Demokratische Werte in der Welt fördern – Berichte des Landtages und der Staatsregierung zur Entwicklungszusammenarbeit

Entwicklungspolitik: Landtag stärkt Demokratieverständnis

München, 19.03.2024

Welche entwicklungspolitischen Ziele verfolgt der Freistaat in Ländern des Globalen Südens? Antworten darauf geben die beiden Berichte zum entwicklungspolitischen Engagement des Bayerischen Landtages und der Staatsregierung, die den Mitgliedern des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen vorgestellt wurden.

Das entwicklungspolitische Engagement des Landtages startete bereits im Jahr 2016 aufgrund der damaligen Flüchtlingssituation. Fraktionsübergreifend verabschiedete der Landtag entwicklungspolitische Leitlinien um u.a. Fluchtursachen zu verhindern. Das erste Förderziel bestand darin, mithilfe eines Onlinestudiengangs aus Syrien geflüchteten Frauen und Männern im Camp Domiz im Nordirak ein Bildungsangebot zu ermöglichen. Das Präsidium beschloss schließlich die Aktivitäten – begleitend zum Afrika-Paket der Staatsregierung – auf den afrikanischen Kontinent zu fokussieren. Neben Projekten in Tunesien, Tansania und Uganda liegt der Schwerpunkt des entwicklungspolitischen Engagements des Landtags insbesondere auf Südafrika mit der Partnerregion Westkap. „Dem Parlament geht es in erster Linie um die Förderung demokratischer Werte. Wir unterstützen daher im Rahmen von Projekten die Bildungsarbeit vor Ort um Zivilgesellschaft und Eigenverantwortung der Menschen zu stärken“, erläuterte die leitende Ministerialrätin Sibylle Lux, im Landtag verantwortlich für die Entwicklungszusammenarbeit und politische Bildung.

Projektarbeit in sozialen Brennpunkten

Die entwicklungspolitischen Aktivitäten von Staatsregierung und Landtag gehen dabei im Rahmen der Kooperation mit der Hope-Kapstadt Stiftung in Südafrika Hand in Hand. Die Mitglieder des Präsidiums konnten sich im Jahr 2022 im Rahmen einer Reise nach Westkap vor Ort mit Teilnehmerinnen und Initiatoren verschiedener Projekte austauschen. Im vergangenen Jahr wurden u.a. Frauen, die selbst Opfer von Gewalt waren, in einem Workshop zur Überwindung von geschlechtsspezifischer Gewalt zu Mentorinnen ausgebildet. Ein weiterer Workshop befasste sich mit Bürgerrechten und Teilhabe, indem im Vorfeld der Wahlen das demokratische Bewusstsein gefördert wurde. Um das Empowerment und die Weiterbildung von Frauen zu unterstützen, konzentrierte der Landtag die Projektarbeit im Jahr 2023 auf das Engagement in sozialen Brennpunkten südafrikanischer Townships.

Neu: Zusammenarbeit mit Kenia

Grundsätzlich liegt die Zuständigkeit für Entwicklungszusammenarbeit bei der Bundesregierung. Den Ländern und Kommunen kommt in diesem Bereich jedoch zunehmend eine Schlüsselrolle zu, indem auch sie durch ihre eigenen Aktivitäten einen wichtigen Beitrag auf nationaler und internationaler Ebene leisten. Melanie Habelitz-Wollgam, zuständige Referatsleiterin in der Staatskanzlei, stellte dazu den ersten Bericht in der neuen Legislaturperiode über die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Bayerischen Staatsregierung aus dem Jahr 2022 mit Ausblick auf 2023 vor. Grundlage bildet das Bayerische Afrikapaket, das im Jahr 2019 vom Kabinett verabschiedet wurde und sowohl geographische als auch inhaltliche Schwerpunkte beinhaltet. „Neben den Schwerpunktregionen Tunesien, Senegal, Westkap und Äthiopien konzentriert sich die Staatsregierung auf Themenbereiche, in denen der Freistaat Expertise vorweisen kann. Dazu zählen: Öffentliche Verwaltung, wirtschaftliche Beziehungen, schulische und berufliche Bildung, Wissenschaft, Landwirtschaft und Umwelt“, sagte Habelitz-Wollgam. Diese inhaltliche Ausrichtung wurde auch im aktuellen Koalitionsvertrag von 2023 bekräftigt. Als eine zusätzliche Schwerpunktregion wurde die Zusammenarbeit mit Kenia mit aufgenommen.

Pflege bilateraler Beziehungen

Während die entwicklungspolitische Inlandsarbeit u.a. durch das Promotorenprogramm abgedeckt wird, zählt die Pflege bilateraler Beziehungen im Rahmen von Reisen mit zu den wichtigsten Auslandsaktivitäten. So konnte nach der Coronapandemie im Jahr 2022 erstmals wieder seit 2019 im Rahmen von Reisen nach Westkap, Tunesien und in den Senegal die damalige Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales, Melanie Huml, die Projekte vor Ort besichtigen. Das seit 2019 bestehende Afrikabüro in Addis Abeba fungiert als Anlaufstelle für bayerische NGOs und Unternehmen. Die Mitarbeiter bauen zudem den Kontakt zur Afrikanischen Union kontinuierlich aus, worüber die Büroleiter sowohl im Jahr 2021 als auch 2023 im Europaausschuss berichteten.

Kritik an Transparenz

In der anschließenden Aussprache kritisierten die Abgeordneten die mangelnde Transparenz des Berichts bezüglich der bereitstehenden Haushaltsmittel. Dr. Simone Strohmayr (SPD) begrüßte, dass durch die entwicklungspolitische Inlandsarbeit das Bewusstsein für Entwicklungspolitik gefördert werde. Doch sie kritisierte die Unübersichtlichkeit des Berichts und dass er keine inhaltliche Ausrichtung der Schwerpunkte erkennen ließe. Zudem fehle eine Antwort auf die Frage, ob Aktionspläne ausgewertet werden. So fragte auch Martin Scharf (FREIE WÄHLER), ob es Erfahrungen bezüglich der Nachhaltigkeit durchgeführter Projekte sowie Erfolgsbilanzen gäbe.

Bayerns Ansehen stärken

Peter Wachler (CSU) betonte, dass Entwicklungspolitik als „Erweiterung außenpolitischer Bemühungen“ zu verstehen sei und die Chancen bietet, „Innovationen global zu teilen und bayerische Interessen im besten Sinne zu vertreten.“ Markus Rinderspacher (SPD) ergänzte abschließend, wie wichtig es sei über die Notwendigkeit von Entwicklungszusammenarbeit zu sprechen und die Chancen des Nachbarkontinents Afrika zu erkennen. Denn der Anteil der afrikanischen Bevölkerung wird in den kommenden Jahren deutlich schneller wachsen als die weltweite Gesamtbevölkerung. Laut Prognosen wird im Jahr 2050 bereits mehr als jeder vierte Mensch (rund 25,6 Prozent) auf dem afrikanischen Kontinent leben. Habelitz-Wollgam erläuterte, dass das zusätzliche Engagement in Kenia eine politische Entscheidung sei und die Staatsregierung mit verlässlichen Projektträgern vor Ort zusammenarbeiten könne. Den nächsten Bericht über das entwicklungspolitische Engagement der Staatsregierung im Jahr 2023 mit Ausblick auf 2024 kündigte sie zum Jahresende an.

/ Anja Guthardt

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