Regierungserklärung von Wirtschaftsminister Aiwanger

„Wirtschaftsstandort Bayern – Herausforderungen meistern“

23. September 2020

Wie sehr sich der coronabedingte Lockdown auf die Wirtschaft ausgewirkt hat, zeigen in diesen Tagen die Proteste bei Continental oder MAN gegen den drohenden Stellenabbau. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) stellte die Menschen in seiner Regierungserklärung „Wirtschaftsstandort Bayern – Herausforderungen meistern“ darauf ein, dass in Bayern im Zuge der Krise noch zehntausende Jobs wegfallen werden. Mut machten ihm aber die Konjunkturdaten der letzten Wochen. Die Opposition nannte Aiwangers Maßnahmenpaket „einfallslos“.

Durch die Corona-Krise haben viele Menschen ihre Arbeit verloren. Dennoch steht Bayern mit einer Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent bundesweit noch am besten da. Wirtschaftsminister Aiwanger begründet das mit den Investitionen der vergangenen Jahre in die Hochtechnologie. „Innovative Betriebe können das abfangen, was anderswo wegbricht“, sagte er und nannte als Beispiele 3D-Druck, Künstliche Intelligenz, Quantencomputer, Biotech oder 6G. Bis Ende 2021 werde die Wirtschaft wieder auf dem Vor-Corona-Stand sein, versprach er. Damit das gelingt, brauche es aber zusätzlich Unterstützung vom Bund.

Die Bundesregierung soll die steuerliche Verlustrechnung bis zum Jahr 2017 ausweiten und die absetzbare Summe verdoppeln, forderte Aiwanger. Einbußen aus der Corona-Krise könnten dadurch mit den Steuerschulden der letzten Jahre verrechnet werden. Außerdem sollten die Unternehmenssteuern auf höchstens 25 Prozent begrenzt und neben dem Solidaritätsbeitrag auch die Erbschaftssteuer abgeschafft werden. Die Mehrwertsteuersenkung solle bis Ende 2021 verlängert und der Absatz von Autos mit Verbrennungsmotoren durch steuerliche Subventionen und Kaufanreize gefördert werden.

Bei der Energiepolitik setzt Aiwanger auf Wasserstoff. Am 1. Oktober startet beispielsweise das bundesweit erste Förderprogramm für Wasserstofftankstellen. Um den Ausbau von Fotovoltaik-Anlagen auf Gewerbedächern voranzubringen, soll bei Eigenstromverbrauch die EEG-Umlage gestrichen werden. „Mit der Windenergie tun wir uns noch schwer“, räumte Aiwanger ein. Um Gemeinden den Bau der Anlagen „schmackhafter“ zu machen, sollen Bürger künftig bei der Rendite beteiligt werden.

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, nannte die Regierungserklärung „wenig inspirierend“. Sie forderte, Bayern zum Leitmarkt für klimaneutrales Wirtschaften zu machen. Für eine klimafreundliche Energieversorgung müsse die Fotovoltaik ausgebaut und die 10-H-Regel abgeschafft werden. Da Unternehmen im ländlichen Raum größere Daten noch per USB-Stick verschicken müssen, verlangte Schulze einen Glasfaseranschluss in jedem Haushalt. Statt Unterstützungsprogramme für die Fahrzeugindustrie sprach sie sich für fairere Löhne der Menschen im Gesundheits- und Sozialwesen aus.

Sandro Kirchner (CSU) forderte, trotz der Einbrüche der Steuereinnahmen und teuren Soforthilfen nicht von geplanten Investitionen abzurücken. Er verlangte wie Aiwanger Unterstützungsprogramme für die Automobilindustrie. Neben der Senkung der Unternehmenssteuern und der Abschaffung des „Solis“ brauche es auch flexiblere Arbeitszeiten. Kirchner wies darauf hin, dass Deutschland die teuersten Strompreise weltweit habe und machte sich daher für einen günstigeren Industriestrompreis wie in Frankreich stark.

Die AfD warf Aiwanger vor, Corona als Ausrede für die schlechte wirtschaftliche Lage in Bayern zu nehmen. „Hunderttausende Menschen sind arbeitslos und sie sprechen von Quantencomputer“, sagte deren Abgeordneter Prof. Dr. Ingo Hahn. Angst sei Gift für die wirtschaftliche Erholung. Doch obwohl die Positivenrate, also der prozentuale Anteil der positiven Corona-Tests an den Tests insgesamt, seit Wochen konstant sei, sorge Ministerpräsident Markus Söder (CSU) durch das massenhafte Testen weiter für ein „Klima der Angst“.

Die FREIEN WÄHLER lobten ihren Minister für die schnelle Stabilisierung der Wirtschaft in der Corona-Krise. Gelungen sei dies durch die zügige Auszahlung von Soforthilfen und durch die Hygienekonzepte, um den Lockdown zu beenden, sagte deren Fraktionsvorsitzender Florian Streibl. Zusätzlich zu den zwei Milliarden Euro für die Hightech-Agenda würden jetzt noch mal 900 Millionen Euro in die Hightech-Agenda Plus investiert, um den Freistaat als Hochindustriestandort weiter zu festigen. Um Start-ups zu unterstützen, forderte Streibl den CSU-Koalitionspartner auf, kleinere Förderprogramme wie FLÜGGE nicht zu vergessen.

Annette Karl (SPD) nannte Aiwangers Rede „enttäuschend“: „Sie versuchen mit Antworten von vorgestern die Welt von morgen zu gestalten“, sagte sie und nannte als Beispiel seinen Einsatz für gasbetriebene Heizpilze für die Gastronomie. Karl warnte davor, die Bekämpfung der Pandemie gegen den Klimaschutz, gegen die Digitalisierung oder gegen den Arbeitnehmerschutz auszuspielen. Statt Verbrennungsmotoren zu fördern, sollte zur Unterstützung von Automobilindustrie und Zulieferer lieber die E-Ladeinfrastruktur ausgebaut werden.

Für Dr. Helmut Kaltenhauser (FDP) sind die Maßnahmen des Wirtschaftsministers nur „Symptombekämpfung“. Zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort gehöre das Gefühl von Freiheit, sagte er. Dies sei aber wegen der Corona-Maßnahmen aktuell nicht möglich. „Die Staatsregierung arbeitet mit einer Attitüde, die an Panik grenzt.“ Je länger die Einschränkungen andauerten, desto besser müsste man sie begründen – sonst entstünden Verschwörungstheorien.

David Lohmann

 

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