Schlussworte im Plenum zum Ende der 18. Wahlperiode

Plädoyer für die Demokratie

20. Juli 2023

MÜNCHEN.     Bevor das Parlament bis zu den Landtagswahlen in die Pause geht, blickten Präsidentin Ilse Aigner, Oppositionsführerin Katharina Schulze und Ministerpräsident Dr. Markus Söder zurück. Sie zogen nicht nur Bilanz über das vergangene Jahr, sondern auch über die zurückliegende Legislaturperiode.

„Wir leben die Demokratie“, sagte Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). Mit ihren Schlussworten bezog die Landtagspräsidentin klar Stellung. Als Präsidentin behandle sie alle Abgeordneten und Fraktionen gleich, betonte sie. „Aber ich bin keine neutrale Person, ich bin Demokratin“, sagte sie und „ich lasse mir den Mund nicht verbieten.“

In der Vergangenheit sei deutlich geworden, dass die Demokratie nicht selbstverständlich ist. Sie stehe unter Beschuss und müsse verteidigt werden. Putins Angriffskrieg auf die Ukraine sei auch ein Angriff auf die Werte des Westens. Auch von innen sei die Demokratie bedroht: Phänomene wie Verschwörungserzählungen seien nicht neu, die enthemmte Stimmung aber sei es. Es sei „kein Zufall“, dass der Ton sich 2018 mit dem Einzug einer neuen Fraktion verschärft habe, so Aigner. 

Bis zum Zeitpunkt ihrer Rede seien 25 Rügen ausgesprochen worden, „die meisten davon in eine Richtung“.  Jahrzehntelang habe es nicht eine gegeben. Aigner forderte eine schärfere Hausordnung. Jedem müsse klar sein: wer mit menschenverachtenden Sprüchen oder Zeichen auftrete, „der fliegt raus.“

Während in anderen Ländern Menschen im Kampf für die Demokratie ihr Leben riskierten, gebe es hierzulande Menschen, die sich freiwillig und vorsätzlich von der Demokratie abwendeten: So etwa beim Volksbegehren zur Auflösung des Landtags oder am extrem linken Rand unter radikalen Klimaaktivisten.

Womit niemand gerechnet habe, sei die Corona-Pandemie gewesen. Man könne nicht auf alles stolz sein, was politisch und gesellschaftlich passiert sei, doch habe man nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, so Aigner: „Wir haben Leben geschützt und gerettet.“

Der Landtag sei zu jeder Zeit arbeits- und beschlussfähig gewesen – und „überaus fleißig.“ Die Abgeordneten und ihre Mitarbeitenden hätten unter schweren Bedingungen eine „starke Leistung“ gezeigt. So fanden 152 Sitzungen und 1232 Ausschusssitzungen statt, 18 mal wurde die Staatsregierung befragt und 5248 Anfragen zum Plenum und 6839 schriftliche Anfragen seien gestellt worden.

Den gesamten Redetext der Schlussworte von Landtagspräsidentin Ilse Aigner finden Sie ►hier(Dokument vorlesen).

Die vergangenen fünf Jahre seien für niemanden einfach gewesen, so Grünen-Politikerin Katharina Schulze als Vertreterin der Opposition. Pandemie, Angriffskrieg und Teuerung hätten die Arbeit ihrer Fraktion im Parlament bestimmt. Gleichzeitig habe sich gezeigt, was die letzten Jahre liegen geblieben sei: Es fehle an Arbeitskräften, beim Ausbau erneuerbarer Energien hinke man hinterher und noch immer hätten nicht alle Kinder die gleichen Startchancen im Leben. Die Folgen der Klimakrise würden auch in Bayern immer deutlicher.

„Gerade als ich über die Demokratiefeinde reden wollte, kam einer neben mich“, reagierte Schulze, als der AfD-Abgeordnete Ralf Stadler sich plötzlich mit einem Schild neben dem Rednerpult positionierte. Aigner erteilte ihm dafür eine Rüge, die 26., die in dieser Legislaturperiode an Abgeordnete vergeben wurde.

Zusätzlich zu den aktuellen Herausforderungen käme noch mehr dazu, so Schulze: „Die Demokratiefeinde aus dem In- und Ausland machen sich breit, auch hier im Parlament“. Schulze dankte der Landtagspräsidentin Ilse Aigner „für ihre klaren Worte zur AfD. Die kann ich alle unterschreiben.“

Die vielen parallelen Krisen könne man nur innerhalb der Demokratie lösen, sagte sie. Die Abgeordneten und die Regierungsmitglieder müssten dabei ein Vorbild sein. „Unsere Demokratie muss nicht zurückgeholt werden. Sie ist hier und sie ist lebendig“, betonte sie.

Lügen und der Aufbau von Feindbildern und dumpfen Emotionen lösten keine Probleme, sondern schafften neue, so die Rednerin. „Populismus trennt immer. Populismus verbindet nie“, sagte sie. Es sei ein Unterschied, ob man hart um die Sache streite oder der politischen Konkurrenz Unterstellungen und Falschbehauptungen an den Kopf werfe.

Schulze betonte auch, dass es viele engagierte Bürgerinnen und Bürger gebe, die sich für das Gemeinwesen einsetzen und Unternehmerinnen und Unternehmer, die für eine gute Zukunft arbeiteten. „Ganz oft sind diese Menschen nicht laut. Weil sie schlicht keine Zeit haben, zu motzen, zu meckern, zu hassen und zu hetzen. Diese Menschen in unserem Land packen an“, so Schulze.

Ministerpräsident Dr. Markus Söder (CSU) blickte auf die bevorstehende Landtagswahl und den Wahlkampf. Karrieren würden beginnen, Lebenswege enden, Politiker hätten Großartiges geleistet.

Der Ton sei insgesamt rauer geworden: „Das ist vielleicht ein bisschen der Zeitgeist.“ Trotzdem könne man sagen, dass man das Land in den letzten fünf Jahren „gut beschützt“ habe. Am Ende bleibe die klare Aussage: „Bayern hat gut funktioniert, der Staat hat gut funktioniert und ganz besonders die Demokratie hat in Bayern funktioniert.“

Ein Teil der Realität sei, dass der demokratische Prozess heute anders sei als vor 30 Jahren, so der Ministerpräsident. Durch soziale Medien finde politische Diskussion nicht nur im Hohen Haus statt, sondern auch im Netz und auf der Straße. Umso wichtiger sei es, dass am Ende Entscheidungen auf breiter demokratischer Basis getroffen werden.

Die Wahrheit sei aber auch, dass es Sorgen gebe bei den Menschen. Bürgerinnen und Bürger seien tief verunsichert, eine Krise komme nach der nächsten und die Frage sei, wie es weiter geht für diejenigen, „die nicht auf Rosen gebettet sind“, so der Ministerpräsident. „Einige schultern das leichter. Viele andere tun sich sehr, sehr schwer.“

Söder betonte auch, dass sein Bundesland nach wie vor gut dasteht. „Haben wir nicht ein Glück, dass wir in Bayern leben?“, fragte er sein Publikum. Es habe die Krisen besser überstanden als andere.

Für die Corona-Pandemie habe es keine Blaupause gegeben. Niemand habe gewusst, was passiert. „Wir waren uns gar nicht sicher, kommen wir da durch?“, erinnerte er sich. Masken oder Impfstoffe habe es nicht gegeben. Söder sprach in diesem Zusammenhang von einem konstruktiven Miteinander und dankte dabei auch der Opposition. Man habe über 130.000 Leben gerettet, bilanzierte er. Die wirtschaftliche Struktur sei erhalten geblieben, man habe Menschen im Gesundheitswesen mobilisiert und mehr Intensivbetten, Pandemielager und Impfungen zur Verfügung gestellt. Das alles sei ein enormer logistischer Kraftakt gewesen, so der CSU-Politiker. „Leben zu retten, gibt es am Ende eine größere und lohnendere Aufgabe?“, fragte er rhetorisch.

Für die Zukunft wünschte er sich „dass wir in diesen Krisen eines schaffen: Den Draht zu den Menschen zu behalten.“

/ Anna Schmid

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