Zuwanderung und Integration von Arbeitskräften - Landtag diskutiert den Stand der Einwanderungspolitik im Freistaat Bayern
Aktuelle Stunde auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
26. September 2024
MÜNCHEN. Welchen Ansatz wählt Bayern bei der Einwanderungspolitik, der Zuwanderung und Integration von Arbeitskräften? Wie ist deren Akzeptanz bei der Bevölkerung einzuschätzen? Wie können die Kommunen finanziell entlastet werden? Darüber haben die Abgeordneten im Rahmen der Aktuellen Stunde "Realismus statt Populismus: Zuwanderung steuern, Arbeitskräfte integrieren" auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diskutiert.
Der amtierende Fraktionsvorsitzende Johannes Becher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) eröffnete die Debatte. Migration beschäftige die Menschen. Es sei ein hoch emotionales Thema, sehr komplex und betreffe das unmittelbare Schicksal einzelner Menschen, „aber nicht nur jene, die zu uns kommen, sondern alle." Becher betonte die Errungenschaften der Einwanderer: "Wir haben Hunderttausende von Menschen in Bayern, die in den letzten Jahrzehnten aus dem Ausland aus den verschiedensten Gründen zu uns gekommen sind, die sich herausragend integrieren, die die Erfolgsgeschichte Bayerns mitgeschrieben haben." Dagegen gebe es keine Toleranz bei islamistischem Terror, sondern der Aufenthalt sei dann mit voller Härte und Konsequenz des Rechtsstaats zu beenden, sagte Becher.
Karl Straub (CSU) - Integrationsbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung - nahm Bezug auf "furchtbare Ereignisse" wie das Messerattentat in Solingen und den Anschlagsversuch auf das israelische Generalkonsulat in München. Diese seien absolut zu verurteilen. Auf der Basis seiner eigenen Erfahrungen bekräftigte er: "Die allermeisten Muslime bei uns im Land leben überwiegend friedlich und möchten ihren Glauben friedlich leben." Er plädierte dafür, Menschen so schnell wie möglich in sozialversicherungspflichtige, aber auch gemeinnützige Arbeit zu bringen. Dies diene dem Schutz der Betroffenen und erhöhe die Akzeptanz beim Großteil der Bevölkerung.
Richard Graupner (AfD) verneinte nennenswerte qualifizierte Einwanderung in den Arbeitsmarkt: "Wir haben eine Masseneinwanderung in die Sozialsysteme und in die Kriminalität. Drei Viertel aller hereingeströmten Syrer, Afghanen und Iraker haben keinerlei berufliche Qualifikation. Gleichzeitig wird das sogenannte Bürgergeld zu fast 50 % von Ausländern beansprucht." Er kritisierte die Ampel in Berlin für die Erleichterung der „sprunghaft ansteigenden" Einbürgerungen. "Das gilt insbesondere für die Einbürgerungen aus Syrien, aber auch aus dem Irak und Afghanistan. Das sind genau jene Länder, mit deren Staatsangehörigen wir besonders viele Probleme haben," sagte Graupner.
Alexander Hold (FREIE WÄHLER) hob dagegen Erfolgsgeschichten von Einwanderern hervor: Ein mittelständischer Familienunternehmer habe ihm zum Beispiel die Geschichte eines Polen erzählt, der vor 33 Jahren als ungelernter Arbeiter und ohne Deutschkenntnisse bei ihm angefangen habe. Heute sei er Projektleiter und verantwortlich für Millionenprojekte. Hold forderte, Arbeitsmigration, Asylbewerber und Kriegsflüchtlinge sauber voneinander zu trennen. Der demografische Wandel – insbesondere der Ruhestandseintritt der Babyboomer – zwinge uns, bei 132.000 offenen Stellen in Bayern nach Arbeitskräften außerhalb Deutschlands zu schauen. "Wir brauchen letztendlich die Zuwanderung", konstatierte Hold.
Arif Taşdelen (SPD), ein Kind von Gastarbeitern, stellte sich eingangs als „Der Migrant im Janker" vor und bezeichnete Integration als Erfolgsgeschichte. Er richtete ein herzliches Dankeschön an alle Migrantinnen und Migranten, "die sich nicht erst seit heute, sondern seit vielen Jahren und Jahrzehnten in dieser Gesellschaft einbringen." Deutschland sei auf Zuwanderung angewiesen: "Genau hier müssen wir Realismus vor Populismus setzen. Statt Ängste zu schüren, müssen wir die komplexen Zusammenhänge erklären und differenzierte Lösungen anbieten."
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) berichtete, dass die Integration von Ausländern in Arbeit nach den Daten der Bundesagentur nach wie vor nirgendwo in Deutschland so gut wie in Bayern gelinge. "Heuer sind rund 1,1 Millionen Ausländer hier in Bayern sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das entspricht einem Zuwachs in den letzten 10 Jahren von rund 600.000 Personen. Bayern hat nach Angaben der Bundesagentur auch mit 74,8 % die bundesweit höchste Erwerbstätigenquote von Menschen mit Migrationshintergrund. Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote von Ausländern aller Bundesländer," sagte Herrmann.
Die Aufnahmefähigkeit Deutschlands sei begrenzt, betonte der Innenminister: "Kitas, Schulen, das Gesundheitssystem, bezahlbarer Wohnraum, Unterkünfte – alle Ressourcen sind hoch ausgelastet. Bund, Länder und Kommunen sind durch die aktuelle unkontrollierte Zuwanderung bei der Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten an ihren Belastungsgrenzen. Deshalb brauchen wir trotz aller Erfolge in der Integration eine echte Migrationswende. Wir brauchen eine Begrenzung der Zuwanderung. Sonst wird dieses Land das auf Dauer so nicht aushalten."
/ Thomas Schaller