Europaausschuss: Berichte über entwicklungspolitische Aktivitäten seitens der Staatsregierung und des Landtags

Dienstag, 24. April 2018

– Von Katja Helmö –


Der Freistaat Bayern richtet seine Entwicklungszusammenarbeit verstärkt auch auf die Bekämpfung von Fluchtursachen aus: Seit 2016 wurden die Aktivitäten in diesem Bereich deutlich intensiviert, so dass mittlerweile jährlich 2,3 Millionen Euro zusätzlich an staatlichen Mitteln bereitstehen, um Menschen auf der Flucht Bleibe- und Rückkehrperspektiven in der Heimat oder in örtlicher Nähe eröffnen zu können.
Dies geht aus dem Bericht der Staatsregierung hervor, den Dr. Eva-Maria Unger, zuständige Referatsleiterin in der Staatskanzlei, im Europaausschuss vorstellte (Zum Sonderprogramm „Perspektiven für Flüchtlinge in ihren Heimatländern“, für das der Staatsregierung in den Jahren 2017/2018 20 Millionen Euro zur Verfügung stehen, erfolgt ein eigener Bericht). In kleinem Maßstab, jedoch als wichtiger Multiplikator, engagiert sich seit 2016 auch Bayerns Parlament mit Bildungsstipendien in der Entwicklungszusammenarbeit. Hierüber informierte Sibylle Lux, Leiterin des Referats Öffentlichkeitsarbeit, Politische Bildung, Besucherdienst des Bayerischen Landtags.

Insgesamt hat die Staatsregierung in den Jahren 2016 und 2017 Haushaltsmittel in Höhe von rund 8,3 Millionen Euro für entwicklungspolitische Maßnahmen im In- und Ausland eingesetzt. Ein erheblicher Anteil davon fließt inzwischen in Projekte zur Fluchtursachenbekämpfung, wie Dr. Unger ausführte. Im Fokus dieses Engagements stehen die bedürftigsten Nachbarstaaten Syriens, Tunesien, die Partnerregionen Sao Paolo und das Westkap sowie ausgewählte Staaten Afrikas und des Balkans. Bayern hilft dort, vor Ort, in den Bereichen der schulischen und beruflichen Bildung, bei der Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie der Verwaltungsstrukturen: „Viele Aktivitäten knüpfen an Projekte des Vorjahres an“, erklärte Dr. Unger und verwies etwa auf Tunesien, wo Bayern bereits seit 2012 einen intensiven Austausch pflegt – unter anderem bei der polizeilichen Ausbildung und im Justizwesen, aber auch bei der beruflichen Bildung.
Bei den Maßnahmen der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit führte Dr. Unger insbesondere Bayerns Beteiligung am bundesweiten Promotorenprogramm mit mittlerweile vier Vollzeitstellen ins Feld. Tätigkeitsbereiche hierbei seien unter anderem globales Lernen, fairer Handel, nachhaltige Beschaffung, global verantwortliches Wirtschaften, Kommunen sowie Partnerschafts- und Freiwilligenarbeit. Ein weiterer Schwerpunkt der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit der Staatsregierung liegt in der Förderung von Projekten, die im „Eine Welt Netzwerk Bayern e.V.“ zusammengefasst sind.

Vertreter aller Fraktionen lobten den Bericht und würdigten in der Aussprache übereinstimmend das verstärkte Engagement des Freistaats in der Entwicklungszusammenarbeit. Walter Taubeneder (CSU) regte an, sich bei der Auswahl der Zielländer und -regionen, zumindest auf deutscher Ebene, enger abzustimmen – ein Unterfangen, das sich aber als schwierig erweist, wie Dr. Unger angesichts der Vielzahl an Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen – von Bund, Ländern und Kommunen über Gewerkschaften, Verbände, Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen – einräumte. Gewisse koordinierende Funktionen, so Dr. Unger, übernehme das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

„Entwicklungszusammenarbeit funktioniert, wenn sie konzentriert und langfristig angelegt ist, wie dies in Tunesien der Fall ist“, erklärte Diana Stachowitz. Punktuelle Aktionen nach dem Gießkannenprinzip würden demnach nur eine geringe Wirkung entfalten, so die SPD-Politikerin. Christine Kamm (BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN) gab zu bedenken, dass Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit die Auswirkungen von gezielten Vertreibungen kaum auffangen bzw. kompensieren könnten. Vorgeschlagen wurde übereinstimmend auch, dass künftig ein noch größeres Augenmerk auf die Evaluation, also die Erfolgskontrolle, der einzelnen Projekte gerichtet wird.

Auch der Bayerische Landtag ist aktiv

Über die entwicklungspolitischen Aktivitäten des Bayerischen Landtags informierte im Anschluss Sibylle Lux, Leiterin des Referats Öffentlichkeitsarbeit, Politische Bildung, Besucherdienst. Das Parlament engagiert sich seit Ende 2016 in einem Bildungsprojekt von „Jesuit Worldwide Learning“ (JWL) im Domiz Camp/Nordirak. Das Projekt besteht darin, jungen syrischen Flüchtlingen durch Online-Bildungsprojekte Perspektiven aufzuzeigen. Wie Sibylle Lux berichtete, gliedert sich das Projekt in drei Phasen: In einem ersten Schritt wurden Sprachkurse in Englisch angeboten, die mittlerweile 60 Sprachschüler mit Erfolg abgeschlossen haben. Aktuell laufen – als zweiter Schritt – die Kurse für einen Online-Studiengang in „Liberal Arts“. Nachdem vor einem Jahr sechs Studierende begonnen hatten, hat sich die Zahl der Studierenden mittlerweile auf 20 eingependelt. Im Sommer 2018, so Sibylle Lux, sollen durch Neueinschreibungen 15 bis 20 weitere Studierende dazu kommen. Der Landtag übernimmt die Kosten für alle Stipendien. Außerdem sind – in einem dritten Schritt – auch Angebote der Berufsbildung im Domiz Camp geplant, die eventuell noch in diesem Jahr starten können.

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