Rede zum bayerisch-israelischen Freundschaftstag am 7. April 2025 im Bayerischen Landtag

Begrüßungs-Rede von Frau Landtagspräsidentin zu „SERVUS ISRAEL – SCHALOM BAYERN!“, dem bayerisch-israelischen Freundschaftstag zum 
60. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland am 7. April 2025 im Bayerischen Landtag

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 

es ist wieder bayerisch-israelischer Freundschaftstag 
im Bayerischen Landtag. 

 

Mit meinen Vizepräsidenten Tobias Reiß und den Präsidiumsmitgliedern Andreas Jäckel und Verena Osgyan heiße ich Sie herzlich wollkommen – Servus und Schalom! 

 

Ich begrüße die Fraktionsvorsitzenden

  • Klaus Holetschek,
  • Katharina Schulze,
  • Dr. Florian Streibl
  • und Holger Grießhammer 

sowie alle Kolleginnen und Kollegen aus dem Bayerischen Landtag und anderen Parlamenten aller politischer Ebenen. 

 

Ich begrüße 

  • die israelische Generalkonsulin Talya Lador-Fresher
  • und den Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung Dr. Ludwig Spaenle,
    die maßgeblich zur Organisation des heutigen Tages beigetragen haben, herzlichen Dank! 
  • Ulrike Scharf  [stv. MPin, Bay. StMin für Familie, Arbeit und Soziales]
  • Prof. Dr. Julia Lehner    [Bürgermeisterin der Stadt Nürnberg]
  • Stadtrat Michael Dzeba    [In Vertretung des Münchner OB]

 

Über den ganzen Tag werden Sie 
namhafte Panelgäste, Referentinnen und Referenten auf unseren Bühnen erleben – 

bitte sehen Sie es mir nach, 
an dieser Stelle nicht alle persönlich begrüßen zu können. 

Umso herzlicher danke ich 
allen Mitwirkenden dieses besonderen Tages 
im Lichte unserer besonderen Freundschaft! 

 

Ich begrüße die Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinden und Organisationen. 

Ein besonders herzliches Willkommen gilt 
der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Dr. Charlotte Knobloch! 

Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie, 
wann immer es möglich ist, unseren Einladungen folgen. Sie demonstrieren höchst beeindruckend, 
dass jüdisches Leben wertvoller Teil unserer Gesellschaft ist. Das verdient jeden Dank und den größten Respekt 
– und Recht haben Sie! 

Ich begrüße die Vertreterinnen und Vertreter des Diplomatischen Corps.

 

Wir freuen uns über viele Ehrengäste 

  • aus Politik,
  • Verwaltung,
  • Wirtschaft,
  • Wissenschaft,
  • von den Kirchen,
  • aus der Schulfamilie sowie
  • aus Kunst und Kultur 

 

Landespolizeipräsident Michael Schwald 

  • Weitere Vertreterinnen und Vertreter der Polizeipräsidien sowie
  • Anwärterinnen und Anwärter der Bayerischen Bereitschaftspolizei und der Bundespolizei. 

 

Ein herzlicher Dank gilt auch der Moderatorin Ilanit Spinner, die uns durch diesen Tag führen wird. 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

schön, dass Sie da sind!  
 

Mit diesem bayerisch-israelischen Freundschaftstag im Bayerischen Landtag pflegen wir eine junge, aber tragende Tradition, die uns – und auch mir persönlich – wichtig ist. 

Wir gehen das groß an

  • über einen ganzen Tag,
  • mit sehr viel Einsatz des ganzen Hauses, 

um klar zu zeigen: 

Israel, meine Damen und Herren, 
ist uns eine Herzensangelegenheit. 
Dieser Tag ist ein Bekenntnis! 

 

In diesem Jahr feiern wir mit Blick in den Mai: 

  • den 77. Geburtstag des Staates Israel
  • und speziell: 60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen unseren Ländern.

Wir feiern diese Freundschaft –  
die alles ist, nur nicht selbstverständlich.

 

„Feiern“, meine Damen und Herren, 
können wir das wirklich? 

Dürfen wir das? 

– angesichts der Bilder, die uns täglich aus und über Israel erreichen? 

Ja, wir lenken heute das Scheinwerferlicht auf unsere Freundschaft und die Erfolgsgeschichten dieses großartigen kleinen Landes. – 

Und doch liegt seit dem 7. Oktober 2023 ein Schatten 

  • auf Israel,
  • auf seinen Menschen
  • und auf allen, die mit ihnen fühlen – also auch auf uns. 

Schock, Schmerz und Trauer wollen auch wir Raum geben.

 

So bitte ich Sie um einen kurzen Moment des Innehaltens 

  • für die Opfer des antisemitisch-terroristischen Pogroms  an diesem „Schwarzen Schabbat“ – 
    Babys, Kinder, Männer und Frauen, 
    die beim Tanzen, im Schlaf, beim Frühstück, 
    in ihren Häusern und Schutzräumen 
    brutal gequält, vergewaltigt und ermordet wurden;
  • für die getöteten Geiseln,
  • aber auch für die Befreiten, die ein unvorstellbares Martyrium durchleiden mussten – und müssen;
  • und für jene mutmaßlich 24 Menschen, die zur Stunde noch in den Fängen der Hamas durch die Hölle gehen.
  • Stellvertretend für sie alle nenne ich fünf Namen, 
    die wir in unseren Herzen tragen:
  • Margarita Gusak, die am 7. Oktober ermordet wurde, und deren Vater heute unter uns ist.
  • sowie die deutsch-israelische Familie Bibas: 
    der überlebende Vater Yarden, 
    den die Hamas fast 500 Tage in Geiselhaft hielt 
    und seine ermordete Familie, 
    seine Ehefrau Shiri, 
    der vierjährige Ariel und 
    das neunmonatige Baby Kfir. 

[Schweigemoment]

 

Meine Damen und Herren, 

ich wünschte, ich könnte heute uneingeschränkt positive, begeisterte, bewundernde Gefühle zum Ausdruck bringen. 

Ich war einige Male vor Ort 

  • als Bundesministerin,
  • als Staatsministerin. 

Ich habe immer Gutes mitgenommen:

Israel ist immer eine Inspiration! 

Schon die Staatsgründung war die menschliche Umsetzung eines Wunders. 

Und was die Menschen seither 
aus ihrem Land gemacht haben – dass sie buchstäblich 
die Wüste zum Blühen gebracht haben – ist beispiellos. 

Die Israelis haben ihren Staat nicht irgendwie aufgebaut.

Sie haben die einzige Demokratie im Nahen Osten geschaffen.

Einen globalen Leuchtturm für

  • Innovation, Wirtschaftskraft,
  • Fortschritt in Wissenschaft, Medizin und Technologie,
  • Kreativität in Kunst und Kultur. 

 

Man spricht uns Bayern ja ein gewisses Selbstbewusstsein zu, aber auch wir müssen neidlos anerkennen:

So viel Kraft, Energie und Spirit auf so kleinem Raum 
gibt es nur einmal auf der Welt. 

Das ist Israel! 

 

Also ja, ich wünschte, ich könnte diese Begeisterung uneingeschränkt zum Besten geben. 

Aber es ist im Moment nicht so einfach.

 

Weil der 7. Oktober uns in den Gliedern steckt. 

Aber auch, weil die Bilder und Nachrichten,

die uns seither insbesondere aus dem Gazastreifen, 
dem Libanon oder aus dem Westjordanland erreicht haben, wohl kaum jemanden kalt lassen. 

Auch dort leiden Unschuldige. – 
Es sterben Kinder, Mütter, Väter. 

Es ist Krieg und der ist voller furchtbarer Nachrichten – 
wie auch die jüngsten über einen Angriff auf Mitarbeiter des Roten Halbmonds. 

Es ist schrecklich! 

 

Aber dennoch, ich frage mich: Warum machen es sich bei diesem so komplexen Konflikt so viele Menschen 
– auch und gerade und ausgerechnet hierzulande – 
so verdammt einfach?

 

Wenn ich diese Nachrichten höre und sehe, 
habe ich mehr Fragen als Antworten:

  • Wie kann man über Gaza berichten – 
    ohne an den 7. Oktober zu erinnern, 
    die Massaker auf dem Nova-Festival und 
    in den Kibbuzim?
  • Wie kann man über die Angriffe 
    auf vermeintlich zivile Infrastruktur urteilen – 
    ohne das dramatische Dilemma Israels darzulegen?
    Dass die Hamas die israelischen Angriffe provoziert, 
    von dort Raketen abschießt, 
    oder sich dort verschanzt.
  • Wie kann man Gaza betrachten – 
    als wäre es ein Landstreifen wie jeder andere?
    Als herrschte dort nicht eine Terrororganisation, 
    die über alles bestimmt:
    • über die veröffentlichten Zahlen und Bilder,
    • über jeden ausländischen Cent,
    • jeden Sack Zement und jedes Stück Brot. 
  • Wie kann man darüber hinweggehen, dass die Terrororganisation den Krieg und das Leid in Gaza jederzeit beenden könnte, wenn sie sich ergeben und endlich die letzten Geiseln frei lassen würde. 

    Immer mehr Palästinenser trauen sich, 
    gegen die Hamas zu demonstrieren. 
    Das ist ein ermutigendes Signal! 
    Aber es kostet Leben: Einer der Demonstranten, 
    der 22-jährige Oday Nasser Al Rabay, 
    wurde gefoltert, ermordet und seine Leiche vor das Haus seiner Familie geworfen – als Warnung.

    • Das ist die Hamas.
    • Das ist eine Diktatur der Barbaren.
    • Das ist das Unglück der Palästinenser. 

    Hiergegen und nicht gegen Israel wünschte ich mir diese großen Demonstrationen auf unseren Straßen! 

  • Wie kann man demgegenüber den Terroristen, 
    die die Vernichtung des jüdischen Staates und aller Juden weltweit anstreben, nach dem Mund reden, 
    wenn sie von „Genozid“ sprechen?
  • Wie kann man die Erzählung von Angriffen auf „Zivilisten“ oder „Journalisten“ übernehmen, 
    während wir dann - bei der perfiden Inszenierung der Geisel-Übergabe - so viele Menschen in islamistischer Uniform sehen und die Massen jubeln?
  • Wie kann man immer weiter Geld geben, 
    wenn doch unübersehbar ist, 
    wofür es ausgegeben wird – und wofür nicht?
  • Wie kann man sich nicht empören, 
    wenn Israel angegriffen wird – 
    aber dann umso mehr, wenn Israel zurückschlägt? Tausende Raketen der Terroristen auf Israel, etliche islamistische Anschläge, über Jahre, ohne Pause 
    – fanden kaum Widerhall in den Medien. 
    Aber wenn Israel sich wehrt, überschlagen sich die Headlines von drohender „Eskalation“ über „Gewaltspirale“ bis zur Skandal-Überschrift: 
    „Israel droht mit Selbstverteidigung“.
  • Woher kommt diese Eindeutigkeit bei so vielen – 
    dass Israel nur noch der Täter ist und nicht das Opfer?
  • Woher kommt diese Obsession der Empörung über den jüdischen Staat – und wo ist die Empathie? 

 

Nun, ich habe darauf keine Antwort. 

Aber für mich steht fest: 
Israel ist ein Freund. 

Nein, nicht diese Regierung.

Sie vertreten zum Teil andere Werte, nutzen andere Worte. 
Aber die Menschen in Israel, 
das wofür sie und ihr Land stehen – das verbinde ich 
mit tiefer Freundschaft, Sympathie und Solidarität. 

Und als Freundin versuche ich: zu verstehen. 

Denn das ist doch der Kern vom Kern von Freundschaft.

  • Mitgefühl,
  • Empathie,
  • Verständnis.

 

Die Menschen in Israel sind mir nah. 

So spürt man, dass der 7. Oktober ein Einschnitt war

  • in die israelische Geschichte,
  • in das Selbstverständnis des Landes,
  • in Herz und Seele jeder und jedes Einzelnen.

Mehr als das: 

Der 7. Oktober war eine Re-Traumatisierung. 

Es waren wilde Horden, 

  • angetrieben von Hass auf Juden,
  • die töten wollten und quälen.

Und, meine Damen und Herren, ich bin bereit, 
das jedem Demonstranten bei uns auf den Straßen, 
an den Unis und in der Kulturszene zu erklären:

Nein, das war kein Widerstand.

Wer da von Widerstand spricht, hat den Verstand verloren!

 

An diesem Tag wurden so vielen Jüdinnen und Juden ermordet wie nie seit der Shoa – und ganz gezielt 
hat man eben daran Anleihen genommen und 
sich mit Live-Übertragung in alle Welt damit gebrüstet. 

Deswegen kann ich verstehen, dass Israel aus diesem Tag die Konsequenz gezogen hat, nicht mehr nachzugeben: 

  • nicht gegen die Hamas,
  • nicht gegen die Hisbollah,
  • nicht gegen die Huthi
  • und nicht gegen den Iran selbst. 

Israel verteidigt sich im Kampf um seine Existenz. 

Und ich finde, gerade in Deutschland sollte es dafür Verständnis geben, dass Jüdinnen und Juden – wirklich – nie wieder Opfer sein wollen! 

Die Shoa ist in der jüdischen Welt, über die Generationen, nicht nur eine Erinnerung, eine Erzählung.

Sie ist ein prägender Teil des Bewusstseins, 
im Leben fast jeder Familie. 

 

Das „Nie wieder!“ ist keine politische Formel, 
sondern eine Überlebensstrategie. 

Und das verstehe ich gut.

  • Das gilt für die Situation in Israel.
  • Das gilt aber auch für die Situation der jüdischen Gemeinden in aller Welt 
    – leider auch hier bei uns. 

Ausgrenzung und Anfeindung werden wieder Alltag. 

  • Synagogen,
  • Sportplätze,
  • Schulen,
  • Universitäten,
  • die eigene Wohnung mit der Mesusa am Türrahmen oder einem jüdisch gelesenen Namen an der Klingel,

sind keine sicheren Orte mehr. 

 

Immer neue, immer höhere Wellen des Judenhasses türmen sich auf 

  • von rechts,
  • von links,
  • in der breiten Mitte,
  • aus der muslimischen Community
  • und auch da, wo man ganz wachsam und achtsam sein will, etwa in Kunst und Kultur. 

 

Israel als sicherer Hafen hat – es scheint paradox – 
seit dem 7. Oktober an Bedeutung gewonnen. 

 

Wo wir das „Nie wieder!“ nicht selten schuldig bleiben – steht Israel doppelt und dreifach dafür ein.

Ich verstehe das gut! 

 

Meine Damen und Herren, 

wir geben nicht auf. 
Im Gegenteil. 
Judenhass und Israelhass muss in unserem Land 
- in jeder Form - geächtet und bekämpft werden. 
Hier muss gelten: 
Null Toleranz! 

 

Der Bayerische Landtag hat letzten Oktober fraktionsübergreifend – mit einer Ausnahme – 
die umfassende Resolution verabschiedet: 
„Solidarität mit Israel – jüdisches Leben in Bayern stärken“.

 

Und es liegt ein weiterer Antrag vor, 
die freundschaftlichen Beziehungen und den Austausch 
auf der parlamentarischen Ebene zu vertiefen. 
Sofern der Landtag das so beschließt, 
werde ich gerne auf meinen Kollegen in der Knesset 
Amir Ohana zugehen und dafür werben! 

 

Auch in den Ausschüssen stehen 

  • der Kampf gegen Antisemitismus und
  • der Austausch mit Israel in den unterschiedlichen Kontexten regelmäßig auf der Tagesordnung. 

 

Dazu werden Sie in den Foren mehr erfahren. 

Wir werden mehr darüber hören, dass 
das deutsch-israelische Verhältnis nie einfach war. 

Wie auch?! 

Nicht vor 60 Jahren – und bis heute nicht. 

 

Umso wichtiger ist es, dass wir klar widersprechen, 
wenn es sich so viele aus Ignoranz oder Ideologie 
zu einfach machen – 
und sich gegen 

  • unsere Freundschaft erheben,
  • gegen Israel,
  • gegen den jüdischen Staat. 

 

Es ist eine absurde Ironie der Geschichte, dass

  • das Deutschlandbild in Israel heute ungleich viel besser ist
  • als das Israelbild in Deutschland. 

Dem stellen wir uns entgegen – 
auch mit diesem Tag! 

 

Das bayerisch-israelische Verhältnis war immer besonders. Von Franz Josef Strauß bis heute. 

Dafür können wir dankbar sein.

 

Ja, wenn ich heute Nachrichten sehe, 
habe ich mehr Fragen als Antworten.

 

Aber ich habe eine Gewissheit:

Die Menschen in Israel liegen mir am Herzen. 

Wir sind verbunden 

  • durch die Geschichte 
  • und in der Gegenwart – 

    durch den Glauben an die Demokratie
    und an die Würde des Menschen 
    und durch den Wunsch nach Freiheit und Frieden 
    für alle, die leben und leben lassen können. 

Das dürfen wir feiern! 

 

Ich danke allen, die an diesem Tag und 
an dieser Freundschaft beteiligt sind. 

Und ich wünsche uns 
einen interessanten und inspirierenden Tag! 

 

Servus und Schalom! 

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