Wirtschaftsausschuss diskutiert Gesetzentwurf zu Tariftreue und Vergabe sowie einen bayerischen Mindestlohn

Donnerstag, 28. Februar 2019
– Von Miriam Zerbel –

Ein Gesetz für gute Arbeit und faire Löhne nennen die Sozialdemokraten ihren Entwurf. Die Regierungskoalition dagegen warnte vor falschen ordnungspolitischen Zeichen und hält Bayern für nicht zuständig. Der Wirtschaftsausschuss lehnte den Entwurf mehrheitlich ab.


Es war schon das fünfte Mal, dass die Sozialdemokraten einen Vorstoß für ein Tariftreue- und Vergabegesetz im Landtag machten. Es sollte regeln, dass öffentliche Aufträge nur an Firmen vergeben werden, die der Tarifbindung unterliegen. Demnach soll, wer einen staatlichen Auftrag oder Fördergelder annimmt, garantieren, dass er einen Mindestlohn von 11,72 Euro oder den branchenüblichen Tariflohn zahlt.


Der fünfte Versuch



Für die SPD-Fraktion erläuterte deren wirtschaftspolitische Sprecherin, Annette Karl, warum die Sozialdemokraten mit dem Entwurf erneut einen Vorstoß wagten. Karl kritisierte als Berichterstatterin im federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie, Medien und Digitalisierung, der Wohlstand komme nicht bei allen an. Jeder sechste Vollzeitbeschäftigte arbeite mittlerweile im Niedriglohnsektor. Die Tarifbindung von Unternehmen und Betrieben in Bayern habe zudem stark abgenommen.

Während 2011 noch 50 Prozent aller bayerischen Unternehmen Tariflöhne zahlten, sei diese Zahl aktuell auf 26 Prozent gesunken. Ein fairer Wettbewerb brauche aber gute rechtliche Rahmenbedingungen. Davon profitierten sowohl Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber. Einfluss kann der Staat allerdings nur dort nehmen, wo er Aufträge direkt vergibt oder Fördergelder zuschießt, beispielsweise für Bauarbeiten an öffentlichen Gebäuden oder Kindergärten.

Der Gesetzentwurf gründet nach Karls Worten auf drei zentralen Punkten: Zum einen auf einer Tariftreueerklärung von Unternehmen bei öffentlichen Vergaben, so wie dies in weiteren 14 Bundesländern außer in Bayern und Sachsen üblich ist. Ferner auf der Einführung eines bayerischen Mindestlohns von 11,72 Euro. Das entspricht dem Stundenlohn in der niedrigsten Stufe für Ungelernte im Öffentlichen Dienst. Drittens soll es bei Vergaben möglich sein, zusätzliche Kriterien hinzuzufügen, die über das günstigste Angebot hinausgehen. Mit Verweis auf die jüngsten Probleme im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr sollen demnach beispielsweise bei der Vergabe auch Reservekapazitäten berücksichtigt werden.

Konsens bestand im Ausschuss bei der Forderung von fairem Lohn für gute Arbeit. Mitberichterstatter Klaus Holetschek (CSU) warnte jedoch vor einem Eingriff in die Tarifautonomie und zu viel Bürokratie. Zudem gebe es ausreichend gesetzliche Regelungen wie das Arbeitnehmerentsendegesetz.

Gesetzgebungskompetenz nicht beim Freistaat

Holetschek verwies darauf, dass bei europaweiten Ausschreibungen ein Wettbewerbsnachteil für bayerische Betriebe entstünde, weil sich nicht-bayerische Unternehmen nicht an die Tarifverträge halten müssten. „Das komplexe Thema Vergaberecht müsste einmal grundsätzlich angegangen werden: wie definiere ich, was das beste, günstigste, wirtschaftlichste Angebot ist“, regte Holetschek an. Für einen bayerischen Mindestlohn ist der Freistaat nach seiner Ansicht gar nicht zuständig, weil die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt.

Diese verfassungsrechtlichen Bedenken teilten auch die Freien Wähler. Der FDP-Abgeordnete Albert Duin lehnte den Entwurf rundweg ab. Duin merkte an, er gebe in seinem Betrieb immer mehr Geld aus, um Kontrollen zu erfüllen. Das Geld komme aber nicht bei seinen Mitarbeitern an, die die Leistung erbrächten.

Opposition uneinig

Deutlichere Umweltkriterien vermisste die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Die AfD-Fraktion sprach sich gegen einen bayerischen Mindestlohn aus, weil er die Wettbewerbsfähigkeit belaste und die Arbeitnehmer davon nicht profitierten.  

In der Abstimmung lehnte die Regierungskoalition mit den Stimmen von FDP und AfD den Gesetzentwurf ab, gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.


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