Landtag debattiert über Wohnraum, Bildung und Energie

Aktuelle Stunde im Plenum

7. Februar 2023

MÜNCHEN.   „Bayerns Baustellen endlich angehen: Wohnraum, Bildung, Energie“: In einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde debattierte der Landtag darüber, wie den Menschen im Freistaat bei diesen Themen am besten geholfen werden kann. Während CSU und Freie Wähler die Verantwortung für die Probleme bei der Ampel-Bundesregierung sahen, forderte die Opposition die Staatsregierung noch vor der Landtagswahl im Herbst zum Handeln auf.

FDP-Fraktionschef Martin Hagen warf der Staatsregierung vor, seit der Bundestagswahl lieber die Ampel-Regierung zu kritisieren, als eigene landespolitische Akzente zu setzen. „Seit dem Regierungswechsel in Berlin ist in den Berichten der Kabinettssitzungen im Schnitt 11,5-mal pro Sitzung vom Bund die Rede – im Jahr davor war das lediglich 3,1-mal der Fall.“ Dabei gebe es in Bayern genug Baustellen, die endlich angegangen werden müssten. Erstens das Thema Wohnraum: Von den 10.000 versprochenen Wohnungen ist laut Hagen keine einzige gebaut worden. „Ihre staatliche Wohnungsbaugesellschaft BayernHeim ist ein Rohrkrepierer“, sagte er in Richtung Staatsregierung. Zweitens das Thema Bildung: Dafür müsse der Beruf attraktiver werden, beispielsweise durch unbefristete Verträge für Lehrkräfte, die Entlastung bei Verwaltungsaufgaben und mehr Chancen für Quereinsteiger. Und drittens das Thema Energie: „Wir brauchen mehr Tempo beim Ausbau von Wind, Solar und Geothermie sowie von Netzen und Speichern.“ Auch die heimische Gasförderung müsse ausgebaut und das Atomkraftwerk Isar 2 vorerst nicht zurückgebaut werden.

Martin Huber (CSU) nannte die Vorwürfe „Erbsenzählerei“. „Bayern lag 2021 mit großem Abstand auf Platz 1 bei den Baugenehmigungen von Wohn- und Nutzgebäuden.“ Abgewürgt würde der Wohnungsbau jetzt vor allem durch die neuen Mindeststandards im Gebäudeenergiegesetz des Bundes. Bildung ist laut Huber in Bayern keine Baustelle, sondern zentrale Daueraufgabe. „Wir haben 120.000 Lehrkräfte – so viel wie kein anderes Bundesland.“ Durch das geplante einheitliche Einstiegsgehalt an allen Schularten würden in Zukunft noch mehr Lehrkräfte nach Bayern gelockt. Auch die Vorwürfe bei der Energiewende seien „Schmarrn“. Kein Bundesland habe mehr erneuerbare Energien ins Netz gebracht als der Freistaat. „25 Prozent des bundesweiten Zubaus findet in Bayern statt – bei Fotovoltaikanlagen sogar 30 Prozent.“ Die Ampel-Regierung hingegen versage bei der angekündigten Gasumlage und bei der Gas- beziehungsweise Strompreisbremse.

Grüne fordern, die Geothermie stärker zu unterstützen

Martin Stümpfig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) beklagte das permanente Ampel-Bashing der CSU und die „massive Verdrehung von Tatsachen“. So habe beispielsweise Nordrhein-Westfalen 60.000 Lehrkräfte mehr als Bayern. Auch das Festhalten an der Kernenergie sei ein Irrweg. „Wir haben allein nach Österreich mehr Atomstrom exportiert, als Isar 2 dieses Jahr produziert hat.“ Dennoch halte die CSU weiter am fossilen Zeitalter fest. Dabei senke jede Gigawattstunde an erneuerbaren Energien den Strompreis um 6 Euro, während zum Beispiel Erdgas den Börsenstrompreis um 25 Euro erhöhe. Die von Huber genannten Erfolge bei der Windkraft sind laut Stümpfig lediglich ein „laues Lüftchen“, das überhaupt erst durch das Wind-an-Land-Gesetz der Bundesregierung ermöglicht wurde. Künftig gelte es vor allem, die Geothermie finanziell zu unterstützen. „Die dafür vorgesehenen 7,5 Millionen Euro im Staatshaushalt sind gar nichts.“

Rainer Ludwig (FREIE WÄHLER) sah Bayern im Bereich der Energiewende durch die vielen Bemühungen in den Bereichen Wasserstoff und Fotovoltaik gut aufgestellt. Jetzt sei der Bund gefragt – beispielsweise bei der Stabilisierung des Stromnetzes oder der Elektrifizierung des Schienennetzes. Dringenden Handlungsbedarf sah Ludwig beim Bau von mehr bezahlbaren Wohnungen. Möglichkeiten für den Bund gebe es viele. „Die Palette reicht von der Abschaffung der eigentumsfeindlichen Erbschaft- und Schenkungsteuer über eine mögliche Befreiung von der Grunderwerbsteuer bis hin zur Wiedereinführung der Abschreibungsmöglichkeit von selbstgenutztem Wohneigentum.“ Überhaupt müssten die Abschreibungsmöglichkeiten verbessert, energetische Sanierungen stärker gefördert und Immobilieneigentümer, die sozial vermieten, steuerlich nicht schlechter gestellt werden.

Die AfD hält den Ausstieg aus der Atomkraft für einen Fehler

Uli Henkel (AfD) sah sowohl die Politik der Bundes- als auch der Staatsregierung als gescheitert an. „400.000 Wohnungen sollten jedes Jahr im Bund gebaut werden – wir können froh sein, wenn es 250.000 werden.“ Auch Bayern verfehle sein Ziel beim Bau der jährlich benötigten 75.000 neuen Wohnungen um 90 Prozent. Die Wohnungsnot wird laut Henkel zusätzlich verschärft, weil die Politik so viele Menschen einwandern lasse. „Das treibt die Mieten in die Höhe und verdrängt arbeitende, Steuern zahlende Bürger aus ihrer Heimat.“ Die Einwanderung habe auch Auswirkungen auf das Schulsystem. In Schulklassen mit Migrantenkindern sei ein guter Unterricht nicht möglich. Den Ausstieg aus der Atomkraft am 15. April dieses Jahres bezeichnete er als Fehler. Die AfD setze sich für einen Mix aus Wasserkraft, Biovergasung, Kernkraft und Gaskraftwerken in Kombination mit Fotovoltaik sowie Windkraft ein.

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn ging Ministerpräsident Markus Söder (CSU) frontal an. „Sie üben Ihr Amt nicht ordentlich aus“, monierte er. Dass Söder bei der Aktuellen Stunde nicht anwesend war, wertete von Brunn als weiteren Beleg für seine Behauptung. Bei der Energiewende hänge Bayern durch seine Stromimporte am Tropf der anderen Bundesländer. „Beim Anteil an der Brutto-Stromerzeugung liegen wir nur noch im Mittelfeld.“ Daher sei es dringend Zeit, die Ausnahmen bei der 10H-Regelung abzuschaffen und die Geothermie stärker zu fördern. Um erneuerbare Energien besser zu speichern, sollten außerdem ehemalige Atomkraftwerke entsprechend umgerüstet werden. Beim Thema Mieten kritisierte der Abgeordnete die hohen Wohnkosten in Bayern. Dies sei ein Grund, warum so wenig Fachkräfte in den Freistaat ziehen würden.

Der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Bürokratieabbau, Walter Nussel (CSU), bezeichnete die Kritik der Opposition als „Stimmungsmache“. Es sei die Bundesregierung, die nicht genug gegen den Bürokratieabbau unternehme. „Das ist auch der Grund, warum wir es nicht schaffen, schnell genug Wohnungen zu bauen oder die Energiewende umzusetzen.“ Wenn Bayern zum Beispiel das Klagerecht aussetzen wolle, um mehr Stromleitungen zu bauen, werde das von Berlin unterlaufen. Auch fünf Jahre für einen Bebauungsplan sei ein viel zu langer Zeitraum, das schrecke Investoren ab. „Wir sollten daher jetzt nicht mit dem Finger auf die anderen zeigen, sondern den Menschen signalisieren: Jawohl, wir stehen an Eurer Seite“.

/ David Lohmann

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