Innenausschuss: NSA-Affäre beschäftigt den Landtag

Mittwoch, 27. November 2013
– Von Jürgen Umlauft –

Die transatlantischen Verstimmungen über die Abhörpraktiken des US-Geheimdienstes NSA haben den Innenausschuss erreicht. Auf Antrag aller Fraktionen berichtete der Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium, Burkhard Körner, über die dafür bei bayerischen Behörden vorliegenden Erkenntnisse. Körner erklärte, man wisse dazu nichts, was über die Berichterstattung in den Medien hinausginge.
Insbesondere habe man weder amerikanischen noch westeuropäischen Diensten Ausspähungsversuche auf die Staatsregierung oder den Landtag nachweisen können. Leider gebe es aber „noch keine vollständige Aufklärung“. Diese müsse aber vor allem von Seiten des Bundes „mit Nachdruck fortgesetzt“ werden.

Körner betonte allerdings, dass es auch in Bayern immer mehr elektronische Spionageangriffe auf Datenbestände und Telekommunikationseinrichtungen von Behörden, Hochschulen und Unternehmen gebe. Allein das bayerische Behördennetz müsse sich täglich rund 36.000 Cyber-Angriffen erwehren. Diese kämen aber, soweit nachvollziehbar, hauptsächlich aus China, Russland oder Nordkorea. Erst kürzlich habe es eine Spionageattacke auf 80 bayerische Unternehmen gegeben. Die Verursacher seien aber nur schwer und mit sehr großem Aufwand feststellbar, zumal immer häufiger internationale Hacker-Gruppen beteiligt seien. Körner sprach von einem um sich greifenden „Cyber-Söldnertum“.

Die Auftraggeber oder Verursacher der Attacken würden sich zunehmend in der Anonymität des Internets verstecken und könnten so ihre Herkunft verschleiern. „Nicht alles, was über amerikanische Server kommt, hat auch seinen Ursprung in den USA“, warnte Körner vor voreiligen Rückschlüssen. Wegen der diffusen Bedrohungslage sei umso wichtiger, die „Immunisierung möglicher Angriffsziele“ in den Mittelpunkt der Abwehrbemühungen stellen. Der Schutz vor Spionage sei insofern wichtiger als der Nachweis, wer spioniert habe. Bei der Vielzahl der täglichen Angriffsversuche sei es schon „rein praktisch nicht möglich, alles nachzuverfolgen oder gar aufzuklären“, so Körner.

Der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri forderte Behörden, Unternehmen und Bürger deshalb auf, sensible Daten durch Verschlüsselung besser zu schützen. Um dabei nicht auf amerikanische Technik angewiesen zu sein, sollte die Staatsregierung die Entwicklung eines bayerischen Verschlüsselungscodes fördern. Er selbst sei operativ nicht in der Lage, Bürgerdaten vor dem Zugriff von Geheimdiensten zu schützen. Petri kündigte allerdings stichprobenartige Überprüfungen beim bayerischen Verfassungsschutz bezüglich dessen internationaler Kooperationen an. Möglicherweise komme dieser nämlich über den geheimdienstlichen Erkenntnisaustausch an Informationen über Bürger, deren Herkunft rechtlich fragwürdig sein könnten.

Der SPD-Abgeordnete Peter Paul Gantzer kritisierte scharf die Spionageaktivitäten befreundeter Geheimdienste in Deutschland. Dass bayerische Sicherheitsbehörden davon keine Ahnung gehabt hätten, sei beunruhigend. Es stelle sich die Frage, ob Bayerns Verfassungsschutz „auf dem westlichen Auge blind“ sei. Nachdem die Spionage ausländischer Dienste nicht verboten werden könne, sah auch Gantzer die einzige Schutzmöglichkeit in der Verbesserung der Cyber-Sicherheit in Bayern. Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER) forderte eine weitere Aufklärung der Vorgänge. Die Bürger hätten einen Anspruch darauf zu erfahren, ob NSA-Ausspähaktionen auch von bayerischem Boden aus betrieben würden. Zudem müssten klare Grenzen festgelegt werden, in welchem Rahmen sich ausländische Geheimdienste im Freistaat bewegen dürften.

Katharina Schulze (Bündnis90/Die Grünen) fühlte sich durch Körners Bericht „nicht umfassend informiert“. Ihr dränge sich der Verdacht auf, dass es die Staatsregierung mit dem NSA-Abhörskandal „nicht ganz so genau nimmt“. Ihr fehlten vor allem Maßnahmen zum Schutz der Bürger, die massenhaft und anlasslos überwacht und abgehört worden seien. Der CSU-Abgeordnete Hans Reichhart lobte dagegen die bayerische Abwehrstrategie. Die Staatsregierung habe schon 2003 ersten Schutzvorkehrungen getroffen. Eine wichtige Erkenntnis sei zudem, dass bayerische Behörden „nicht rechtstaatswidrig“ arbeiteten. Die Forderung Pohls nach mehr Transparenz im Geheimdienstgeschäft nannte Reichhart „blauäugig“.

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