„Mit Sicherheit zur Normalität: Heimat beschützen - Freiheit zurückgewinnen - Corona besiegen!"

Aktuelle Stunde auf Vorschlag der FREIE WÄHLER-Fraktion

20. April 2021

MÜNCHEN.     Dauer-Lockdown, Inzidenzwert und Berliner Notbremse: Diese Maßnahmen halten die Freien Wähler für immer weniger hilfreich im Umgang mit der Corona-Pandemie. In einer Aktuellen Stunde stellten sie im Plenum die Alternativen zur Diskussion, nämlich Impfen, Testen und einen Freistaat Bayern, das seinen Weg aus der Krise selbständig bestimmt. „Mit Sicherheit zur Normalität: Heimat beschützen – Freiheit zurückgewinnen – Corona besiegen“ lautete das Motto.

„Impfen bis die Schwarte kracht! Das führt zu Freiheit und Normalität“, fasste Fabian Mehring vom Regierungs-Koalitionspartner FREIE WÄHLER seine einleitende Rede zusammen. In dieser hatte er erörtert, dass man das Virus nicht mehr mit den Methoden des letzten Jahres bekämpfen dürfe. „Lockdown darf nicht das einzige Mittel sein“, sagte er. Stattdessen müsse man einen Weg finden, denjenigen, die vor Ansteckung sicher seien – also allen negativ Getesteten und zweifach Geimpften – wieder ein normales Leben zu ermöglichen. Tägliche Tests für jeden und das digitale Einlesen der Ergebnisse müsse normal werden, gleichzeitig gelte es, mit weniger Bürokratie und dem stärkeren Einbeziehen von Hausärzten den „Impf-Turbo“ einzulegen. Mehring forderte überdies, so wie später in der Diskussion auch seine Fraktionskollegin Susann Enders, die Abkehr vom Sieben-Tage-Inzidenzwert. Dieser wird von Wissenschaftlern als wenig aussagekräftig beschrieben, da in ihm zahlreiche Parameter der Pandemie nicht erfasst sind, wie etwa die Zahl der schweren Fälle oder Todesfälle. „Der Pandemieverlauf muss endlich zuverlässig abgebildet werden“, forderte Enders. Die Politikerin schloss sich Mehring auch in Sachen Selbständigkeit an: „Was in Berlin gut gemeint ist, ist noch lange nicht gut für Bayern.“ Für die Freien Wähler seien vor allem regionale Maßnahmen effektiv und sinnvoll.

Hierauf musste die Sitzung zunächst unterbrochen werden. AfD-Politiker hatten an ihre Corona-Trennwände Zettel mit politischen Botschaften geheftet. Dies ist jedoch nicht gestattet, sodass nach einer Sitzung des Ältestenrats später Rügen gegenüber den entsprechenden Abgeordneten ausgesprochen wurden.

Doch schon gleich darauf ging es weiter und Andreas Krahl von der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN kam zu Wort. Er kritisierte den Trend, Perspektiven vor allem in „Öffnungswettbewerben“ von Biergärten und Skiliften zu suchen. Er verlangte, den Fokus endlich auf diejenigen Bevölkerungsgruppen zu legen, die unter der Pandemie am meisten leiden: Eltern und Kinder, Senioren, Selbständige und nicht zuletzt das medizinische Personal und Pflegepersonal, das völlig überlastet sei. „Von Normalität zu reden ist ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen“, kritisierte Krahl. Er verlangte eine Homeoffice-Pflicht und Testpflicht in Betrieben sowie eine bundesweit einheitlich wirksam gezogene Corona-Notbremse. „Die Menschen wollen strengere, wirksame Maßnahmen“, bestätigte seine Fraktionskollegin Christina Haubrich. Sie verlangte, dass Lehrer schneller und umfassender geimpft werden – viele unterrichteten derzeit in Präsenz bei Inzidenzwerten um die 200. Außerdem brachte sie die Idee eines Bundes-Pandemierats ins Spiel.

Tobias Reiß von der CSU stellte den mittlerweile fast schon sagenhaften Landkreis Tirschenreuth, seine Heimat, als Musterbeispiel vor. Der Kreis war mit Werten bis knapp unter 400 einst ein Sorgenkind und liegt jetzt mit Werten unter 60 auf Platz eins der Landkreise. „Das ist harte Arbeit“, sagte Reiß und erklärte, wie Tirschenreuth die niedrigen Zahlen erreicht hat: mit 120.000 Tests alleine in diesem Jahr, Grenzkontrollen, strengen Test- und Hygienekonzepten in Betrieben, einer hohen Erst-Impfquote von 30 Prozent und einer willigen Bevölkerung, die Kontakte vermeidet. „Hätten wir mehr Tirschenreuths, bräuchten wir weniger Berlin“, schloss er sein Plädoyer für strenge Maßnahmen und einen eigenen bayerischen Weg.

Peter Tomaschko, ebenfalls von der CSU, bestätigte: „Es muss gelten: Vorsicht und Vernunft“. Er erinnerte daran, dass die neuen Virusmutationen viel gefährlicher für Kinder und Jugendliche sind als der Ursprungsvirus, weshalb für Schulen klare, nach Inzidenzwerten gestaffelte Präsenz- und Home-Regeln sowie das erprobte Hygienekonzept von Maske, Abstand und Selbsttests gelten müssten. Gleichfalls forderte er Unterstützung für Kinder mit Bildungsrückständen in Form von Förderunterricht, Ferien-Intensivkursen und eine besondere Förderung für Vorrücker auf Probe.

Andreas Winhart von der AfD kritisierte zunächst das neue Infektionsschutzgesetz, das am Folgetag in Berlin verabschiedet werden sollte – aber auch den Umstand, dass die FREIEN WÄHLER unter der Führung ihres Bundesvorsitzenden, des bayerischen Wirtschaftsministers Hubertus Aiwanger, gegen dieses Gesetz nun plötzlich Verfassungsbeschwerde einlegen wollten. „Wir hätten in Bayern längst anders handeln können“, sagte Winhart. Er kritisierte generell Ausgangssperren, Kontaktverbote und Maskenpflicht. „Normal ist Berufsfreiheit und Reisefreiheit, ohne Tests. Und dass die Kinder in die Schule gehen“, verlangte er die bedingungslose Rückkehr zu den Grundrechten.

Aus der SPD-Fraktion kam ebenfalls Kritik am scheinbar paradoxen Verhalten der FREIEN WÄHLER. „Ihr Bundesvorsitzender kündigt eine Verfassungsbeschwerde an, aber in Bayern stehen Sie in Gefolgschaft der Regierung“, die ebenso strenge Maßnahmen schon lange umsetze, führte er vor. „Für Öffnungsperspektiven braucht es Impfung und eine digitale Nachverfolgungsstrategie“, steuerte der Fraktionsvorsitzende Horst Arnold letztlich an konkreten Vorschlägen bei.

Martin Hagen von der FDP zeigte dagegen Zustimmung für die Freien Wähler. „Das neue Infektionsschutzgesetzt macht den Kardinalfehler, wieder nur auf den Inzidenzwert zu schauen“, sagte er. „Es schreibt nur den Lockdown für die Zukunft fort und verhindert, dass beispielsweise testbasierte Öffnungen erprobt werden. Die Verfassungsklage trifft bei uns auf Sympathie.“ Allerdings wies auch er darauf hin, dass in Bayern mit Zustimmung der Freien Wähler viel strengere Regeln gelten als etwa die Bundes-Notbremse vorsieht.

Der Fraktionslose Markus Plenk blickte schließlich in andere Länder, nämlich Texas und Florida, wo – immer noch mit Maskenpflicht – alle übrigen Maßnahmen aufgehoben worden seien und stattdessen Risikogruppen besser geschützt würden. Auch die Schweiz nannte er als Beispiel, wo sich die Bürger derzeit wieder über Außengastronomie und Sport freuten. „In allen diesen Gebieten gehen die schweren Fälle zurück“, sagte er. Auch er forderte eine Abkehr vom nicht aussagekräftigen Inzidenzwert.

Bernhard Seidenath (CSU) verteidigte als letzter Redner jedoch den Inzidenzwert, da er für die Bevölkerung leichter zu begreifen sei als eine komplizierter zustande gekommene Zahl. Er riss aber auch die Möglichkeit an, dass für zweifach Geimpfte und womöglich auch für Corona-Genesene ein neues Normalitätskonzept entwickelt werden könnte. „Schieres Zusperren bringt nicht viel. Mit Impfen und Testen geht es in die Normalität“, erklärte er. Worauf er mit einer langen Dankesrede an alle Bürgerinnen, Bürger und Berufsgruppen, die in der Pandemie helfen, widrige Umstände erdulden und unendliche Geduld aufbringen müssen, schloss.

/ Isabel Winklbauer

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