Bericht der Staatsregierung: Bayerns Schieneninfrastruktur beschäftigt die Abgeordneten

Donnerstag, 15. März 2018
– Von Miriam Zerbel –

Um Weichen, Schienen und Bahnhöfe, um Planungen, In-Betriebnahmen und den Ausbau der Bahninfrastruktur ging es in einem umfangreichen Bericht von Staatsminister Dr. Joachim Herrmann vor dem Wirtschaftsausschuss. Detailliert sprach der Staatsminister über den Bahninfrastrukturausbau 2018, die Bayerische Elektromobilitätsstrategie Schiene (BESS) sowie die Schnittstellen Straße/Schiene und das Programm Bahnausbau Region München. Zu den jüngsten Problemen bei der Münchner S-Bahn Ende Februar stand der Bayern-Chef der Bahn Klaus-Dieter Josel Rede und Antwort.

Einleitend wies Staatsminister Joachim Herrmann darauf hin, dass er im Koalitionsvertrag den Bund zu einer Aufstockung der Finanzmittel für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf jährlich eine Milliarde Euro bis 2021 habe bewegen können.
Die Deutsche Bahn investiere zudem 1,3 Milliarden Euro in das bayerische Schienennetz, dreimal so viel wie in Hessen. Für Herrmann ein Beweis, dass auch für die Deutsche Bahn das Land Bayern Zukunft hat.

Auch nach der Eröffnung der Sprinterstrecke zwischen München und Berlin Ende vergangenen Jahres sei nun nicht mit einem Rückgang der Investitionen zu rechnen. Mehr als zwei Stunden informierte Herrmann den Ausschuss und ging im Einzelnen auf diverse Ausbauprojekte ein, wie den für kommende Woche geplanten Spatenstich für den Ausbau der Strecke zwischen München, Lindau und der deutsch-österreichischen Grenze, der durch die kürzere Reisezeit den Vorarlberg, die Schweiz und Bayern näher zusammenrücken lasse.

Brenner-Nordzulauf:
Bürgerbeteiligung bei Trassenverläufen

Für den Brenner-Nordzulauf werden Korridore identifiziert und bis Anfang 2020 die konkreten Trassenverläufe lokalisiert. „Bürgerbeteiligung ist wichtig“, so der Minister, „aber am Schluss muss es eine Leitentscheidung des Bundes geben, weil das eine Frage von nationaler Bedeutung ist.“ Einen Mehrwert für die Bürgerbeteiligung verspricht sich Herrmann von der sogenannten „Building Information Modeling“ Methode (BIM), die bei der Planung der Ausbaustrecke zwischen München, Mühldorf und Freilassing eine dreidimensionale Darstellung der Bauwerke ermöglicht.

Zudem stehen heuer einige Inbetriebnahmen bevor. Mit der Neufahrner Kurve wird Ende des Jahres Ostbayern besser an den Flughafen München angebunden. In drei Wochen kann der neue Würzburger Hauptbahnhof barrierefrei genutzt werden. Bei insgesamt rund 20 Stationen soll heuer der barrierefreie Ausbau beginnen. Für den Ausbau der Strecken Marktredwitz-Regensburg und Ulm-Augsburg sollen die Planungen starten. Weiter geplant und gebaut werde auch am Bahnknoten Bamberg, um diese wichtige Nord-Süd-Magistrale zu schließen. Zugleich bekräftigte er die Zusage, gemeinsam mit der Bahn einen Haltepunkt Bamberg Süd bauen zu lassen. Der Haltepunkt Forchheim Nord soll bis Ende 2021 fertig sein.

Die Nürnberger S-Bahn, vor allem die Linie S1 zwischen Nürnberg, Forchheim und Bamberg soll ausgebaut werden ebenso wie im Nordosten die S-Bahn und der S-Bahn-ähnliche Verkehr zwischen Nürnberg, Simmeldsdorf, Hüttenbach, Hersbruck und Neuhaus. Dieser Bau muss nach den Worten Herrmanns abgestimmt werden mit der „Franken-Sachsen-Magistrale“, wenn nämlich die Strecke zwischen Nürnberg und Marktredwitz elektrifiziert wird.

Elektrifizierung:
Umstellung der Fahrzeugflotten auf Hybrid-Varianten

Um den Dieselanteil auf der Schiene zugunsten elektrischer Antriebe zurückzufahren, hat die Staatsregierung Anfang des Jahres die Bayerische Elektromobilitätsstrategie Schiene (BESS) beschlossen. Demnach sollen stark genutzte Strecken des Personennahverkehrs elektrifiziert und die Fahrzeugflotte auf Hybrid-Varianten umgestellt werden. Dafür stehen sieben regionale Bahnstrecken besonders im Fokus, darunter die von Aschaffenburg nach Miltenberg, von Ebersberg nach Wasserburg a. Inn und das Oberlandnetz Richtung Lenggries, Tegernsee und Bayrischzell sowie von Kaufering nach Landsberg a. Lech und von Neu-Ulm über Memmingen nach KemptenProbleme mit KreuzungsbauwerkenFahrzeuge mit innovativer Antriebstechnik, die allerdings keine Zulassung für den Regelbetrieb haben, werden dazu auf den Strecken erprobt, um zu entscheiden, welche Technik mittelfristig genutzt wird. „Weil es um Pilotprojekte geht, werden Fahrzeuge mit unterschiedlichen Techniken auf unterschiedlichen Strecken eingesetzt, teilweise, weil es sich dort technisch anbietet, teilweise, weil wir sie testen wollen“, erklärte der Minister. Kreuzt eine Bahn die Straße, ist an diesen Schnittstellen ein intensiver Abstimmungsprozess nötig. Das machte der Minister am Beispiel der Oberfrankenachse zwischen Hochstadt/Marktzeuln und Hof bzw. Bayreuth deutlich. Einer Elektrifizierung der Bahnstrecke stehen dort immer wieder Brückenbauwerke im Weg, die zu niedrig sind und nicht über eine Höhe von mindestens 5,70 Meter über der Gleisoberkante verfügen. Solange die Bahn keine Ausbauabsichten deutlich macht, wird dort auch weiter mit zu geringen Bauwerkshöhen geplant. Ein Problem, das nur der Bund lösen könne, so der Minister, der die Angelegenheit mit seinen Verkehrsministerkollegen im April besprechen will.

Verbesserung des Fahrplanangebots
schon vor Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke

Abschließend verwies Herrmann auf den Bahnausbau der Region München, der für eine bedarfsgerechte Schienenverkehrsentwicklung dringend notwendig sei, weil bis zum Jahr 2030 laut Prognosen weitere 400.000 Menschen zuziehen. Zu den 28 Bauvorhaben zählen demnach unter anderem die Erweiterung des S-Bahnwerks Steinhausen, die Sendlinger Spange und der Ausbau der S 4 West. Detailliert informiert die Bahn unter https://www.bahnausbau-muenchen.de/home.html

Bis zur Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke 2026 sollen eine modernisierte Fahrzeugflotte, mehr Langzüge und – wo noch möglich – Taktverdichtungen das Fahrplanangebot verbessern. Mit der 2. Stammstrecke soll das Angebot von aktuell 21 Millionen Zugkilometern um 40 Prozent auf 30 Millionen Zugkilometer steigen. Über das Konzept wurde der Wirtschaftsausschuss am 30. November 2017 informiert mehr

„Mit Herzblut gegen Störungen“

Zur aktuellen Situation der Münchner S-Bahn nahm der bayerische Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn, Klaus-Dieter Josel Stellung. Sie wird überschattet von den Störungen in der Woche zwischen 26. Februar und 2. März, als Störungen Zehntausende Menschen bei zweistelligen Minustemperaturen auf Bahnsteigen und in Zügen frieren ließen. Ursache dafür war nach Josels Worten nicht schlechte Vorbereitung auf den Winter, sondern der Fehler eines Lokführers, der Oberleitungsschäden verursacht hat sowie Schäden am Stellwerk im Ostbahnhof. „Wir kämpfen mit Herzblut gegen Störungen auf der Stammstrecke,“ versicherte Josel und verweist darauf, dass die Bahn im Freistaat jährlich 100 Millionen Euro in die Instandhaltung investiere.

Neuer Realismus

Auch wenn sich die Ausschussmitglieder fraktionsübergreifend über die Milliardeninvestitionen in die Schiene freuten, gab es Kritik an fehlenden Informationen der Fahrgäste über die Anzeigetafeln oder die späte Inbetriebnahme der S4 West, erst im Jahr 2030. Dem entgegnete Staatsminister Herrmann: „Ich will hier keine Wunschträume vorstellen.“ Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER) forderte eine Vorfinanzierung der Ausbaustrecke ins bayerische Chemiedreieck als Signal an den Bund. Nicht ehrgeizig genug war dem Grünen-Abgeordneten Markus Ganserer das Ziel, durch die 2. Stammstrecke in München 60.000 Fahrgäste zusätzlich zu transportieren.


 

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