehrheit einen entsprechenden Entwurf der Staatsregierung. Dieser sieht eine Meldepflicht aller Krebsfälle an eine beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) einzurichtende Zentralstelle vor. Neben der Art des Tumors sollen dort auch Patientendaten und Behandlungsformen gespeichert werden. Ziel ist es, aus der Fülle der Daten genauere Erkenntnisse über erfolgversprechende Behandlungsmethoden vor allem bei selteneren Krebserkrankungen zu entwickeln. Die bisherigen sechs regionalen Krebsregister bleiben erhalten, werden aber dem LGL zugeordnet. Die Opposition sprach sich grundsätzlich für ein Zentralregister aus, lehnte den Gesetzentwurf der Staatsregierung aber wegen gravierender datenschutzrechtlicher Bedenken ab.

Gesundheitsministerin Melanie Huml erklärte, das neue zentrale klinisch-epidemologische Krebsregister bringe wesentliche Vorteile mit sich, um einen verstärkten Kampf gegen die Volkskrankheit Krebs führen zu können. Jährlich würden rund 70.000 Menschen in Bayern neu an Krebs erkranken. Das Gesetz sei ausgewogen, schaffe eine tragfähige wie zukunftsweisende Struktur und beziehe vorhandenes Expertenwissen ein. Durch die zentrale Speicherung und Auswertung aller verfügbarer Daten am LGL erhalte man bayernweite Vergleichsmöglichkeiten und könne langfristig die Qualität der onkologischen Behandlung verbessern. Den „Maximalforderungen“ des Datenschutzbeauftragten sei man so weit wie möglich entgegengekommen. So dürfe einzig eine gesonderte Vertrauensstelle dauerhaft Identitätsdaten von Patienten speichern, ansonsten würden die Daten pseudonymisiert.

Die Opposition hielt die erst noch im Verordnungsweg zu beschließenden datenschutzrechtlichen Vorkehrungen für nicht ausreichend. „Es ist skandalös, dass wesentliche Themen wie der Datenschutz und die Zuweisung von Kompetenzen in diesem Gesetz nicht geregelt sind“, erklärte die SPD-Abgeordnete Kathrin Sonnenholzner. „Wir kaufen damit die Katze im Sack.“ Zwar sei eine getrennte Speicherung von personen- und krankheitsbezogenen Daten vorgesehen, die Umsetzung sei aber unklar. Auch aus diesem Grund habe der bayerische Datenschutzbeauftragte wiederholt massive Bedenken geäußert. Die Meldepflicht durch die Ärzte ist aus Sicht Sonnenholzners nicht erforderlich, weil bereits heute bei freiwilliger Meldung an die regionalen Register 96 Prozent der Patienten einer Weitergabe ihrer allerdings anonymisierten Daten zustimmen würden. Künftig gebe es nur ein kompliziertes Widerspruchsverfahren, das Krebspatienten zusätzlich unnötig belaste.

Für die FREIEN WÄHLER verwies Karl Vetter darauf, dass auch fast alle Fachverbände Kritik an dem Gesetzentwurf geäußert hätten. Deren Bedenken seien größtenteils bis heute nicht ausgeräumt. „Das Gesetz ist nötig, aber in dieser Form wird einmal mehr Politik über die Köpfe der Betroffenen hinweg gemacht“, sagte Vetter. Ulrich Leiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ergänzte, es sei in Bayern wohl noch kein Gesetzentwurf vorgelegt worden, „der die gebündelten Kompetenzen der Betroffenen derart ignoriert“. Er forderte ein Festhalten an der Autonomie der regionalen Krebsregister und ein datenschutzrechtlich einwandfreies Verfahren. Bernhard Seidenath (CSU) bezeichnete die Vorwürfe der Opposition als „inhaltlich dünn“. Der weitreichende Zugriff auf die Patientendaten sei dadurch gerechtfertigt, dass künftig das Recht auf Leben und Gesundheit besser geschützt werden könne. Nur über die Sammlung möglichst umfassender Daten lasse sich die Versorgung von Krebspatienten in Bayern nachhaltig verbessern.
 

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