Landtag debattiert über Maskengeschäfte

Aktuelle Stunde auf Vorschlag der SPD-Fraktion

8. Juni 2021

MÜNCHEN.     Die Opposition hat in einer von der SPD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde der Staatsregierung vorgeworfen, anrüchige Geschäfte einzelner CSU-Abgeordneter bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken nicht konsequent unterbunden zu haben. Es handle sich dabei um die Fortsetzung langjähriger "Spezlwirtschaft". CSU und FREIE WÄHLER verwahrten sich gegen pauschale Vorwürfe und versprachen Aufklärung.

Nach Einschätzung des neuen SPD-Fraktionschefs Florian von Brunn hat die Regierungskoalition bei den Maskendeals eine "gefährliche Mischung aus Fahrlässigkeit und Amigowirtschaft zugelassen". Konkret nannte er die Millionen-Provisionen für CSU-Mandatsträger bei der Vermittlung von Maskenkäufen im Frühjahr 2020. Es sei schamlos, dass der frühere CSU-Abgeordnete Alfred Sauter mit einem Anruf in der Staatskanzlei 300.000 Euro an Provisionen eingestrichen habe, während gleichzeitig Künstler, Gastronomen und Selbständige um ihre Existenz kämpfen müssten, klagte von Brunn. Aufgeklärt werden müssten auch Millionen-Zahlungen an Personen im CSU-Umfeld.

Zudem warf von Brunn Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) wegen möglicher Ungereimtheiten bei der staatlichen Förderung zum Aufbau einer Maskenproduktion in dessen Stimmkreis "Günstlingswirtschaft" vor. Eine politische Aufarbeitung sei auch im Fall der Anschaffung mutmaßlich minderwertiger Masken durch die Staatsregierung erforderlich. Von Brunn verlangte von der Koalition, alle Vorgänge transparent und öffentlich zu machen. "Oder brauchen wir erst einer Untersuchungsausschuss, um Licht ins Dunkel zu bringen", fragte er. Neben Aufklärung brauche es weniger Klientel-Politik, sondern eine "solidarische Politik für alle". Für die Menschen, die gerade in der Krise einen übermenschlichen Einsatz gezeigt hätten, sei die "Selbstbedienungsmentalität von CSU und Freien Wählern ein Schlag ins Gesicht", urteilte von Brunn.

Bernhard Seidenath (CSU) nannte die Vorwürfe von Brunns "ungeheuerlich". In ihrer Pauschalität seien die Anwürfe "ehrverletzend". Anders als von Brunn behaupte, werde in Bayern sehr wohl Politik für die Menschen gemacht. Gegen den von ihm erweckten Eindruck, alles Handeln sei nur Folge von Spezlwirtschaft, "verwahre ich mich aufs Schärfste". Seidenath betonte, dass gerade die CSU-Fraktion aus der auch von ihm verurteilten Geschäftemacherei Einzelner harte Konsequenzen gezogen habe und diese durch schärfere Gesetze in Zukunft unterbinden wolle.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) zieh von Brunn des "politischen Lautsprechertums". Dieser stelle Behauptungen auf und liefere dafür keinerlei Fakten. Holetschek wiederholte seine Bereitschaft zur vollständigen Aufklärung der Vorgänge um die Maskenkäufe. Er habe dazu bereits im Mai den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses einen ausführlichen Bericht mit allen Details übermittelt. Fabian Mehring (FREIE WÄHLER) warf von Brunn Querulantentum und Besserwisserei vor. Damit lasse sich das Vertrauen der Bürger in die Politik nicht zurückgewinnen. Wenn von Brunn der Koalition fehlende Bürgernähe und Problemlösungskompetenz vorhalte, sei das vor dem Hintergrund der aktuellen Lage der SPD eine besondere Art von Humor. Keine andere Partei habe in den vergangenen Jahren mehr an Wählerzuspruch und Kompetenzzuweisung verloren als die SPD.

Rückendeckung erhielt von Brunn durch Florian Siekmann (BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN). Abgeordnete der CSU hätten sich an der Not der Menschen "schamlos bereichert", Parlamentarier und Parteispezln sich den Staat zur Beute gemacht. Dieses System habe gerade die CSU durch ihre jahrelange Weigerung möglich gemacht, strengere Regeln für Nebeneinkünfte und die Einhaltung von Transparenz einzuführen. Auch jetzt noch verschleppe die Staatsregierung die Aufklärung, indem sie Anfragen der Opposition verspätet oder unzureichend beantworte, sagte Siekmann. Dies sei "absichtliche Missachtung des Parlaments". Die Staatsregierung müsse "reinen Tisch machen". Ansonsten werde seine Fraktion "jeden Winkel des schwarzen Filzes mit allen Mitteln ausleuchten, die uns die Verfassung bietet".

Ralf Stadler (AfD) erklärte, Korruption sei bei der CSU ein Dauerthema. Dieser "Saustall" müsse endlich ausgemistet werden. Einige Vorgänge seien "fast schon staatlich organisierte Korruption, überall sind die schwarzen Schafe vorne dabei". Für die FDP verteidigte Sebastian Körber die hartnäckigen Nachfragen der demokratischen Opposition. Das sei deren Aufgabe. Die Fälle von Spezlwirtschaft in der CSU hätten schließlich eine "historische Dimension".

/ Jürgen Umlauft

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