Debatte über Wirtschaft und Energie
Regierungserklärung des Staatsministers für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
28. November 2024
MÜNCHEN. Vor dem Hintergrund schlechter Konjunkturdaten, einer steigenden Zahl an Insolvenzen und immer neuen Meldungen über einen Stellenabbau in den Unternehmen hat Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) vor dem Landtag eine Regierungserklärung abgegeben. Er setzte dabei auf staatliche Hilfen und den weiteren Bürokratieabbau. Der Opposition reichten seine Pläne nicht.
In einer Regierungserklärung unter dem Motto "Für einen starken Wirtschaftsstandort" hat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) angekündigt, Unternehmen weiter von überflüssiger Bürokratie zu entlasten, junge Unternehmensgründer stärker zu unterstützen und vor allem der Automobilindustrie mit einem Transformationsfonds bei der Bewältigung aktueller technologischer Herausforderungen zu helfen. Trotz der aktuellen Wirtschaftsflaute gebe es keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. "Bayern ist wirtschaftlich viel zu gut, um sich vom negativen Bundestrend runterziehen zu lassen", sagte Aiwanger.
Aiwanger: "Großwetterlage nicht rosig"
In seiner Analyse schob er die Hauptverantwortung für den Abschwung in Deutschland der inzwischen zerbrochenen Bundesregierung zu. Diese habe mit ideologiegetriebener Politik und kurzfristigen Kurswechseln für Verunsicherung und Investitionszurückhaltung in Bevölkerung und Wirtschaft gesorgt. Zudem sei der Standort Deutschland im internationalen Vergleich zu teuer geworden. Erschwerend kämen das Erstarken eines zunehmenden selbstbewusst in der Welt agierenden China und protektionistische Tendenzen in den USA dazu. "Die Großwetterlage ist alles andere als rosig, gleichzeitig erlaubt sich Deutschland, keine Lösungen für die Herausforderungen anzubieten", fasste Aiwanger die Problemlage aus seiner Sicht zusammen.
Der Minister verwies darauf, dass der Freistaat mit Hilfe seiner aufgestockten Forschungs- und Investitionsförderung vor allem die Schlüsselindustrien Automobilbau, Luft- und Raumfahrt sowie Wehrtechnik unterstütze. Im Handwerk setze man auf Technologie- und Ausbildungsförderung. Insgesamt müssten aber die Rahmenbedingungen durch den Bund verbessert werden. Aiwanger nannte die Beseitigung von Fehlanreizen beim Bürgergeld, das Beharren auf einem Verbot für neue Verbrennermotoren ab 2025, die Energiepreise und nicht zuletzt die Bürokratielasten. "Bis bei uns ein Unternehmer das Haselmausgutachten für seinen Erweiterungsbau vorliegen hat, ist in China die Fabrik längst gebaut", führte er aus.
Mit großen Schritten Richtung Klimaneutralität
Auch in der Energiepolitik des Bundes brauche es ein Umdenken. Bayern baue seine Energielandschaft mit großen Schritten in Richtung Klimaneutralität um und sei bei Photovoltaik, Wasserkraft, Biomasse bundesweit führend, betonte Aiwanger. Allerdings fehle es an einer möglichst emissionsarmen Grundlastversorgung beim Strom. Für deren Aufbau sei der Bund zuständig. Es sei ein Fehler gewesen, dass die Ampel auf dem Höhepunkt der Energiekrise die verbliebenen deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet habe, urteilte Aiwanger. Zudem komme die Planung für den Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke zu langsam voran.
Als erster Redner der Opposition ging Ingo Hahn (AfD) nur kurz auf Aiwangers Regierungserklärung ein. Er kritisierte stattdessen die geplante Einführung eines Wassercent in Bayern als zusätzliche Belastung für die Bürger und die Einschränkungen für Bürgerbegehren gegen Windräder im Staatsforst. Hahns Fraktionskollege Johannes Meier teilte Aiwangers Kritik an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, warf CSU und FREIEN WÄHLERN aber vor, "Steigbügelhalter" für die Deindustrialisierung Deutschlands zu sein. So unterstützten die bayerischen Regierungsparteien die Energiewende. Außerdem überstiegen die bayerischen Klimaschutzziele die Vorgaben des Bundes sogar noch. In Sachen Verbrennerverbot oder Atomausstieg habe die Staatsregierung nur lautstark kritisiert, aber keine rechtlichen oder politischen Schritte dagegen eingeleitet, sagte Meier.
Grüne: Ampel ist nicht an allem schuld
Die Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, Katharina Schulze, wertete Aiwangers Auftritt als "Wahlkampfrede". "Populismus und Schimpfen auf die Ampel ist noch keine Wirtschaftspolitik", erklärte sie. Sicher habe die Bundesregierung "nicht alles richtig gemacht", aber alles auf diese abzuwälzen, sei eine "zu einfache Weltsicht". Schulze erinnerte daran, dass die bis zum Ukraine-Krieg vorwiegend gasbasierte Energieversorgung in Deutschland auf Entscheidungen der Vorgängerregierungen zurückgehe. Und dass in Bayern nicht schon früher entbürokratisiert und der Stromnetzausbau vorangetrieben worden sei, liege in der Verantwortung der Staatsregierung. Schulze forderte eine Reform der Schuldenbremse, um verstärkte Investitionen in die öffentliche Infrastruktur Bayerns zu ermöglichen, höhere Investitionen in Bildungssystem und eine Beschleunigung der Energiewende.
Eine "klare Wirtschaftsstrategie für Bayern" vermisste SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer in den Ausführungen Aiwangers. Der Freistaat brauche einen Wirtschaftsminister, der nicht nur auf Berlin schimpfe, sondern sich aktiv um die bayerische Wirtschaft und ihre Unternehmen kümmere. Nötig seien unter anderem deutlich höhere Transformationshilfen für die Unternehmen, ein klarer Fokus auf den Ausbau der E-Mobilität, eine Stärkung der Aus- und Weiterbildung und der "Mut, die Schuldenbremse für Zukunftsinvestitionen zu reformieren", zählte Grießhammer auf.
"Pilotregionen" für den Bürokratieabbau
Für die CSU lobte Fraktionschef Klaus Holetschek die Staatsregierung für ihre "vorausschauende Wirtschaftspolitik". Die High-Tech-Agenda, die Förderung von Innovationen und Startups sowie die Unterstützung von Handwerk und Mittelstand sorgten dafür, dass sich der Freistaat gegen den allgemeinen Abwärtstrend stemmen könne. Zudem werde die Leistungsbereitschaft gefördert und das Land "von den Ketten der Bürokratie befreit". In diesem Zusammenhang schlug Holetschek die Einrichtung von Pilotregionen vor, in denen der weitreichende Abbau von Vorschriften in einer Art Feldversuch auf Praxistauglichkeit getestet werden könnte. Der Fraktionsvorsitzende der FREIEN WÄHLER, Florian Streibl, bezeichnete Aiwangers Rede als "historischen Meilenstein".
/ Jürgen Umlauft