Landtag diskutiert über Immobilienprojekte und Wohnungspolitik in Bayern

Aktuelle Stunde im Plenum

26. April 2022

MÜNCHEN.   Nach Ansicht der FDP-Fraktion ist die Immobilien- und Wohnungsbaupolitik der Staatsregierung "auf der ganzen Linie gescheitert". Es fehle vor allem an bezahlbaren Mietwohnungen. In einer Aktuellen Stunde listeten auch die anderen Oppositionsparteien Versäumnisse auf. Die Regierungskoalition konterte mit Erfolgsmeldungen.

Der baupolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Sebastian Körner, hat der Staatsregierung in einer von den Liberalen beantragten Aktuellen Stunde im Bereich Wohnen und Bauen eine "Chronologie des Scheiterns in drei Kapiteln" vorgehalten. Große staatliche Bau- und Immobilienprojekte würden häufig finanziell aus dem Ruder laufen, das Management der staatlichen Liegenschaften sei "katastrophal", und bezahlbarer Wohnraum sei in Bayern mehr denn je "Mangelware". Körber verwies auf "Prestigeprojekte" wie der Errichtung der Außenstelle des Deutschen Museums in Nürnberg oder des neuen Konzerthauses in München, wo es dramatische Kostensteigerungen, aber auch weit über den Marktpreisen liegende Anmietungen gebe.

Besonders kritisch äußerte sich Körber über die Wohnungsbaupolitik der Staatsregierung. Er forderte, die 2018 gegründete staatliche Wohnungsbaugesellschaft "BayernHeim" wegen der auch vom Obersten Rechnungshof gerügten Erfolglosigkeit zu liquidieren und das dort gebundene Geld kommunalen, genossenschaftlichen und kirchlichen Projektträgern als Fördermittel zur Verfügung zu stellen. "Die können nämlich bauen, der Freistaat scheitert krachend", sagte Körber. Zudem sprach er sich für eine Digitalisierung und Entbürokratisierung in der Bauverwaltung, Hilfen zur Erhöhung der Wohneigentumsquote aus und eine Reform der staatlichen Liegenschaftsverwaltung aus. Letztere verwalte mehrere teure Leerstände, von 3500 Flurstücken im staatlichen Eigentum habe sie seit 2018 kein einziges in eine Bebauung gebracht.

Verfassungsauftrag "billige Volkswohnungen"

Für BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN erinnerte Jürgen Mistol an die Vorgabe der bayerischen Verfassung, wonach der Bau "billiger Volkswohnungen" Aufgabe des Freistaats sei und jeder Bürger Anspruch auf eine angemessene Wohnung habe. "Wir erwarten kein opulentes Fünf-Gänge-Menü oder irgendwelchen Schnickschnack, wir wären fürs Erste ganz bodenständig mit Brot und Butter zufrieden", sagte Mistol. Der soziale Wohnungsbau in Bayern sei viel zu gering, sein Bestand schrumpfe zudem kontinuierlich. Es brauche deshalb einen "echten Kurswechsel" in der Wohnungspolitik, da eine bedarfsgerechte staatliche Wohnraumförderung der "Königsweg zu langfristig bezahlbarem Wohnraum" sei. Der Freistaat kürze stattdessen seine Eigenmittel und lasse sich diese durch die Aufstockung der Bundesmittel ausgleichen, bemängelte Mistol.

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn forderte eine Baumilliarde für bezahlbares Wohnen. Die Zeit dränge, da es bereits in mehr als 200 Städten und Gemeinden Bayerns einen angespannten Wohnungsmarkt gebe. In diesem Kommunen sei die Staatsregierung "komplett gescheitert, erschwinglichen Wohnraum zu schaffen". Die Folge sei eine "Wohnungspolitik der sozialen Kälte". Brunn plädierte dafür, die drei staatlichen Wohnungsbaugesellschaften unter einem Dach zusammenzufassen und dann bedarfsgerecht finanziell auszustatten. Franz Bergmüller (AfD) kritisierte, dass für Prestigeprojekte wie den neuen Münchner Konzertsaal mit Milliardenbeträgen jongliert werde, während das Geld für die Wohnraumförderung fehle. Diese müsse Investoren zum Bauen anreizen. Dirigistische Eingriffe des Staates lehne die AfD ab.

Bernreiter: Bautätigkeit trotz Corona auf Rekordniveau

Der neue Bauminister Christian Bernreiter (CSU) wies "Vorwürfe und Unterstellungen der Opposition" zurück. Diese könne nur kritisieren, habe aber keine eigenen Konzepte. Bayern baue, "was das Zeug hält", die Bautätigkeit sei trotz Corona auf Rekordniveau. In staatlicher Verantwortung seien gegenwärtig 1748 Wohnungen im Bau, der Bestand werde damit auf mehr als 17 500 erhöht. Die neu gegründete "BayernHeim" arbeite unter großem Einsatz an der Ausweitung ihres Wohnungsbestandes. Zudem verwies Bernreiter darauf, dass die Förderkonditionen für den Wohnungsbau am 1. April deutlich verbessert worden seien.

Der CSU-Abgeordnete Thorsten Schwab (CSU) betonte, dass die Zielvorgabe von bayernweit 70 000 neuen Wohnungen pro Jahr in Bayern bald erfüllt werde. Er sprach von einer "guten Bilanz". Bundes- und Landesmittel für den Wohnungsbau in Bayern summierten sich in diesem Jahr 865 Millionen Euro. Dies seien fast 50 Prozent mehr als 2016. Schwab räumte aber ein, dass das Ausbautempo höher sein könnte. Gebremst werde es aber nicht durch Versäumnisse der Staatsregierung, sondern durch fehlende Bauflächen, lange Genehmigungsverfahren und eine überhitzte Baukonjunktur. Nach Ansicht von Hans Friedl (FREIE WÄHLER) ist Bayern baupolitisch auf einem guten Weg. Man könne aber durchaus noch besser werden. Dass Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei der Gründung der "BayernHeim" vor drei Jahren 10 000 neue Wohnungen bis 2025 angekündigt habe, sei "vielleicht zu ambitioniert" gewesen.

/ Jürgen Umlauft

 

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