Haushaltsausschuss: Expertenanhörung zum Mieterschutz in Bayern

Dienstag, 17. Juli 2018
– Von David Lohmann –

Vielen Menschen bereiten die steigenden Mietpreise in Bayern Sorgen. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, Geringverdiener und Rentner. Manche müssen sogar ausziehen, weil sie sich ihre bisherige Wohnung nicht mehr leisten können. Der Haushaltsausschuss diskutierte mit Experten aus Mieterschutzvereinen und Immobilienunternehmen über den Grund für die steigenden Mieten, den Verkauf der GBW-Wohnungen der Bayerischen Landesbank – und wie Mieter künftig besser geschützt werden können.

Dr. Claus Lehner vom Wohnungsunternehmen GBW Real Estate begründete die steigenden Preise mit dem Auslaufen der Sozialbindung von Sozialwohnungen und dem zunehmenden Druck auf die Metropolen. Hinzu kämen vermehrt Reglementierung wie die Energieeinsparverordnung. „Da der Wohnungsbestand der Wohnungsgesellschaften vor allem zwischen 1949 und 1979 erbaut wurde, muss ein Großteil davon saniert werden.“ Das wirke sich auf die Mieten aus. Die GBW kündigte an, bei Modernisierungen das Gespräch mit den Mietern zu suchen und in den nächsten Jahren 5000 neue Wohnungen zu bauen.

Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Ingeborg Esser, sah die Politik am Zug: „Die völlig unterdurchschnittliche Neubautätigkeit verschärft die Mieten.“ Sie verlangte von der Bundesregierung bessere Rahmenbedienungen wie eine Erhöhung der AfA-Abschreibung, um den Neubau attraktiver zu machen – vor allem für Miet- und Sozialwohnungen. Bisher habe die große Koalition ihr selbstgestecktes Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr nicht erreicht. Wichtig ist laut Esser auch der Arbeitgeber- und Staatsbedienstetenwohnungsbau.

Andy Dietrich vom Zentralen Immobilien Ausschuss forderte eine Begrenzung der Mietpreise – aber nicht mittels der Mietpreisbremse. Da Gutverdiener von Vermietern weiterhin bevorzugt würden, fänden schützenswerte Haushalte durch sie auch nicht schneller oder günstiger eine Wohnung. „Der beste Mieterschutz ist der bezahlbare Neubau.“ Dietrich kritisierte auch das „Münchner Modell“, wonach 30 bis 50 Prozent der Neubauwohnungen Sozialwohnungen sein müssen. Um das Geld wieder reinzuholen, würden die restlichen Wohnungen extrem teuer vermietet. „Dadurch fehlen Wohnungen im mittleren Preissegment.“

Frank Thyroff, Geschäftsführer des Immobilienunternehmens wbg Nürnberg, berichtete, dass allein in Nürnberg der Mietspiegel in letzten zwei Jahren um 9,2 Prozent gestiegen sei. Er führte das unter anderem auf die „Not In My Back Yard“-Denkweise zurück, also Wohnungsbau ja, aber nicht in der eigenen Umgebung. „Die Lösung kann aber nicht nur im Neubau liegen.“ Thyroff empfahl Immobilienunternehmen, sich bei der Modernisierung von Beständen nur auf das Nötigste zu beschränken. So könnten Wohnungen einerseits klimagerecht und andererseits sozial verträglich saniert werden.

Gunther Geiler vom Nürnberger Mieterbund und Maximilian Heisler vom Bündnis Bezahlbares Wohnen kritisierten, dass die Staatsregierung 2012 den Verkauf der GBW-Wohnungen der Bayerischen Landesbank an einen privaten Investor zugelassen hat. Dadurch sollte es zu Mietsteigerungen von drei Euro pro Quadratmeter kommen. „Mieterhöhungen von 200 Euro kann aber nicht jedermann schultern“, sagte Geiler. Zwar wurde vor dem Verkauf eine Sozialcharta verabschiedet. „Mietern wurde dadurch aber kein nützliches Handwerk in die Hand gegeben“, berichtete Heisler. Erst durch den Zusammenschluss der Mieter habe eine Mieterhöhung abgewendet werden können.

Ernst Weidenbusch (CSU) dankte Heisler, dass er die „Defizite“ in der Sozialcharta der Staatsregierung gemeinsam mit der GBW analysiert und verbessert habe. Der Abgeordnete betonte aber, dass die Sozialcharta dem Forderungskatalog des Mieterbunds entsprochen habe. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Harald Güller (SPD) wies darauf hin, dass die Sozialcharta sowieso im Mai 2018 ausgelaufen ist: „Die Mieter sind jetzt dem freien Markt ausgeliefert, ihnen drohen neben Mieterhöhungen auch noch Luxussanierungen und Kündigungen.“ Dr. Peter Bauer (FREIE WÄHLER) fand es bezeichnend, dass Mietervereine und Mietrechtsaktivisten die Probleme lösen müssten. „Das wäre als Mehrheitsfraktion doch originäre Aufgabe der Christsozialen selbst.“ Jürgen Mistol (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) forderte die Staatsregierung auf, bei der Bauförderung weniger auf den Eigenerwerbsbereich zu setzen. „Entscheidend ist der Mietwohnungsbau.“
 

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