Bauausschuss: Expertenanhörung zur Novellierung der bayerischen Bauordnung

22. Oktober 2019
– Von David Lohmann –

Viele Menschen leiden unter den steigenden Mietpreisen – in Ballungsgebieten, aber immer häufiger auch im Umland. Wie kann schneller, günstiger und mehr gebaut werden, wollte der Bauauschuss des Landtags in seiner Expertenanhörung „Novellierung und Entschlackung der Bayerischen Bauordnung“ in Erfahrung bringen.

Matthias Simon, Verwaltungsdirektor beim Bayerischen Gemeindetag, sprach sich dagegen aus, „die Axt an ein unschuldiges Gesetz“ anzulegen. Nicht die Bayerische Bauordnung sei für die langen Bearbeitungszeiten und hohen Baukosten verantwortlich, sondern der Personalmangel in den Behörden und den Bodenpreisanstieg in Ballungsregionen. Die geplante Drei-Monats-Frist für Baugenehmigung bezeichnete Simon als Misstrauensvotum des Freistaats gegen seine Mitarbeiter.

Dipl.-Ing. Reinlinde Leitz, Leitende Baudirektorin a.D., war über 30 Jahre Kreisbaumeisterin im Landratsamt Fürstenfeldbruck. Sie macht die hohen Grundstückspreise, die gestiegene technische Ausstattung und die höheren Ansprüche an die Größe der Wohnung für die Kostensteigerungen verantwortlich. An den langen Bearbeitungszeiten seien die Bauherren oft selbst schuld, weil die Unterlagen häufig nicht vollständig seien.

„Für die Kostensteigerungen ist der zunehmende Flächenbedarf je Person, die ausartende Streitkultur am Bau und die steigende Nachfrage aufgrund der niedrigen Zinsen verantwortlich“, sagte Dipl.-Ing. Peter Henke, Gesellschafter der henke rapolder frühe Ingenieursgesellschaft. Schneller gebaut werden könnte, wenn Bauverwaltungen mehr qualifiziertes Personal erhielten und Jugendliche wieder häufiger den Handwerksberuf erlernen würden.

Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbunds im Landesverband Bayern, sieht im Bauland den größten Kostentreiber beim Bauen. Um das zu ändern, müssten nicht nur die Bayerische Bauordnung, sondern auch das Baugesetzbuch und die Steuergesetzgebung geändert werden. Schmid-Balzert wies darauf hin, dass die Mieten in Bayern abseits von Ballungsräumen und Universitätsstädten zum Teil sehr günstig seien und es daher differenzierte Lösungen brauche.
Dipl.-Kfm. Hans Maier, Direktor beim Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW), wünscht sich eine Reduzierung der Abstandsstandflächen und Änderungen beim sogenannten Stellplatzschlüssel, also der Anzahl von Parkplätzen pro Bauvorhaben. „Die Regelung zwingt uns, Stellplätze zu bauen, die nachher leer stehen“, sagte er. Das sei Platzverschwendung. Die Stellplatzpflicht beim geförderten Wohnungsbau sollte daher auf 0,5 Stellplätze reduziert werden.

Dipl.-Ing. Klaus Bauer von der Arbeitsgruppe Planung + Architektur erhofft sich günstigere Baukosten durch eine Reduzierung der Abstandsflächen zum nächsten Gebäude. Außerdem müssten Bushaltestellen, Fahrradstellplätze und Carsharing-Angebote beim Stellplatzschlüssel mit einberechnet werden. Um die Bodenpreise nicht weiter in die Höhe zu treiben, sollte über eine Umverteilung von Behörden oder Hochschulen auf ländliche Regionen nachgedacht werden.

Der Präsident des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen (LBB), Dipl.-Ing. Wolfgang Schubert-Raab, sprach sich für eine Reform der Bauordnung aus. In den letzten Jahrzehnten sei das Gesetz um immer neue Paragrafen ergänzt worden – ohne dass etwas gestrichen wurde. „Mitarbeiter in den Genehmigungsbehörden führen zu 25 Prozent Abwehrgespräche“, sagte er. Künftig müsse es wieder möglich sein, eine Baugenehmigung in einem „vernünftigen Zeitrahmen“ zu bekommen.

Andreas Eisele, Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen beim Landesverband München, wünscht sich eine Beschleunigung aller Bauprozesse, eine Nachverdichtung bei Wohnarealen und die „Eliminierung von Preistreibern“, beispielsweise bei beim Brandschutz. Auch die Mietpreisbremse gehört laut Eisele auf den Prüfstand. „Wir können nicht erkennen, wie sie helfen soll, mehr Wohnraum zu schaffen“, sagte er.

Die CSU-Fraktion sah sich nach der Expertenanhörung in ihrem Vorhaben bestätigt, die Bayerische Bauordnung zu modernisieren. „Bauen muss einfacher, schneller, nachhaltiger und flächensparender werden“, sagte Ulrike Scharf (CSU). Dazu sollen unter anderem Dachausbauten und einstöckige Anbauten wie Wintergärten genehmigungsfrei werden. Auch die Digitalisierung im Baubereich soll vorangetrieben werden.

Hans Friedl (FREIE WÄHLER) schloss sich den Worten seiner Vorrednerin an. „Wir wollen die Entschlackung der Bayerischen Bauordnung vorantreiben und viele Regelungen neu skalieren“, sagte er. Dazu gehöre beispielsweise bei den Abstandsflächen die Abschaffung des 16-Meter-Privilegs und bei der Bearbeitungszeit der Genehmigungsverfahren eine Höchstfrist von drei Monaten.
Für den Ausschussvorsitzenden Dipl.-Ing. Sebastian Körber (FDP) ist die Reduzierung der Baukosten durch Überprüfung der Standards und Vorgaben in den Bereichen Energieeinsparung, Umwelt, Lärm, Brandschutz und Barrierefreiheit wichtig. Dort gibt es seiner Ansicht nach die großen Kostentreiber. „So bekommen wir mehr bezahlbaren Wohnraum, insbesondere durch Neubau“, betonte er.

Für Inge Aures (SPD) war nach der Anhörung klar, dass die Experten sowohl die Entschlackung der Bayerischen Bauordnung als auch die Drei-Monats-Frist zur Erreichung von Baugenehmigungen positiv sehen. Sie forderte: „Die Stellplatzverordnung und Abstandsregelungen müssen flexibilisiert werden.“ Typengenehmigungen sollten ebenfalls ermöglicht werden.

Auch die AfD sah sich in ihrem Motto „Bauen, bauen, bauen“ durch die Anhörung bestätigt. „Schlussendlich kann aber nur ein Konglomerat aus sehr vielen Einzelmaßnahmen die Wohnungsnot wenigstens teilweise lindern“, sagte deren Abgeordneter Uli Henkel. Dazu gehörten unter anderem vereinfachte Bauweisen, ein Abspecken der Auflagen und steuerliche Anreize für private Investoren.

Dipl.-Ing. Ursula Sowa (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hingegeben konnte nach der Anhörung nur kleine Stellschrauben erkennen, um Bauen und Wohnen billiger zu machen. Eine Schlüsselfunktion kommt ihrer Meinung nach der Förder- und Genehmigungspraxis zu. „Vor allem bei der digitalen Baugenehmigung muss der Freistaat die Kommunen kräftig unterstützen“, sagte Sowa.
 

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