Petitionsausschuss: Zehn Jahre Härtefallkommission

Mittwoch, 27. April 2016
– Von David Lohmann –

Zwölf Jahre pflegte ein Inder im schwäbischen Binswangen einen Landwirt. Nach dem Tod des Bauern kam heraus: Der indische Mann lebte illegal in Deutschland. Soll er trotz seiner überdurchschnittlichen Integrationsleistung abgeschoben werden? Solche Fragen beantwortet in Bayern neben dem Petitionsausschuss als Ansprechpartner für bewegende Einzelschicksale seit 2006 die beim Bayerischen Innenministerium angesiedelte Härtefallkommission. Deren Vorsitzender Wilfried Mück berichtete den Abgeordneten jetzt über seine Arbeit und die Zusammenarbeit mit dem Ausschuss.

Im September dieses Jahres feiert die Härtefallkommission zehnjähriges Jubiläum. Seitdem wurden in den monatlichen Sitzungen rund 500 Anträge von Ausländern wie die des Inders bearbeitet – darunter auch nicht zuletzt wegen der Flüchtlingskrise vom Petitionsausschuss weitergeleitete besondere Einzelschicksale. Grund: Die Härtefallkommission kann in humanitären Ausnahmefällen auf eine Aufenthaltserlaubnis hinwirken, obwohl das Asylverfahren bereits endgültig negativ abgeschlossen wurde.

„Wir haben die Person und nicht das Ausländerrecht vor Augen“, erklärte Mück beim ersten seiner zwei Berichte in dieser Legislaturperiode. Dazu seien zum Teil intensive Recherchen vor Ort notwendig. „Wir betrachten jeden Fall als Einzelfall“, ergänzte er. Entscheidend seien vor allem Sprache und Arbeit, Ausschlussgründe seien Straftaten oder arglistige Täuschung. Das letzte Wort hat jedoch das Innenministerium. „Bisher wurde aber allen Entscheidungen zugestimmt – das ist einmalig in Deutschland“, bekräftigte der Vorsitzende.

Zusammen setzt sich die Härtefallkommission aus vier kommunalen und fünf kirchlichen Vertretern. Abschiebungsaussetzungen werden mit Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen entschieden. In anderen Bundesländern würden in einer Sitzung dutzende Fälle ohne Vorprüfung entschieden. „Das wird dem Einzelfall nicht gerecht“, betonte Mück. Bei den Entscheidungen kann die Kommission auch Auflagen wie zum Beispiel einen Sprachkurs oder eine Ausbildung verlangen. Schwänzen geht nicht: Alle Fälle werden nachgeprüft.

Die Ausschussvorsitzende Sylvia Stierstorfer (CSU) dankte Mück und seinen Kolleginnen und Kollegen von der Geschäftsstelle im Anschluss für die „konstruktive und hervorragende“ Zusammenarbeit. „Sie leisten sehr viel Arbeit für die Einzefallgerechtigkeit von menschlich sehr bewegenden Schicksalen.“ Dem schloss sich die stellvertretende Ausschussvorsitzende Johanna Werner-Muggendorfer (SPD) an: „Gerade wenn von Oppositionsseite Klärungsbedarf besteht, ist es gut, wenn sich die Härtefallkommission den Menschen annimmt.“

Der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung Martin Neumeyer (CSU) freute sich, dass die Kommission kein „Abschiebebahnhof“ ist, „sondern, dass sie da ist, wenn Menschen rechtlich nicht mehr geholfen werden kann“. Benno Zierer (FREIE WÄHLER) hat nach eigenen Worten großes Vertrauen in die Härtefallkommission. Dies sei wichtig, „besonders wenn es um Familien und Kinder geht“. Martin Stümpfig (Bündnis 90/Die Grünen) nannte die Kommission ebenfalls eine „wichtige Institution“. „Es gab viele Fälle, wo wir sehr dankbar waren, diese an sie weiterzuleiten.“

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