„Aktuelle Stunde“ zur Personalsituation im Öffentlichen Dienst

Donnerstag, 8. Juli 2016

Die SPD-Landtagsfraktion fordert mehr Personal im Öffentlichen Dienst. In einer von ihr anberaumten „Aktuellen Stunde“ kritisierte sie die im Artikel 6b des Haushaltsgesetzes vorgesehene Streichung von 9000 Stellen im Zeitraum von 2005 bis 2019. Demgegenüber zeigte die CSU-Regierungsfraktion auf, dass allein seit 2013 insgesamt 8865 Stellen in den Bereichen Bildung, Polizei und Justiz neu geschaffen worden seien.

Unter der Überschrift „Leitbild Handlungsfähiger Staat: Personalabbau stoppen, neue Stellen schaffen, Bayern zukunftsfähig machen!“ betonte Stefan Schuster: „Bei der SPD rangiert ein starker Staat vor einem schlanken Staat.“ Mit Blick auf die Personalsituation bei der bayerischen Polizei berichtete er, dass Polizistinnen und Polizisten aktuell insgesamt zwei Millionen Überstunden vor sich herschieben würden. Im Durchschnitt kämen 62 Überstunden auf einen Beamten; In den Grenzstädten Passau und Freilassung seien sogar 200 Überstunden pro Polizist keine Seltenheit. Eine schwierige personelle Situation sah Schuster zudem in der Steuerverwaltung. Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) habe hier bereits zum 19. Mal in Folge Steuerverluste durch fehlende Sachbearbeiter angemahnt.

Fraktionskollege Martin Güll wies auf die prekäre personelle Situation in den Kitas, den Schulen und den Universitäten hin: „Die Personalausstattung im Bildungsbereich ist auf Kante genäht“, stellte der bildungspolitische Sprecher der SPD fest. Seiner Ansicht nach müßten an den Schulen 6000 zusätzliche Stellen geschaffen werden, um den erheblichen Unterrichtsausfall kompensieren zu können. Florian von Brunn (SPD) sah durch „Sparwahn“ bzw. „fehlgeleitete Reformwut“ eine spürbare Schwächung der Verwaltung auch in den Bereichen der Wasserwirtschaft und der Lebensmittelkontrollen. So hätten die jüngsten Lebensmittelskandale gravierende Mängel im Verbraucherschutz offengelegt. „Wir brauchen eine Verstärkung der Lebensmittelüberwachung, keinen Abbau und keinen Verschiebebahnhof“, appellierte er an die Staatsregierung.

„Während der Finanzminister Stellen streicht, wird die Arbeit draußen ja nicht weniger“, stellte Markus Ganserer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) fest. Peter Meyer, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes, sah ebenfalls ein „Loch“, das durch den in der Regierungszeit von Ministerpräsident Edmund Stoiber verordneten Sparzwang entstanden sei. Zwar sei durch den Nachtragshaushalt 2016 viel geschehen, allerdings, so Meyer, habe es auch „lichterloh gebrannt“ und die beschlossenen, personellen Aufstockungen reichten noch immer nicht aus.

„Wir setzen nicht auf einen omnipotenten Umverteilungsstaat wie Sie“ mit „noch mehr Aufgaben und Ausgaben und noch mehr Personal“, begegnete Wolfgang Fackler (CSU) den Forderungen seitens der Opposition. Fackler plädierte dafür, bei den Personalausgaben Kosten und Nutzen jeweils vernünftig abzuwägen, damit hier keine Schieflage bzw. ein sinkender Spielraum bei den Investitionen entsteht.

Ingrid Heckner (CSU), Vorsitzende des Ausschusses für Fragen des Öffentlichen Dienstes, betonte, dass aufgrund einer verantwortungsvollen Personalpolitik die notwendigen finanziellen Spielräume im Freistaat vorhanden seien, um auf Herausforderungen, die durch Sondersituationen wie die Flüchtlingskrise oder das Jahrhunderthochwasser entstanden seien, adäquat und schnell reagieren zu können. Tobias Reiß (CSU) führte aus, dass in Bayern vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise ein europaweit einmaliges Programm für mehr Sicherheit und die Integration von Flüchtlingen in Höhe von 3,31 Milliarden Euro auf den Weg gebracht worden sei. 1700 neue Lehrerinnen und Lehrer stünden dafür zur Verfügung; außerdem sei ein im bundesweiten Vergleich beachtliches Berufsintegrationsprogramm an den Schulen gestartet worden.

„Wir wollen einen starken, aber auch einen schlanken Staat“

„Wir wollen einen starken, aber auch einen schlanken Staat. Das ist kein Widerspruch“, erklärte Finanzminister Dr. Markus Söder. Er räumte ein, dass bei Aufgabenreduktionen Personal abgebaut worden sei. An anderen Stellen habe es allerdings einen Personalzuwachs gegeben: „Wir hatten in den letzten fünf Jahren im gesamten Personalbestand in Bayern 11.000 Mitarbeiter mehr.“ Von einem personellen „Kahlschlag“ könne demnach keine Rede sein, sagte Söder und betonte auch, dass Bayerns Beamte im Bundesvergleich am besten bezahlt werden. Erforderlich sei es aber, die Ausgaben für Personal in Relation zum gesamten Staatshaushalt zu sehen und hier eine insgesamt nachhaltige Entwicklung nicht aus den Augen zu verlieren. / kh

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