Rohstoffsicherheit für die Bauwirtschaft in Bayern

Sachverständigenanhörung im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr

28. Januar 2025

MÜNCHEN.     Lieferengpässe und Preissprünge bei Rohstoffen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben auch die bayerische Bauwirtschaft aufgeschreckt. Im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr haben Vertreter der Branche im Rahmen einer Anhörung Forderungen an die bayerische Politik zur Gewährleistung der Rohstoffsicherheit in der Bauwirtschaft formuliert. Der jährliche Bedarf an Rohstoffen für den Hoch- und Tiefbau wurde mit 150 Millionen Tonnen angegeben.

Die bayerische Bauwirtschaft wünscht sich von der Landespolitik einen spürbaren Bürokratieabbau bei der Förderung von Rohstoffen und eine langfristige Sicherung von Abbaurechten. Das waren die Kernforderungen bei einer Anhörung im Bauausschuss zum Thema "Rohstoffsicherheit für die Bauwirtschaft in Bayern". Zudem brauche es praktikablere Regeln für das Bauschuttrecycling und eine höhere Akzeptanz der daraus gewonnenen Sekundärrohstoffe. Der Geschäftsführer Bauen beim Industrieverband Bau, Steine und Erden (BIV), Bernhard Kling, erklärte, grundsätzlich seien in Bayern mineralische Rohstoffe für die Bauwirtschaft "nahezu unerschöpflich vorhanden". Anders sehe es aber mit der tatsächlichen Verfügbarkeit aus, die durch vielfältige Abbauvorschriften eingeschränkt sei. "Es gibt viele Einzelpunkte, die unseren Unternehmen das Leben schwer machen", sagte Kling.

Mehr Miteinander statt Gegeneinander gefordert

Als Beispiel nannte er den Grundwasserschutz. Viele Abbauvorhaben scheiterten an entsprechenden Vorgaben, obwohl die zumeist nur temporären Eingriffe kaum oder keine Auswirkungen auf den Wasserhaushalt hätten und im Sinne der Artenvielfalt durch die Schaffung neuer Biotopflächen sogar von Vorteil seien. Hier brauche es eine realistischere Folgenabschätzung. Martin Drognitz, Bereichsleiter beim Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK), nannte weitere Probleme mit "konkurrierender Flächennutzung", etwa mit dem Bau von Windkraftanlagen. Weil es für diese in der Landesplanung ausgewiesene Vorranggebiete gebe, würden die Belange des Rohstoffabbaus nachrangig behandelt. Hier sei eine bessere Abstimmung nötig. Kling ergänzte: "Wir brauchen in der Genehmigungspraxis mehr Miteinander und weniger Gegeneinander."

Als wenig hilfreich brandmarkten die Experten die Vorgabe im Landesentwicklungsprogramm, für Rohstoffe möglichst zentrale Abbaustätten zu nutzen. Manfred Hoffmann, geschäftsführender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Bergbau- und Mineralgewinnungsbetriebe, sprach sich dafür aus, mehr dezentrale Abbaustätten zuzulassen. Dies sei besser für den Natur- und Artenschutz und halte auch die Transportkosten zu den örtlichen Baustellen niedrig. BIV-Präsident Georg Fetzer sagte, "die Optimalstruktur ist die Kiesgrube hinterm Haus". Nötig sei ein "klares Bekenntnis der Politik zur heimischen Rohstoffgewinnung". In manchen Regionen sei schon heute eine Unterversorgung spürbar. Auch Georg Gerhäuser, Präsident des Landesverbandes Bayerischer Bauinnungen, bezeichnete die regionale Verfügbarkeit von Rohstoffen als bedeutenden Faktor für Versorgungssicherheit und Kostenkontrolle.

Aufwertung von Holz als Baustoff

Für die stärkere Nutzung von heimischem Holz im Baubereich trat Alexander Stärker, Vorsitzender des Vereins "Familienbetriebe Land und Forst Bayern", ein. "Wir haben in Bayern die größten Holzvorräte weltweit, da können wir durchaus mehr einschlagen", erklärte er. Am besten gelinge dies mit nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Als großer CO2-Speicher könne Holz am Bau eine entscheidende Rolle beim Klimaschutz spielen. Auch Julia Möbus vom Bundesverband der Säge- und Holzindustrie plädierte wegen der großen Holzvorräte für eine intensivere Holznutzung. Problem sei allerdings, an das verfügbare Holz auch zu kommen. Gerade im Privatwald lasse die Effizienz der Holzernte mitunter zu wünschen übrig. Hier könne eine bessere staatliche Förderung helfen, meinte Möbus. Auf der anderen Seite warb sie um die unbürokratischere Ausweisung von Lagerflächen für anfallendes Schadholz nach Schädlingsbefall oder Unwettern. Sonst drohe wertvolles Holz unaufgearbeitet verloren zu gehen.

Staat beim Recycling kein Vorbild

Auf die Chancen des Bauschuttrecyclings verwies Stefan Schmidmeyer, Geschäftsführer des Vereins "Baustoff Recycling Bayern". "Da stecken riesige Potenziale drin, die wir leider noch nicht ausschöpfen", klagte er. Es gehe darum, Schuttablagerungen zu vermeiden und Wertstoffkreisläufe zu schließen. Nicht zuletzt aus Kosten- und Verfügbarkeitsgründen könnten Sekundärrohstoffe ein großer Faktor auf dem Bau werden, meinte Schmidmeyer. Er hielt eine Verdoppelung des Anteils von Recyclingprodukten am Bau auf 30 Prozent der eingesetzten Rohstoffe für möglich. Um dies zu erreichen, müssten aber die Rahmenbedingungen verbessert werden. Zudem müsse die öffentliche Hand als großer Bauträger verstärkt auf Sekundärrohstoffe zugreifen. Obwohl recycelte Materialien strengsten Vorgaben entsprächen, ließen die Baubestimmungen bei öffentlichen Bauvorhaben ihren Einsatz nicht immer zu. Mit ihrer Zurückhaltung missachteten Staat und Kommunen ihre Vorbildfunktion bei der Verwendung nachhaltiger Produkte, kritisierte Schmidmeyer.

Als belastend für die Branche wurden die zuletzt stark gestiegenen Rohstoffpreise genannt. Der Architekt Robert Viktor Scholz verwies auf Steigerungen von 50 bis 80 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. "Bei den Preisen liegt der wunde Punkt des Geschehens", sagte er. Als Gegenstrategie empfahl er die konsequente Nutzung heimischer Rohstoffe, deren Ausbeutung erleichtert werden müsse, und das verstärkte Nutzen von Recyclingmaterialien. Vor diesem Hintergrund warnte Scholz vor dem Einsatz technisch immer komplexer werdender Bauelemente, die rentables Recycling erschwerten. Hier sei der Gesetzgeber bei der Zulassung neuer Verbundmaterialien in der Verantwortung.

Schluss mit den "Gutachterschlachten"

Einig waren sich alle Experten in ihrer dringenden Forderung nach einem Bürokratieabbau. "Wir werden überfrachtet mit unsinniger Bürokratie", fasste Stärker den Unmut zusammen. Selbst bei kleinsten Vorhaben würden Umweltverträglichkeitsgutachten gefordert. In den Behörden mangele es an Entscheidungsfreude. Lieber sichere man sich mit teuren externen Gutachten doppelt und dreifach ab. Schmidmeyer sprach von regelrechten "Gutachterschlachten", die immer mehr Unternehmer dazu brächten, Projekte erst gar nicht in Angriff zu nehmen. Erschwerend komme hinzu, dass Gesetze und Verordnungen nicht nach Wortlaut angewandt würden, sondern oft noch von den lokalen Behörden mit zusätzlichen Auflagen versehen würden. Hoffmann stellte zudem fest, dass es gerade auf der Ebene der unteren Genehmigungsbehörden zu wenig fachkundiges Personal gebe. Die Folge sei, dass Verfahren an übergeordnete Stellen abgegeben würden, was Verzögerungen und oft auch Mehrkosten zur Folge habe.

/ Jürgen Umlauft

 

 

 

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