Rechtsausschuss: Experten informieren über Verbandsklagerecht im Tierschutz

Donnerstag, 17. Mai 2018
– Von Miriam Zerbel –

Es geht um die Frage, ob es Organisationen, die Verletzungen des Tierschutzes aufdecken, möglich sein soll, dagegen zu klagen. In acht Bundesländern gibt es ein Verbandsklagerecht von Tierschutzorganisationen, in Bayern nicht. Fachleute informierten nun die Abgeordneten im Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen, was für und was gegen ein solches Recht spricht.

Das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände hat den bayerischen Landtag schon mehrmals beschäftigt und ist bisher immer wieder abgelehnt worden. Bislang können nur Tierhalter bzw. Tiernutzer die Gerichte anrufen. Befürworter fordern ein solches Recht, um Fortschritte im Tierschutz zu erwirken, Gegner warnen unter anderem vor Rechtsunsicherheit für Nutztierhalter.

Der Tierschutz ist seit 16 Jahren im Grundgesetz und seit 20 Jahren als Staatsziel in der Bayerischen Verfassung verankert. Tiere können die Einhaltung des Tierschutzes allerdings nicht selbst einklagen. Deshalb forderte Evelyn Ofensberger Juristin beim Deutschen Tierschutzbund anerkannte Tierschutzverbände quasi als Stellvertreter den Umgang mit Tieren notfalls auch gerichtlich überprüfen zu lassen.
Das Verbandsklagerecht könne da helfen. Eine Klageflut befürchtet Ofensberger nicht und führte zur Begründung Erfahrungen aus den anderen Bundesländern an, wo es ein solches Klagerecht gibt. Demnach wurden bislang bundesweit drei Tierschutz-Verbandsklagen eingereicht. „Es geht uns nicht darum, jemanden an den Pranger zu stellen, sondern, anhand eines genau ausgesuchten Präzendenzfalles zu klären, wie geltendes Recht auszulegen ist“, sagte Ofensberger.

Ein Gemeinschaftsbüro als Ansprechpartner

Ähnlich argumentierte die ehemalige Landesbeauftragte für Tierschutz des Landes Baden-Württemberg. Das Verbandsklagerecht solle keine neuen Rechtsvorgaben schaffen, so Dr. Cornelie Jäger. Es gehe darum, den vorhandenen Rechtsrahmen auszuschöpfen und nicht darum, materielles Recht zu ändern. Zudem könnten die Tierschutzorganisationen eingebunden werden und Verantwortung übernehmen, so dass sie sich laut Jäger „wegentwickeln vom reinen Empörungshandeln.“ Interesse bei den Abgeordneten erweckte die Vorgabe Baden-Württembergs, dass sich die anerkannten Tierschutzorganisationen zu einem Büro zusammenschließen mussten, so dass die Behörden nur einen Ansprechpartner haben.

Dagegen bezeichnete der Bayerische Bauernverband das Tierschutz-Verbandsklagerecht als weder erforderlich, noch sinnvoll. Ein Vollzugsdefizit bei tierschutzrechtlichen Verfahren könne er nicht erkennen, erklärte Johann Ertl. Schon jetzt sei die Mitarbeit von Tierschutzverbänden in Kommissionen, Beiräten und Versuchskommissionen gesichert. Zugleich warnte Ertl vor Rechtsunsicherheit, weil das Verbandsklagerecht beispielsweise ein Stallbauvorhaben für den Landwirt unkalkulierbar mache. Unterstützung kam vom tierschutzrechtlich erfahrenen Rechtsanwalt Dr. Walter Scheuerl, der vor einem medienwirksamen Missbrauch des Klagerechts durch intransparente Tierrechtsgruppen warnte.

Politische Entscheidung gefragt

Aus Sicht der Veterinäre gibt es Bedenken, wegen eines höheren Arbeitsaufwandes durch das Klagerecht. Dr. Jürgen Schmid, Vorsitzender des Landesverbands der beamteten Tierärzte in Bayern, befürchtete: „Damit geht es noch mehr Richtung Juristerei, weg vom Wohl des Tieres.“

Verfassungsrechtliche Zwänge für ein Verbandsklagerecht sah Professor Martin Burgi nicht. Der Rechtsexperte vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Umwelt- und Sozialrecht an der LMU München machte vielmehr deutlich, dass der Gesetzgeber eine politische Entscheidung treffen müsse.




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