„Drei Staatsgewalten gegen Antisemitismus“ am 07.05.2025 im Justizpalast in München
Es gilt das gesprochene Wort.
Anrede
Ich bin gestern Abend spät aus Berlin zurückgekommen.
Der Tag verlief aufregender,
als wir uns das gewünscht hatten.
Das war auch für mich als Parlamentarierin eine bittere Erfahrung.
Dass einzelne Abgeordnete den Ernst der Lage
nicht erkannt haben: die eigene Verantwortung
in dieser herausfordernden, entscheidenden Zeit.
Die Kanzlerwahl ist nicht der Moment,
um Denkzettel zu verteilen!
Aber geordnete Verfahren und
die Kraft der politischen Mitte haben am Ende
die Stärke unserer Demokratie unter Beweis gestellt.
Und ich lasse mir das nicht kaputtreden:
Ich bleibe zuversichtlich,
dass wir jetzt den nötigen Neustart in der Bundespolitik erleben.
Den brauchen wir – in Gesellschaft und Wirtschaft.
Und auch bei dem Thema,
für das wir heute hier zusammenkommen:
Wir müssen Antisemitismus entschiedener bekämpfen!
Meine Damen und Herren,
„Vor Antisemitismus aber ist man
nur noch auf dem Monde sicher“
– schrieb Hannah Arendt Ende 1941 in New York.
Der Satz ist noch immer furchtbar wahr.
Das ist ein Problem.
Und zwar nicht das Problem der jüdischen Menschen.
Sondern es ist: unser Problem!
Das muss so klar gesagt werden,
denn es hat noch nicht jeder verstanden.
Der Antisemitismus betrifft uns alle.
Als eine Urform
- der Menschenfeindlichkeit,
- der Intoleranz,
- der Verachtung gegenüber
Freiheitlichkeit, Fortschritt und Demokratie.
Als solche ist er ein Seismograph
für den Zustand einer Gesellschaft –
für die Tragfähigkeit einer Demokratie.
Es ist also alarmierend, dass Antisemitismus
im Denken, in Wort und Tat immer stärker zunimmt.
Schon vor dem 7. Oktober 2023 war er weit verbreitet.
Aber – man will es nicht glauben –
seit dem größten antijüdischen Pogrom nach der Shoa durch palästinensische Terroristen in Israel hat sich
die Lage für Jüdinnen und Juden extrem verschärft –
weltweit - leider auch bei uns.
Im öffentlichen Raum – im Alltag.
In weiten Teilen von Kunst und Kultur.
- Ausgerechnet in Milieus, in denen man vorgeblich besonders wachsam mit Minderheiten umgehen will.
- Ausgerechnet einige Hochschulen sind
ein Hotspot für Judenhass geworden.
Nicht selten zeigt sich der Hass aggressiv und zerstörerisch wie zuletzt in der Humboldt-Universität zu Berlin.
Immerhin hat die Uni-Präsidentin die Polizei gerufen
und sich nicht wie ihre Kollegin von der
Alice-Salomon-Hochschule schützend vor den Mob gestellt.
Und die Polizei hat dankenswert schnell und konsequent durchgegriffen.
Das ist die einzig richtige Reaktion!
Und es ist auch richtig,
solche Aktionen beim Namen zu nennen:
Das ist nicht „pro-palästinensisch – das ist Antisemitismus!
Sonst würde sich die Gewalt nämlich nicht gegen den jüdischen Staat wenden
– sondern gegen die Hamas.
Aber der Protest ist nicht gegen die Terroristen –
er ist für sie,
- mit ihrem Symbol, dem roten Dreieck,
- mit Slogans, die Israels Existenzrecht infrage stellen,
- und mit Parolen, die zu Gewalt aufrufen,
wie: „Intifada bis zum Sieg“,
eine tödliche Kampfansage gegen alles Jüdische.
Diese antisemitischen Machtdemonstrationen
– ob auf unseren Straßen,
an unseren Hochschulen
oder wo auch immer – gefährden
- nicht „nur“ Forschung und Lehre,
- nicht „nur“ Leib, Leben und Freiheit
der jüdischen Studierenden und
jüdischer Menschen allgemein, - sie gefährden den gesellschaftlichen Frieden in unserem Land.
Anstelle von Verständnis und Rechtfertigung
darf hier nur eines gelten:
Null Toleranz!
Denn es zeigt sich:
Der Hass auf Juden ist ideologisches Bindeglied zwischen Rechtsextremen, Linksextremen und Islamisten.
- Hier wird der „Stürmer“ kopiert und die Shoa relativiert;
- da wird für „Dekolonisierung“ und gegen „Zionismus“ gewütet;
- und dort wird die Vernichtung Israels skandiert.
All das passiert
- offen,
- ungeniert
- und enthemmt.
Das ist – man kann es nicht anders sagen –
ein Armutszeugnis für unser Land!
Als tragisches Symbol für diese Phänomene dient immer öfter das Holocaustdenkmal in Berlin –
missbraucht als Kulisse für freizügigen Judenhass jeder Couleur. Das ist der Gipfel der Fehlentwicklung!
Und man kann kaum von Zufall sprechen,
dass die Vehemenz der Judenfeindlichkeit einhergeht mit einer wachsenden Verachtung gegen unseren Staat,
mit massiven Angriffen auf Demokratie und Freiheit –
von außen und innen.
Und was sagt es über unser Versprechen „nie wieder!“ aus, wenn die stärkste Oppositions-Partei im Bundestag soeben vom Verfassungsschutz als
„gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ einstuft wird?
Was muss daraus folgen?
Um über all das zu sprechen, sind wir hier.
Und ich bin dankbar für diese Veranstaltung.
Wir, die drei Staatsgewalten, zeigen,
- dass wir wehrhaft sind.
- Dass wir unsere Demokratie verteidigen.
- Wir zeigen:
Wir dulden keinen Antisemitismus in unserem Land!
Als Legislative haben wir im Oktober 2024 – mit Ausnahme einer Fraktion – eine parteiübergreifende umfassende Resolution verabschiedet:
„Solidarität mit Israel – jüdisches Leben in Bayern stärken“.
Einmal mehr haben wir für alle Bereiche des staatlichen Einflusses Maßnahmen und Initiativen
- benannt, beschlossen
- und ausgebaut,
- um Judentum in Bayern zu stärken
- und Antisemitismus in all seinen Formen den Kampf anzusagen.
Mein Dank gilt an dieser Stelle Dir, lieber Joachim, und gilt Dir, lieber Georg: ich weiß Legislative, Exekutive und Judikative geschlossen in diesem Kampf.
Ein Kampf, der uns in besonderer Weise herausfordert.
Wenn jüdische Bürgerinnen und Bürger
- angefeindet,
- bedrängt
- und angegriffen werden,
geht das an die Substanz unseres Landes.
Das dürfen wir als Gesamtgesellschaft und in besonderer Verantwortung als Staatsgewalten nicht hinnehmen!
Heimat, kann nur dann Heimat sein,
wenn alle hier
- in Sicherheit,
- in Geborgenheit,
- in Freiheit leben können.
Der Kampf gegen Judenhass ist aktiver Heimatschutz.
Dem nehmen sich Legislative, Exekutive und Judikative gemeinsam an.
Das ist das klare Bekenntnis, das feste Versprechen,
an diesem Tag – und darüber hinaus!
Vielen Dank!