Trotz verlängerter Genehmigung – Bayern sucht nach Alternativen zu Glyphosat

Mittwoch, 06. Juli 2016
– Von Ina Friedl –

Kaum ein anderes Pflanzenschutzmittel hat es zu ähnlicher Bekanntheit gebracht, wie Glyphosat. Viel diskutiert und umstritten auf europäischer und auf nationaler Ebene, hat die Diskussion um Glyphosat heute auch den Landwirtschaftsausschuss des Bayerischen Landtags erreicht. Die FREIE WÄHLER forderten von der Staatsregierung einen Bericht über den Einsatz von Glyphosat in Bayern, über Alternativen zu Glyphosat und über aktuelle Forschungsprojekte zu den Risiken des Stoffes. Forschungen werden betrieben, Alternativen gibt es und der Einsatz wird stark reglementiert – so die Kurzzusammenfassung des Berichts. Der Ausschuss bleibt trotzdem skeptisch.

Es gibt Alternativen zu Glyphosat: Folien im Untergrund können das Aufwachsen von Unkraut verhindern, durch mechanische Bearbeitung wie Rupfen, Zupfen oder Wegbürsten lässt sich das Unkraut ebenso vernichten und im ökologischen Landbau werden mit Erfolg verschiedene Techniken der thermischen Behandlung eingesetzt. Heißwasserhochdruckdampfgerät oder Infrarotheißgerät heißen die thermischen Alternativen, die als Ersatz für das möglicherweise krebserregende Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat eingesetzt werden können – und auch sollten, wie Tanja Schorer-Dremel (CSU) nach Abschluss des Berichtes durch MDirig Friedrich Mayer, Abteilungsleiter beim Landwirtschaftsministerium, fordert. Auch für Gisela Sengl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) läuft die Suche nach Alternativen für das Gift in die richtige Richtung, sie warnt aber davor, das Thema zu verharmlosen: „Keiner weiß, was Glyphosat langfristig im Boden anrichtet und der Einsatz des Mittels hat sich in den letzten Jahren verdreifacht.“

Zahlen dazu benennt Horst Arnold (SPD). Demnach ist der Gebrauch von Glyphosat im landwirtschaftlichen Bereich zwar zurückgegangen, aber im privaten Bereich hat er stark zugenommen: 95 Tonnen im Jahr 2014. „Das muss uns sehr bekümmern“, sagt Arnold. Der Einsatz von Glyphosat ist eigentlich der landwirtschaftlichen, forstlichen und gärtnerischen Anwendung vorenthalten. Gemeinden können aber Ausnahmegenehmigungen erwirken und so auch Straßengrünflächen, Gleisflächen oder mit Neophyten bestandene Flächen behandeln. „Wir gehen hier sehr restriktiv vor“, versichert Friedrich Mayer. Der geringe Anteil von 4,5 Prozent der bayerischen Gemeinden, die eine solche Ausnahmegenehmigung beantragt haben, belege dies. Nur 4,5 Prozent der Gemeinden haben eine Ausnahmegenehmigung? Da wird Rosi Steinberger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hellhörig: „Mir liegen Zahlen vor, wonach 20 Prozent der Gemeinden Glyphosat gekauft haben. Wie kommt diese Diskrepanz zustande?“ Mayer erklärt die vermeintliche Dunkelziffer mit der Tatsache, dass viele Gemeinden auch landwirtschaftliche Flächen bewirtschafteten.

Trotzdem: Die Abgabe von Glyphosat an Kommunen und Private sehen viele Mitglieder des Ausschusses als Problem: Anton Kreitmair (CSU) sorgt sich über die weit verbreitete Praxis bei Privatpersonen, große Mengen des Stoffes zu bunkern und fordert hier staatliche Kontrollen. Nikolaus Kraus (FREIE WÄHLER) versteht nicht, wieso Landwirte beim Kauf von Glyphosat einen Sachkundeausweis vorlegen müssen, wohingegen jeder Privatmensch problemlos über das Internet Glyphosat beziehen kann. Friedrich Mayer ist das Problem bekannt. Er verspricht ein stringenteres Vorgehen gegen größere Internetplattformen und denkt an eine eigene Zentralstelle innerhalb der Landwirtschaftsverwaltung, die sich dem Problem annehmen soll.

Die Langzeitwirkung von Glyphosat ist noch nicht bekannt, eine Krebsgefährdung wird derzeit überprüft, die EU hat die Erlaubnis für den Einsatz um 18 Monate verlängert. Danach wird erneut über die Zulassung entschieden. Friedrich Mayer betont im Landwirtschaftsausschuss, dass seine Behörde keinen Einfluss auf die Zulassung hat. Dennoch betreibt auch Bayern Forschungen im Zusammenhang mit Glyphosat. Die Forschungsprojekte konzentrieren sich vor allem auf den konventionellen Landwirtschaftszweig und haben das Ziel, den Einsatz von Glyphosat so gut wie möglich zu minimieren oder gar ganz zu verhindern beziehungsweise durch andere Methoden zu ersetzen. Ideen für einen Ersatz liefert hier auch der ökologische Landbau mit seiner vielfältigeren Fruchtfolge und dem Einsatz modernen Geräts zur giftfreien Unkrautvernichtung.

Neben Forschungen im Bereich der landwirtschaftlichen Praxis, gibt es die Verbraucherschutzforschungen. Hier werden Rückstände des Stoffes in Lebensmitteln gesucht und vor allem dann gefunden, wenn spät in der Wachstumsphase des Getreides Glyphosat zugegeben wird – „eine Ausnahmemethode“, sagt Friedrich Mayer. Ihn freut besonders, dass in Produkten für Kleinkinder kein Glyphosat nachgewiesen werden konnte und dass die Befürchtung eines Rückstandes in der Muttermilch nicht wahr geworden ist.

Bei allem Vermeiden, Verringern und Verbieten: Auf manchen Flächen ist Glyphosat alternativlos: In sehr steilen Lagen oder auf Sonderkulturen, wo mechanisches Gerät schwierig einzusetzen ist. Zumindest 18 Monate darf Glyphosat auf diesen Flächen, aber auch auf weiteren landwirtschaftlichen Flächen und mit Ausnahmegenehmigung auf allen sonstigen Flächen noch eingesetzt werden.

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