Landtag diskutiert die Entwicklung des Tourismus im Freistaat Bayern
Aktuelle Stunde auf Vorschlag der CSU-Landtagsfraktion
24. Oktober 2024
MÜNCHEN. Das US-amerikanische Magazin „Lonely Planet“ präsentierte Bayern kürzlich als eine der Top-Ten-Regionen, die man unbedingt besucht haben sollte. Diese Woche diskutierten die Abgeordneten im Rahmen einer Aktuellen Stunde zum Thema „Tourismus in Bayern - Leitökonomie: vielfältig, nachhaltig, erfolgreich“ auf Vorschlag der CSU-Fraktion, wie dieser für den Freistaat wichtige Wirtschaftsfaktor durch nachhaltige Konzepte gestärkt und zukunftsfähig weiterentwickelt werden kann.
Der Abgeordnete Thomas Holz (CSU) eröffnete die Diskussion mit einem Plädoyer für den Bayern-Tourismus als vielfältige Leitökonomie, die Wertschöpfung, Beschäftigung und Ausbildung vor Ort und letztlich „Wohlstand für unser ganzes Land“ bringe. Er betonte das reiche kulturelle Erbe Bayerns und die Rolle des Tourismus bei der Förderung von kulturellen Einrichtungen: “Historische Städte, Denkmäler, Kirchen, staatliche Schlösser und Burgen, Theater, Opernhäuser sowie rund 1.300 Museen und Sammlungen haben 2023 knapp 24 Millionen Besucher angezogen,“ sagte Holz. Auch die lebendige Infrastruktur des ländlichen Raumes profitiere mit Thermen und Schwimmbädern, mit Rad- und Wanderwegen, Restaurants und vielem mehr. „Nachhaltige Tourismusentwicklung erfordert eine ganzheitliche Perspektive mit dem Ziel, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten und die Bedürfnisse von Gästen und Einheimischen mit denen des Natur- und Umweltschutzes zu verbinden,“ resümierte Holz. Er wies zudem darauf hin, dass Bayern mit 100,3 Millionen Übernachtungen zum zweiten Mal überhaupt die magische 100-Millionen-Marke übertroffen habe. Damit sei Bayern klar das Reiseland Nummer 1 und das Aushängeschild Deutschlands in der ganzen Welt.
Ralf Stadler (AfD) kritisierte den Investitionsstau beim auf insgesamt 20 Millionen Euro (Stand 2022) veranschlagten Ausbau des Skizentrums Mitterdorf im Landkreis Freyung-Grafenau. Fast 14 Millionen koste eine Sechser-Sesselbahn, die den Sommerbetrieb unterstützen und einen ganzjährigen Tourismus, auch unter Einbeziehung der umliegenden Gemeinde Mauth mit Annathal, ermöglichen könne. Stadler kritisiert, dass die CSU sinnvolle Ideen blockiere und jede Zusammenarbeit verweigere. Die AfD habe eine Zufahrt zur Talstation gefordert - „eine einfache und kostengünstige Lösung, die sowohl den Touristen als auch der lokalen Wirtschaft zugute käme.“ Abschließend forderte Stadler, Annathal ins Tourismuskonzept einzubinden und den Sommerbetrieb mit Angeboten wie Gleitschirmfliegen zu realisieren.
Markus Saller (FREIE WÄHLER) betonte eingangs, dass Bayern ein sehr schönes Land sei und nicht nur von seiner Landschaft, sondern auch von den Leuten lebe. „Die Touristen kommen auch deswegen zu uns, weil sie unsere Lebensart und unsere identitätsstiftende bayerische Art so schätzen. Dabei ist es völlig egal, ob man aus Franken, Schwaben oder Altbayern kommt,“ sagte Saller. Der Tourismus in Bayern sei eine ganz zentrale Säule unserer Wirtschaft und präge das Leben in vielen Teilen unseres Freistaats mit der gewaltigen Zahl von über 40 Millionen Touristenankünften im Jahr. Aus dem touristischen Konsum stammten 47,5 Milliarden Euro Einnahmen mit einer Bruttowertschöpfung von 28,2 Milliarden Euro, fast 5 % der bayerischen Wirtschaftsleistung. Saller blickte auf die Tourismusoffensive Bayern zurück, die den Betrieben nach der Pandemie finanzielle Unterstützung und Investitionsanreize anbot, um sich wieder schnell zu erholen. Für anspruchsvoller werdende Gäste habe man eine Digitalisierungsoffensive gestartet: „Sie erwarten heute digitale Buchungsplattformen und smarte Apps. Wir brauchen Angebote für die Hotspots, um Besucher entsprechend steuern zu können.“ Schließlich benannte er einen weiteren Kernpunkt der Forderungen seiner Partei: „Wir müssen die Mehrwertsteuer in der Gastronomie dauerhaft auf 7% belassen.“
Christian Zwanziger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nahm ebenfalls Bezug auf die internationalen Leser des „Lonely Planet“ in der Hoffnung, dass diese über das schöne Neuschwanstein hinaus alle Teile Bayerns besuchen. Die 100 Millionen Übernachtungen seien ungleich verteilt, “in Oberbayern und Schwaben sind es ungefähr 62 Millionen, der Rest verteilt sich auf das Land.“ Zwanziger ging noch auf das Thema Fachkräfte ein: „Es kann nicht sein, dass wir in einer Branche wie dem Tourismus händeringend Arbeitskräfte suchen und Bayern trotzdem so rigoros beim Thema Abschieben ist. Zwar hat das originär nichts mit dem Tourismus zu tun, aber das muss sich ändern. Wir würden dieser Branche einen Gefallen tun. Wer arbeiten möchte und sich nichts zuschulden kommen lässt, der gehört nicht abgeschoben, sondern darf bitte hier arbeiten. Der fehlt sonst den Betrieben.“ Zwanziger thematisierte auch die Frage der Nachhaltigkeit und bezeichnete die Klimakrise als Riesenherausforderung für Bayern. Angesichts von Hochwassern oder Niedrigwassern, die Kanuverleiher und die Schifffahrt an der Donau und am Main beeinträchtigten, lautet sein Appell: „Tourismus ja, aber Tourismus braucht intakte Natur. Dazu gehören Umweltschutz sowie Klimaschutz; und deswegen müssen wir da endlich aktiver werden.“
Martina Fehlner (SPD) bezeichnete nach schwierigen Corona-Jahren die Halbjahresbilanz 2024 als vielversprechend: „Es sind bereits 48,5 Millionen Übernachtungen und nahezu 18 Millionen Gästeankünfte. Das ist ein respektables Zwischenergebnis.“ Alles deute darauf hin, dass Bayern seine Spitzenposition unter den beliebtesten deutschen Reisezielen behaupten könne. Fehlner zollte den vielen Menschen im Freistaat Respekt, die dafür täglich hart, engagiert, ideenreich und innovativ arbeiteten: „Das sind unsere Hoteliers, unsere Gastronomen, unsere touristischen Leistungsträger und unsere touristischen Verbände und Vereinigungen. Auch Bayern Tourismus Marketing leistet gute Arbeit.“ Um Bayerns Spitzenposition im Tourismus in den kommenden Jahren zu behaupten, müsse die Politik gemeinsam die Weichen für eine gute Zukunft stellen. Angesichts der großen Veränderungen und Herausforderungen im Tourismus gehe es nicht nur um Wachstum, um steigende Gästezahlen im Sinne von schneller, höher, weiter, sondern um Qualität, Nachhaltigkeit, Wertschöpfung und Naturverträglichkeit sowie um eine intakte Infrastruktur, Mobilität und entsprechenden Service. Abschließend bezeichnete sie den Klimawandel als eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Das wertvollste touristische Kapital in Bayern sei die Natur: „Die Nachhaltigkeit mit ihrer ökologischen, sozialen und ökonomischen Dimension ist die Voraussetzung dafür, dass wichtige Grundlagen des Tourismus und nicht zuletzt auch eine intakte und facettenreiche Natur auf Dauer erhalten bleiben.“
Staatsministerin Michaela Kaniber (CSU) verwies auf das boomende Tourismusland Bayern. Zum zweiten Mal habe Bayern 2023 die Hundert-Millionen-Marke geknackt und auch 2024 lagen die Übernachtungszahlen in den Monaten Januar bis August bayernweit knapp 3% über dem Niveau des Vorjahres. Dieser Erfolg sei eng verbunden „mit verdammt harter Arbeit“ und der Vielfalt der Regionen. Es sei vor allem der Erfolg von 550.000 Frauen und Männern, „die jeden Tag aufstehen, das Herz der Gastfreundschaft leben und mit Leidenschaft unsere Gäste aus aller Welt empfangen“, so Kaniber. „Deswegen wünsche ich mir heute aus diesem Hohen Haus einen großen Applaus für alle Gastwirte, Gastronomen und Branchen, die da mit dranhängen,“ sagte die Ministerin.
Kritik äußerte Kaniber für „Gegenwind mit Windstärke 10“ aus Berlin. Während in Deutschlands Nachbarländern die Wirtschaft wachse, habe Berlin das Land in die Rezession getrieben. Dagegen begrüßte die Ministerin die Bereitschaft von 84% der Menschen in Deutschland, immer noch gerne in den Urlaub zu fahren. Davon profitiere auch Bayern. Im Kontext des weiteren Ausbaus von Premium- und Qualitätstourismus gehe es vor allem darum, den Erlebnisraum für den Gast zu stärken und den Lebensraum der Einheimischen genauso zu sichern. Dazu gehöre Nachhaltigkeit im Zusammenspiel von Landwirtschaft und Tourismus.
Im Zusammenhang mit „sanftem Tourismus“ verwies die Ministerin auf Besucherlenkung, vor allem zum Schutz der Natur: „Umwelt, Natur, Landwirtschaft, Nutztiere und Wildtiere müssen genauso respektiert werden.“ Genauso ginge es um ein intelligentes Besuchermanagement in den sehr gut besuchten Regionen mit dem Einsatz von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Durch die Darstellung von alternativen Zielen in Echtzeit soll der Gast statt überfüllter Hotspots alternative Ziele ansteuern. Zudem plädierte sie für eine weitere Stützung und Stärkung des Wintersports in Bayern in den nächsten Jahren. Es sei ein Trugschluss, dass die Menschen ohne Beschneien ihrem Wintersportvergnügen nicht mehr frönen würden. Die Menschen würden weiter Ski fahren, aber dann dafür nach Italien, in die Schweiz und nach Österreich ausweichen.
Abschließend appellierte die Ministerin: „Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, das starke Fundament zu kräftigen, für einen starken Tourismus in Bayern, der vielfältig, nachhaltig, aber vor allem eines ist, nämlich erfolgreich.“
/ Thomas Schaller