Schlussworte vor der sitzungsfreien Zeit

Landtagspräsidentin Aigner: "Wir sollten alles vermeiden, was spaltet!"

21. Juli 2022

MÜNCHEN.    Krieg in der Ukraine, steigende Energiepreise, Inflation: In diesem Jahr hat die allgegenwärtige Krise die traditionellen Schlussworte vor der sitzungsfreien Zeit im Plenum geprägt. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), Oppositionsvertreterin Katharina Schulze (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Ministerpräsident Dr. Markus Söder (CSU) appellierten an den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

„Schlussworte ohne Schluss“ seien es, die sie heute, „in einer Situation mit offenem Ende“ spreche, so Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) angesichts der anhaltenden Krise. Die Lage sei ernst. Verfassungsfeinde im Inneren seien seit Jahren aktiv. Demokratinnen erlebten Spott, Verächtlichmachen, Hass und Hetze bis hin zu Gewalt und hielten dagegen.

Doch auch der Druck von außen nehme zu: Putins Überfall auf die Ukraine habe real gemacht, was man in Europa nicht mehr für möglich gehalten habe: „Es ist ein Zivilisationsbruch“, sagte Aigner. Die Opfer seien die Menschen in der Ukraine. „Aber das Ziel, das sind auch wir.“ Die Zerstörung der Demokratie sei ein Kriegsziel. „Das will er. Auch bei uns.“

Putin treffe eine Gesellschaft, die nach zweieinhalb Jahren Pandemie erschöpft sei. Durch Inflation, Energiekrise und Preissteigerungen drohe eine Wirtschaftskrise mit sozialen Härten. Putin sehe das. Umso wichtiger sei es, die Stärke, die man in den letzten Monaten bewiesen habe, aufrechtzuerhalten, so Aigner.

Die Landtagspräsidentin sprach in ihren Schlussworten jedoch auch von positiven Signalen: Europas Demokratien seien wieder eng zusammengerückt, die Nato so stark und die transatlantische Freundschaft so stabil wie lange nicht, die Populisten hätten trotz Krise an Zugkraft verloren.

Gute Nachrichten gebe es außerdem aus dem Landtag: Plenum und Ausschüsse können endlich wieder in voller Besetzung tagen, Besuchergruppen sind wieder im Haus, ein neues Besucherfoyer entsteht und Veranstaltungen können wieder durchgeführt werden.

Demokratie sei nicht nur eine Gabe, sondern auch eine große Aufgabe, ganz speziell für die Abgeordneten, so Aigner. Den Menschen werde viel abverlangt, manchen mehr, als sie verkraften können. Zuwendung, Empathie und Hilfe seien nun gefragt. Aigner appellierte an die demokratischen Parteien, den Ernst der Lage zu erkennen. Das Gemeinwesen gehöre in den Mittelpunkt. „Wir sollten alles vermeiden, was spaltet“, sagte sie.

Die Landtagspräsidentin bedankte sich bei allen Mitarbeitern des Hauses, die den parlamentarischen Betrieb am Laufen halten: Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landtagsamt, den Fraktionen und Ministerien ebenso wie den Männern und Frauen, die für die Hygiene im Hause sorgen und vielen anderen.

Als Vertreterin der Opposition sprach die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze. Der russische Angriffskrieg sei eine Zäsur gewesen, sagte sie. „Seitdem haben wir wieder Krieg in Europa.“ Die Auswirkungen seien weltweit spürbar, auch hierzulande. Die Energiepreise steigen, die Inflation verteuere den Alltag und in anderen Ländern werden Nahrungsmittel knapp. Wichtig sei jedoch, die Debatte nicht auf die Auswirkungen bei uns zu verengen, sondern als Gesellschaft das Ganze zu sehen, so Schulze. Sie beschrieb ein Bild auf dem ein Vater nach einem russischen Raketenangriff die Hand seines toten Sohnes hält und sagte: „Kein Vater, keine Mutter sollte so etwas jemals erleben müssen.“

Auch Schulze betonte die Bedeutung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes: „Putin setzt darauf, dass wir ermüden und uns als Gesellschaft auseinanderdividieren lassen.“ Damit jedoch dürfe und werde er nicht erfolgreich sein. Die Antwort auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg könne nicht sein, die Sanktionen gegen Russland in Frage zu stellen oder mit populistischen Parolen Kapital aus dem Krieg schlagen zu wollen. Solidarität, Unterstützung und die Verteidigung unserer Werte der Demokratie und der Freiheit seien stattdessen die Antwort.

Angesichts mehrerer gleichzeitig zu bewältigender Krisen dürfe aber die langfristige Perspektive nicht aus den Augen verloren werden, so Schulze. Bayern müsse in eine klimaneutrale Zukunft geführt werden. Eine Krise dürfe nicht gegen die andere ausgespielt werden, Populismus sei keine Antwort.

Auch Schulze bedankte sich bei allen Mitarbeitern im Landtag. Dort sehe man, dass es als Team besser läuft: „Teamplay ist der Schlüssel zum Erfolg“, so die Politikerin. Auch sie fand gegen Ende ihre Rede zuversichtliche Worte: „Wenn wir gemeinsam anpacken und zusammenstehen, dann wird es auch wieder besser werden.“

Zuletzt hatte Markus Söder (CSU) das Wort im Plenarsaal. Der bayerische Ministerpräsident sprach von der Hoffnung nach dem Abflachen der Corona-Krise im vergangenen halben Jahr und der Enttäuschung nach dem Auftauchen der nächsten Krise: „Jetzt befinden wir uns in einer Endlosschleife von Krisen, Krisen, Krisen.“

Bayern helfe Menschen, die Schutz suchen, wie kaum ein anderes Land, sagte er angesichts des Krieges. Er dankte den Menschen, die dafür sorgen, dass die Ukrainer, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, hierzulande aufgenommen werden. „So viel Menschlichkeit ist etwas ganz Besonderes und darauf dürfen wir alle stolz sein. Bayern hat Wärme, Liebe und Herz und das zeigt sich in diesen schweren Zeiten ganz besonders.“

Natürlich sorge man sich auch um die Menschen hierzulande: „Wie geht es mit unserem Land, mit unserer Bevölkerung weiter?“, fragte er. Alle Prognosen deuteten darauf hin, dass ein schwerer Herbst droht. Menschen hätten Angst vor kalten Wohnungen, vor dem Abstieg der Mittelschicht durch die hohe Inflation oder fragten sich, ob noch genügend Nahrung da sei. Und Wirtschaft und Industrie fürchteten die Folgen eines Gas- und Energiestopps. „Es ist unser aller Kernaufgabe, die Menschen zu schützen“, so der Ministerpräsident. Warme Wohnungen, bezahlbares Essen und die Sicherheit der Energieversorgung seien der Kernbereich staatlichen Handelns.

Söder wünschte sich Gemeinsinn und „einen gewissen Lokalpatriotismus“:  Wenn es um Bayern gehe, müsse sich jeder Politiker zunächst für Bayern einsetzen und weniger für seine Parteifreude an anderer Stelle.

Die Zeiten seien zwar sorgenvoll, aber nicht aussichtslos. Bayern sei stark, ein Land der großen Leistungen und der großen Gefühle. „Unser Erfolgsmodell spornt uns an“, so Söder. Er bedankte sich bei allen Fraktionen, dem ganzen Landtag, der Staatsregierung und der Landtagsmehrheit. Zum Abschluss wünschte er „Gottes Segen für unser wundervolles Land.“

/ Anna Schmid

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