KI, Professorenstellen und Mittelbau - wie steht es um die Hightech-Agenda Bayern?

Aktuelle Stunde auf Antrag der CSU: „Zukunft aus Bayern – für einen starken Forschungsstandort“

Ein Jahr nach Vorstellung der Hightech-Agenda Bayern durch Ministerpräsident Söder im Landtag diskutierten die Abgeordneten über den Forschungsstandort Bayern und die Wissenschaftspolitik der Staatsregierung. Die Regierungsfraktionen präsentierten stolz die Bilanz der Hightech-Agenda, während die Oppositionsfraktionen die Umsetzung der Ankündigungen anmahnten und bessere Arbeitsbedingungen für den Mittelbau forderten. Eine Fraktion sprach über ein anderes Thema.

„Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft stehen vor einem epochalen Wandel: Mit der Corona-Pandemie, dem Klimawandel, der digitalen Transformation, der Frage der Migration und dem demografischen Wandel stehen wir vor den größten Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg“, eröffnete Robert Brannekämper (CSU) die Sitzung. „Wir schauen nicht zu, wie sich alles verändert – sondern wir investieren und gehen unseren eigenen Weg mit der Hightech-Agenda Bayern für Chancen und ökologischen, ökonomischen und sozialen Wohlstand im 21. Jahrhundert“, lobte er die Politik der Staatsregierung. Denn vor fast genau einem Jahr – längst bevor das Coronavirus Politik und Alltag bestimmte -  hatte Ministerpräsident Dr. Markus Söder die Hightech-Agenda Bayern im Bayerischen Landtag vorgestellt.

Der Vorsitzende des Wissenschaftsausschusses skizzierte die verschiedenen angestoßenen Initiativen angefangen von 1000 neuen Professorenstellen, dem Aufbau von 20 Spitzenforschungszentren in ganz Bayern, insgesamt 30.000 neuen Studienplätzen über ein KI-Netz, das über ganz Bayern gespannt werden solle bis hin zu „sauberen Technologien, die zur bayerischen Kernkompetenz werden“ und schlussfolgerte: „Kein Land kann vergleichbare Anstrengungen vorweisen.“

Die Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Katharina Schulze, konterte: Es sei ja schön, dass die Staatsregierung mehr Geld für Professorinnen und Professoren ausgeben wolle – „jedoch müssen die buchstäblich irgendwo sitzen!“ Und dafür fehle das entsprechende Fundament in der Finanzierung – angefangen von der Bausubstanz mancher Gebäude bis hin zu veralteten Einrichtungen – da gebe es viel zu tun. Der Finanzierungsstau an den Hochschulen in Bayern belaufe sich auf mehr als 5,8 Milliarden Euro. Auf eines wies Schulze besonders hin: die schwierigen Arbeitsbedingungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die es noch nicht auf eine Professur geschafft haben. „Wir brauchen eine ausreichende Grundfinanzierung und ein Ende der prekären Arbeitsverhältnisse des wissenschaftlichen Mittelbaus!“ Denn, so Schulze, Wissenschaft und Forschung seien systemrelevant – „und es ist unser Job als Abgeordnete, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die besten Bedingungen für ihre Arbeit haben“.

Kerstin Radler von den FREIEN WÄHLERN zeigte sich angesichts dieser Ausführungen überrascht: „Ich habe damit gerechnet, dass die Kritik der Grünen deftiger ausfällt“, da gebe es sogar Überschneidungen mit den Freien Wählern. Diese legen Radler zufolge einen großen Schwerpunkt auf die Stärkung der Regionen und eine Demokratisierung der Hochschulen: „Die Situation der Studierenden und deren Mitspracherechte stehen für uns im Fokus“, so Radler. Sie sprach sich zudem gegen eine „reine Nutzenorientierung“ von Forschung und Lehre aus. Die Freien Wähler wollen Radler zufolge auch weiterhin mit Vertretern der Hochschulen und Studierenden im Gespräch bleiben – „für ein moderneres Hochschulgesetz“. Ihre Schlussfolgerung: Die Agenda trage ganz klar auch die Handschrift der Freien Wähler, die auf die Umsetzung dieser Punkte weiter großen Wert legen würden.

Der Redner der AfD, Ulrich Singer, nutzte die Debatte, um zu großen Teilen über die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu sprechen. „Sie verursachen gerade Massenarbeitslosigkeit“, kritisierte er. „Da spielt die angeblich unabhängige Wissenschaft eine große Rolle“, so Singer. Statt um Grundlagenforschung gehe es um „politische Manipulation der Massen“. Konkret in Bezug auf den Forschungsstandort Bayern wurde es, als Singer bemängelte: „Bayern verschläft die Möglichkeit, in den Bereichen der Quantenmechanik und der KI den Rückstand von Lichtjahren aufzuholen.“

Der Redner der SPD-Fraktion, Christian Flisek, knüpfte sofort an Söders Hightech-Agenda an: „Es gibt das Hightech-Sonnendeck und es gibt auf der MS Bavaria auch einen Maschinenraum, in dem nichts vorangeht.“ Wie die Grünen nannte Flisek dabei insbesondere die wissenschaftlichen Mitarbeiter: „Über 60 Prozent der Mitarbeiter sind befristet - und für diese Leute brauchen wir ein klares Signal!“ Er mahnte, sich nicht nur mit dem Vergleich innerhalb Deutschlands zufrieden zu geben: „Wenn wir uns mit anderen Ländern vergleichen: Da ist Wums da, aber wir müssen uns international vergleichen: China investiere ein Vielfaches und sei meilenweit voraus. Daher forderte Flisek: „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, wie wir mit den Geldern, die uns zur Verfügung stehen, eine möglichst große Hebelwirkung auslösen.“

Der ehemalige Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) stellte die Frage, was seit der Vorstellung der Hightech-Agenda vor einem Jahr eigentlich passiert sei. „Meine größte Kritik ist nicht das Programm - das unterstützen wir - sondern die mangelnde und fehlende Umsetzung. Ständig kündigt die Staatsregierung an, aber dann wird nichts umgesetzt“, so Heubisch. „Wir brauchen für einen internationalen Standort eine neue Hochschulnovellierung, wir müssen uns fit machen“, forderte der Redner der FDP.

Nach weiteren Redebeiträgen von CSU, Grünen und Freien Wählern verteidigte schließlich der Staatsminister für Wissenschaft und Forschung, Bernd Sibler (CSU), die Politik der Staatsregierung: „Diese Hightech-Agenda ist die Antwort auf die Pandemie“, so Sibler. „Sie ist der Wums, die Bazooka - sie ist die bayerische Antwort auf die Krise“. Die Agenda sei international geachtet und „ein kraftvolles Signal der Zuversicht“. Dabei werde kein Geld aus Bundesmitteln verwendet, die Finanzierung erfolge allein durch bayerisches Geld. Tausende Stellen seien gesichert worden – „auch für den akademischen Mittelbau“, betonte Sibler und erklärte: „So geht Wissenschaftspolitik im Freistaat Bayern - wir lösen die Probleme und problematisieren nicht mehr.“

/ CK

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