Doppelter Blick zurück ins Ghetto von Kaunas

Live-Hörspiel "Das andere Leben" und Ausstellungseröffnung "Back to Kaunas"

28. Januar 2025

MÜNCHEN.  Den Gedenktag an die Opfer des Holocaust und den 80. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager hat der Bayerische Landtag mit einer bewegenden Doppelveranstaltung begangen: Der Schauspieler Thomas Darchinger brachte Erinnerungen des Überlebenden Solly Ganor an das Grauen im Ghetto von Kaunas in einem Live-Hörspiel zu Gehör, die wiederum bei der Eröffnung der Ausstellung BACK TO KAUNAS in einer künstlerischen Darbietung aufgegriffen wurden. 

90 Minuten nahezu komplette Stille: Der Tatort-Schauspieler und Sprecher Thomas Darchinger hat den voll besetzten Senatssaal mit der Lesung aus der Autobiographie des KZ-Inhaftierten und Holocaust-Überlebenden Solly Ganor voll in seinen Bann gezogen. An exemplarischen Szenen aus der Erinnerung von Solly Ganor insbesondere aus dem Ghetto von Kaunas ab 1941, die drastischer nicht sein könnten, erschienen die Gräuel der Unmenschlichkeit in aller Härte vor dem inneren Auge der Zuhörerinnen und Zuhörer - musikalisch per Zuschaltung vom Streich-Quartett des ukrainischen Staatsorchesters begleitet.

Der I. Vizepräsident Tobias Reiß bedankte sich bei Sprecher Thomas Darchinger für das Live-Hörspiel “Das andere Leben”: “Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, die künstlerische Demokratiekampagne in die Welt zu tragen”, so Reiß. “Diese Arbeit ist ein Leuchtturm der Erinnerungskultur - ein Appell für alle, für Vielfalt, Demokratie und Menschlichkeit einzustehen.” 

Dies wurde erst recht deutlich in der musikalisch-künstlerischen Performance des Projekts „Always remember. Never forget“ des Vereins CultureClouds von Dorothee Jansen und Julian Monatzeder. Denn in ihrer Darbietung griffen sie wiederum Szenen auf, die dem Publikum zuvor aus der Sicht Solly Ganors durch den Schauspieler Thomas Darchinger im Gedächtnis haften geblieben waren. Ein gelungener Auftakt für die Eröffnung der Ausstellung BACK TO KAUNAS, in der sich der in Israel lebende Fotograf Michael Shubitz einerseits der Erforschung der Vergangenheit seiner Familie widmet, wie er in der Podiumsdiskussion schilderte, und zugleich eindrucksvolle Porträts von zwölf Überlebenden schuf, die das Leid des Ghettos in Kaunas überstanden haben.

Einer der Porträtierten ist der Zeitzeuge Abba Naor, der seit Jahrzehnten Jugendlichen an Schulen in Bayern aus seinen Erfahrungen in der NS-Zeit berichtet. In der Diskussion schilderte er, was dies auch mit ihm persönlich gemacht habe: “Ich bin sehr dankbar, dass ich kommen kann und meine Geschichte erzählen kann: Bis dahin war ich ein KZ'ler - dass ich davon erzähle, hat mich davon befreit”, so der 97-jährige Abba Naor. “Die Erinnerungsarbeit hält mich am Leben.” 

Das wollte Abba Naor auch als Dank an die Stiftung Bayerische Gedenkstätten verstanden wissen. Deren Direktor Karl Freller betonte, das Versprechen “Nie wieder” sei die Botschaft der Generation der Zeitzeugen gewesen. Nun wirke es zwar mitunter “manchmal etwas ausgelutscht” - doch umso wichtiger sei jetzt, dass es nun "an uns allen liegt, gerade auch an der jungen Generation, dass wir das sicherstellen.“ 

Damit war der Abend ganz im Sinne von Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die in ihrer Rede betonte, dass Gedenken nicht zu einem Ritual verkommen dürfe. Stattdessen müsse das Erinnern mit Leben gefüllt werden. Aus der Erinnerung entspringt uns ein Auftrag zu aktivem Handeln. – Gerade jetzt. Die Botschaften, die Lehren aus der Geschichte sind brandaktuell.“

/CK

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Informationen zur Ausstellung für Besucherinnen und Besucher

Ausstellungsdauer
20. Januar bis 16.Mai 2025 im Kreuzgang des Bayerischen Landtags

Öffnungszeiten
Montag bis Donnerstag 9.00-16.00 Uhr, Freitag 9.00-13.00 Uhr
Am Wochenende, an Feiertagen und in den Ferien ist die Ausstellung geschlossen.

Ausstellungsort
Bayerischer Landtag, Maximilianeum
Max-Planck-Str. 1, 81675 München

Öffentliche Verkehrsmittel
U4/U5 Haltestelle Max-Weber-Platz
Straßenbahn 19,21 Haltestelle Maximilianeum

Parkmöglichkeiten
Es bestehen keine Parkmöglichkeiten im Maximilianeum.

Einlass
Der Einlass für Einzelbesucherinnen und Einzelbesucher erfolgt über die Ostpforte des Maximilianeums unter Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises. Es werden Sicherheitskontrollen – auch der mitgebrachten Handtaschen – durchgeführt. Gepäckstücke, größere Handtaschen oder Rucksäcke können nicht mit ins Gebäude mitgenommen werden. In begrenzter Anzahl stehen Schließfächer zur Verfügung.

Wir möchten darauf hinweisen, dass in wenigen Ausnahmefällen beim Zugang zur Ausstellung aus parlamentarischen Gründen, insbesondere an Plenartagen, oder wegen eines erhöhten Besucheraufkommens mit Wartezeiten zu rechnen ist.

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