„Orte der Demokratie in Bayern“ am 26. Juni 2025 auf Herrenchiemsee

Landtagspräsidentin Ilse Aigner hat mit Mitgliedern des Landtagspräsidiums auf Herrenchiemsee die Wanderausstellung „Orte der Demokratie in Bayern“ eröffnet. Zuvor enthüllte sie am Besucherzentrum den goldenen Gedenkwürfel, der nun auf der Insel auf die Bedeutung des Ortes für die Demokratiegeschichte hinweist.

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Anrede

 

Herrenchiemsee – mitten im „Bayerischen Meer“ gelegen – ist nicht nur ein wunderbares Ausflugsziel dank Schifffahrt, Natur und Schloss.

Herrenchiemsee ist vor allem ein wunderbares Ausflugsziel, weil hier Geschichte geschrieben worden ist. 

Und weil man eine Reise antreten kann 
von 1948 bis in unsere Gegenwart: 

Die Grundlagen unserer Verfassung – 
sie wurden hier erarbeitet und sind bis heute in Kraft.

Sie bestimmen unser Miteinander in Deutschland: 

in Freiheit, sozialem Frieden und Wohlstand.

Die Identität der Bundesrepublik wurde hier geprägt.

Und das wollen wir würdigen.

Ich heiße Sie alle ganz herzlich willkommen auf Herrenchiemsee – Herrenchiemsee ist herausragender 
„Ort der Demokratie“ in Bayern!

 

Ich habe diese Veranstaltungsreihe „Orte der Demokratie in Bayern“ etabliert, weil ich ein klares Signal setzen wollte:

Demokratie wird auf der einen Seite fast als selbstverständlich gesehen – der politische Rahmen, in dem wir uns seit Jahrzehnten bewegen.

Dass dieser politische Rahmen Tag für Tag gepflegt werden muss, wurde zu lange übersehen.

Auf der anderen Seite wird Demokratie bedrängt und angegriffen, wie wir das noch nie zuvor erlebt haben:

Putins brutaler Krieg gegen die Ukraine ist ein Krieg, 
der sich auch gegen die westlichen Werte 
von Freiheit, Selbstbestimmung und Demokratie richtet!

 

Es ist jetzt 10 Tage her:

Da bin ich mit den Vizepräsidenten Tobias Reiß und Markus Rinderspacher in die Ukraine gereist. 

Ich habe mir selbst ein Bild gemacht von der Zerstörung und dem Terror, den Putin über die Ukraine gebracht hat.

Aber auch von dem Mut der Ukrainerinnen und Ukrainer,

ihrem Festhalten an staatlicher Souveränität und ja – auch an demokratischen Prinzipien.

Man muss das gesehen haben – und spätestens dann muss jeder erkennen, wer hier über Leichen geht, wer schuld am Krieg ist und absolut keinen Frieden will. 

Es ist 10 Tage her – aber vergessen werde ich die Bilder und Gespräche vor Ort nie.

Sie brennen sich ein in das Gedächtnis – aber sie lösen nicht nur Bedauern und Mitgefühl aus. 

Sie ermutigen uns in unserem Einsatz für demokratische Werte, auch hier bei uns. Nirgendwo sonst wird einem so klar: Die Freiheit ist unser höchstes Gut! 

Meine Damen und Herren,

der Sprung von der Ukraine und ihrem Überlebenskampf bis zu uns ist ein weiter.

Aber auch bei uns nehmen die Angriffe im Innern zu: 

  • auf Abgeordnete, Bürgermeister, Gemeinderäte –
  • auf Menschen, die sich für die Demokratie einbringen. 

Bedrohungen und Gewalt haben ein furchtbares Ausmaß angenommen – und entscheidend: 

Dem wird der Weg bereitet durch eine neue Kultur 
der Empörung, der Wut und des Hasses – 
verbreitet vor allem durch die Sozialen Netzwerke.

 

Dieser neue Ton ist ein Instrument, ein Mittel zum Zweck.

Mit ihm wird Verachtung gegenüber 
unseren Verfassungsinstitutionen ins Land getragen – 
um was letztlich zu erreichen? 

Ja, darüber streiten sich die Geister.

Aber ich denke schon:

Die Radikalen wollen ein anderes Land 

  • entlang klarer Feindbilder,
  • stimmungsgetrieben anstelle von faktenbasiert,
  • auf dem Rücken von Minderheiten Politik machend – und dabei immer die Mehrheit für sich reklamierend.
  • Weg auch von Gewaltenteilung hin zu neuer Unfreiheit.

Die gesellschaftliche Spaltung ist gewollt für die Mobilisierung. 

Aber der springende Punkt ist für mich der:

Die Spaltung ist das Gegenteil von dem, 
dem Politik an sich verpflichtet ist: 
und das ist das Gemeinwohl.

Jede und jeder Abgeordnete ist 
dem Wohl des ganzen Volkes verpflichtet!

 

Die Angriffe also nehmen zu.

Und wie wehrhaft ist die Demokratie? 

Das haben wir vor rund zwei Jahren an genau dieser Stelle auch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem Ministerpräsidenten zu 
„75 Jahren Verfassungskonvent“ diskutiert. 

Bundeswehr, Verfassungsschutz, Parteienverbot gar – 
viele Instrumente sind in der Debatte. 

Aber man wird sich recht schnell auf einen Punkt einigen können:

Wir in der Politik – von der Kommunalpolitik 
bis in die obersten Ränge des Staates – 
wir müssen mit den Prozessen und Ergebnissen 
unserer Politik das bessere Angebot machen.

Auch deshalb haben wir heute viele Kommunalpolitiker unter uns.

Wir, wir müssen besser sein und attraktiver, 
als das, was radikale Kräfte versprechen. 

Das Einzige, was wirklich auf Dauer hilft, 
ist diese Art von Überzeugungsarbeit!

 

Und ich bin bereit, noch entschiedener 
für Freiheit und Demokratie zu werben.

Der Bayerische Landtag kommt raus,

zu den Orten der Demokratie, 
an denen über die Jahrhunderte hinweg für politische Teilhabe und Selbstbestimmung eingestanden wurde. 

 

Demokratie ist eine Fortschrittsentwicklung: 
keine gerade Linie, 
aber eine Fortschrittsentwicklung. 

Und da ist es uns – mir und auch Herrn Prof. Ferdinand Kramer und Dr. Ludwig Spaenle, 
als Vorsitzenden meines wissenschaftlichen Beirates – 
eine echte Herzensangelegenheit, 
diese Entwicklung in Schlaglichtern zu beleuchten: 

Wir wollen den Weg der Demokratie in Bayern nachzeichnen. 

Den Kampf der Menschen für 

  • Freiheit, Selbstbestimmung,
  • bürgerliche Rechte und Pflichten.

Mit den „Orten der Demokratie in Bayern“ wollen wir das demokratische Bewusstsein im Freistaat schärfen. 

Ja, wir wollen informieren: 
mit einer Ausstellung und einer Stele, einem Denkmal 
in Form dieses kunstvollen Verfassungswürfels.

Wir wollen begeistern. Lust machen. 
Auf Demokratie!

 

Und kann man sich dafür einen besseren Ort vorstellen als Herrenchiemsee?

Ich bleibe dabei:

Es sind großartige und begeisternde Errungenschaften,

die hier nach der Katastrophe des Nationalsozialismus 
in Worte gefasst worden sind.

 

Auf dieser Insel – 
die umgeben war von einem Land, 
das am Boden lag, zerstört: 
materiell, wirtschaftlich, menschlich und moralisch. 
Nach Weltkrieg und Holocaust. 

Wo der Mensch mit Stiefeln getreten worden war. 

Auf dieser Insel haben Politiker, Staatsrechtler, Beamte, 
ja, Überlebende der Katastrophe 
um den zentralen und unantastbaren Wert der Menschenwürde herum einen Gegenentwurf erarbeitet.

Er ist Gesetz. Grundgesetz. 

Er ist in den zentralen Punkten unabänderlich. 

Und er ist juristisch, politisch und moralisch 
Richtschnur unseres Handelns.

 

Und wer ein anderes Land will, 

  • wem der Pluralismus hinderlich ist 
    wie ein Klotz am Bein,
  • wer die Kontrolle durch Rechtsstaat oder Medien einhegen will,
  • wer das friedensstiftende des Kompromisses 
    abgelöst sehen will durch volle Durchgriffsrechte,

der entfernt sich von dieser Richtschnur sehr gezielt.

Und gerade wir in Deutschland sollten doch wissen, 
wie schnell die Richtschnur des Anstands und der Fairness und des friedlichen Miteinanders gekappt werden kann.

Um das in Erinnerung zu rufen, 
und ich hoffe, Sie sind da mit mir einer Meinung, 

ist Herrenchiemsee genau der richtige 
Ort der Demokratie in Bayern!

Mir ist natürlich auch bewusst, dass hier nicht alle Fragen rund um die Demokratie beantwortet werden können.

Deshalb bin ich auf froh, 
einen Mitstreiter wie Ruppert Grübl und 
die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit 
an meiner Seite zu wissen.

Er ist ja auch Mitglied meines Wissenschaftlichen Beirates. 

Mit seiner Hilfe haben wir 

in einer ersten Runde 13 Orte der Demokratie benannt, 
und eine weitere Runde ist fest eingeplant. 

 

Ich sehe diese Erinnerungsorte 
immer im Zusammenhang mit unserer Gegenwart – 
und dem Verständnis demokratischer Errungenschaften.

Und ich sehe sie auch in einer Reihe mit anderen Veranstaltungen, die wir als Landtag auf die Beine stellen:

  • Wie mit unserem LandTruck, 
    mit dem wir die Marktplätze Bayerns besuchen und 
    an dem wir Abgeordnete vor Ort in Diskussionen gehen,
  • Mit Veranstaltungen wie unseren Planspielen, 
    mit denen Schülerinnen und Schüler zu Hunderten demokratische Verfahren lernen,
  • oder wie mit unseren eigenen Zugängen zu Social Media, damit wir den Sturmmachern da draußen, 
    die Empörung und Verachtung als Geschäftsmodell nutzen, etwas entgegensetzen können.

Politische Bildung geht alle an und deshalb müssen wir auch überall hingehen!

 

Meine Damen und Herren,

  • ich bin niemand, 
    die der schönen heilen Welt da draußen das Wort redet.
  • Ich bin niemand, 
    die nur sagt: Ist doch alles halb so wild.
  • Ich bin auch niemand – 
    als stolze Parlamentarierin schon gar nicht – 
    die den Regierungen die Verantwortung zuschiebt.

Nein, ich bin mir sehr bewusst: 
Die Verunsicherung ist groß und 
die Gründe dafür sind vielschichtig. 

Es mangelt an Gewissheiten und Orientierung, 
während Stimmungsmache und Manipulation 
diesen Mangel noch verstärken.

Es wirken sehr starke Kräfte auf uns ein!

 

Deshalb möchte ich Ihnen danken, 
wenn Sie an meiner Seite sind und wir gemeinsam ein „gesundes Selbstbewusstsein“ demonstrieren:

Im geschichtlichen Bewusstsein.

Zuversichtlich nach vorne gerichtet.

Ohne Selbstüberhöhung. 
Konstruktiv.

 

Und in der festen Überzeugung:

Wir arbeiten nicht gegeneinander.

Sondern im Gegenteil: 
Wir müssen zusammenführen und unser Land versöhnen!

 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Nachmittag 
beim Studieren unserer Ausstellung und 
in hoffentlich bester Gesellschaft!

 

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