Gedenken an die Opfer von Würzburg

 

6. Juli 2021

MÜNCHEN.    Mit einer Gedenkminute im Bayerischen Landtag und einer bedeutungsvollen Rede hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner die 87. Plenarsitzung eröffnet. Sie erinnerte an die drei in Würzburg ermordeten Frauen und dankte den mutigen Menschen, die aus Zivilcourage geholfen und sich dabei selbst in Gefahr begeben haben. Gleichzeitg wandte sich die Präsidentin mit einem wichtigen Appell an die Öffentlichkeit: "Für die gesellschaftliche Debatte wünsche ich mir, dass die mörderische Tat von Würzburg und ihre Opfer nicht für Stimmungsmache missbraucht werden und kein weiterer Hass gesät wird."

 

Die Rede von Landtagspräsidentin Ilse Aigner zum Gedenken an die Opfer von Würzburg

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zu Beginn unserer Sitzung wollen wir heute hier im Bayerischen Landtag der Opfer des Attentats von Würzburg gedenken.

Wir trauern um die drei ermordeten Frauen. Unsere Gedanken gelten ihren Familien und Freunden. Wir beten für eine rasche und vollständige Genesung der zum Teil sehr schwer Verletzten.

Wir danken den mutigen Menschen, die den Täter in Schach gehalten haben, bis die Sicherheitskräfte ihn überwältigen konnten. Diese Menschen haben selbstlos Nothilfe geleistet und unglaubliche Zivilcourage gezeigt. Ihr Mut hat noch Schlimmeres verhindert – ja, vermutlich sogar Leben gerettet. Unabhängig von ihrem Hintergrund und ihrer Herkunft hat sie das Motiv geeint, Menschen in Gefahr zu helfen. Das verdient tief empfundenen Dank und höchste Wertschätzung.

Eine Tat wie jene in Würzburg ist neben Trauer und Schmerz auch begleitet von Wut und offenen Fragen. Manche werden unbeantwortet bleiben. Einige Antworten werden unbefriedigend sein, vielleicht auch nachgereicht werden müssen. Denn: Schnelle, einfache Antworten sind meist wenig wert.

Richtig ist: Wir haben ein Recht auf Antworten. Wir wollen die Wahrheit erfahren. Zugleich sollten wir großen Wert darauf legen, dass die Fakten sorgfältig ermittelt und bewertet werden. Ich persönlich habe volles Vertrauen in unseren Rechtsstaat. Politik, Sicherheitsbehörden und Justiz werden Fakten bewerten und Antworten liefern. Und – wo das erforderlich ist – Konsequenzen ziehen.

Lassen Sie mich losgelöst von dem konkreten Fall den Bürgerinnen und Bürgern versichern:
Politik, Sicherheitsbehörden und Justiz haben die Augen und Ohren weit geöffnet für die Wahrheit und für die Lehren, die daraus zu ziehen sind

• etwa im Umgang mit psychisch kranken Schutzsuchenden,
• in der Integration,
• im Kampf gegen extremistische und terroristische Gefährder unserer Verfassung und Lebensweise,
• in der konsequenten Bekämpfung von Menschenverachtung jedweder Art.

Auch die Abgründe, die ein Mensch haben kann – und zwar egal, woher er kommt – sind für uns Handlungsauftrag, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denn schon der Einzelfall hat katastrophale Folgen für die Opfer und für die Sicht auf unser Zusammenleben.

Für die gesellschaftliche Debatte wünsche ich mir, dass die mörderische Tat von Würzburg und ihre Opfer nicht für Stimmungsmache missbraucht werden und kein weiterer Hass gesät wird. Ich wünsche mir, dass wir – zumal in Zeiten des Wahlkampfes – unsere Worte und unsere Bewertungen sehr genau abwägen. Dass wir sehr genau hinschauen und dass wir sehr genau differenzieren, ohne zu relativieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich darf Sie bitten, sich im Gedenken an die Opfer von Ihren Plätzen zu erheben. Die Erinnerung an sie wird Teil unseres Landes bleiben.

[Schweigemoment]

In unsere Gedanken schließen wir auch die 12 deutschen Soldaten ein, die bei dem Anschlag auf die Friedensmission der UN im Norden von Mali zum Teil schwer verletzt worden sind. Unter ihnen sind auch sechs Soldaten von den bayerischen Standorten in Freyung und Roding.

Wir hoffen auf ihre rasche und vollständige Genesung. Wir fühlen mit ihren Familien und wir beten für ihre Kameradinnen und Kameraden, die im Einsatz sind im In- und Ausland – als Parlamentsarmee. Sie sind dort – in unserem Interesse. Und das muss uns eine Verpflichtung sein.